Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Fan-Rückkehr bleibt ein Streitpunkt
Nicht alle Vereine sind mit dem neuen Konzept zufrieden. Die Politik stimmt vorsichtig zu. Am Montag beraten die Gesundheitsminister
Frankfurt am Main Die Deutsche Fußball Liga hat ihre Hausaufgaben gemacht, auch die Bundesregierung verteilte am Mittwoch ein vorsichtiges Lob. Doch die Rückkehr der Fans in die Stadien bleibt ein Streitthema mit vielen Beteiligten und ungewissem Ausgang. Es komme „entscheidend darauf an“, wie die am Dienstag von den 36 Klubs mehr vereinheitlichten Regelungen gemeinsam mit den Behörden vor Ort umgesetzt werden, sagte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums.
Die Signale aus den Ländern sind angesichts der steigenden CoronaFallzahlen aber alles andere als eindeutig. „Auf dem Papier lässt sich vieles darstellen“, sagte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). „Ob das dann auch in der Praxis so durchzuhalten ist, das wird erst noch sehr genau zu prüfen sein, auch wenn ich mir es als Fußballfan wünschen würde.“
Die Gesundheitsminister der Länder wollen am kommenden Montag (10. August) weiter über das DFL-Konzept beraten, Entscheidungen sind eher nicht zu erwarten. Die DFL-Mitgliederversammlung hatte am Dienstag mehrheitlich, aber nicht einstimmig für den Fall der Fan-Rückkehr ein Alkoholverbot sowie die Streichung der Stehplätze bis zum 31. Oktober beschlossen. Bis zum Jahresende sollen zudem keine Gästetickets verteilt und Maßnahmen getroffen werden, die eine Nachverfolgung von Infektionsketten möglich macht. Am ehesten scheint das über personalisierte Tickets zu realisieren sein. In der Bundesliga und zweiten Liga soll am dritten Septemberwochenende wieder gespielt werden, im DFB-Pokal bereits vom 11. bis zum 13. September. Dass schon dann wieder Zuschauer zugelassen sind, scheint sehr fraglich. „Ich stehe dem Vorschlag der DFL, Bundesliga-Begegnungen wieder vor Zuschauern zu veranstalten, sehr skeptisch gegenüber“, sagte Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) dem Weser-Kurier.
DFL-Geschäftsführer Seifert hatte am Dienstag betont, dass der Fußball keinesfalls Forderungen stellen, sondern nur für den Fall der
Fälle bestens vorbereitet sein will. Aus den eigenen Reihen meldeten sich nach der Versammlung allerdings unter anderem Eintracht Frankfurt und vor allem der 1. FC Union Berlin mit Kritik. „Da wir mit dem Vorgehen grundsätzlich nicht einverstanden sind und zudem die Anträge zu Gästefans, Stehplätzen und Alkoholausschank für unausgewogen im Hinblick auf unsere allgemeine gesellschaftliche Verantwortung, aber auch auf unsere spezielle Verantwortung für Fußballanhänger halten, haben wir bei diesen drei Anträgen mit Nein gestimmt“, erklärte Berlins Klub-Präsident Dirk Zingler.
Die Eintracht stimmte gegen das Alkoholverbot. Den Fan-Vereinigungen fehlen hingegen in der Rückkehr-Debatte grundlegendere Entscheidungen zur Zukunft des Fußballs. „Aus unserer Sicht fehlt ein glaubhafter Grundsatzbeschluss, mit dem die Richtung vorgegeben wird“, kritisierte „Unser Fußball“-Sprecher Manuel Gaber. „Uns ist wichtig, dass der Reformprozess von jenen gestaltet wird, die auch
Interesse haben, im Fußball etwas zu verändern.“Seifert hatte nach der Mitgliederversammlung angekündigt, dass die Taskforce „Zukunft Profifußball“im September ihre Arbeit aufnehmen werde. Sie soll „Entwicklungen zur Vergangenheit reflektieren, interdisziplinär diskutieren und gangbare Wege für die Zukunft entwerfen“. Von FanOrganisationen ist dabei nicht direkt die Rede, aber „Unser Fußball“geht nach Gesprächen der AG Fankulturen mit DFL und DFB davon aus, dass diese eingebunden werden.
Aus Sicht des Mediziners Michael Geißler ist eine größere Zahl von Zuschauern in den Fußballstadien vorerst nicht realistisch. „Wenn man sich die aktuelle Entwicklung der Fallzahlen ansieht, ist ein mit 15 000 bis 20 000 Zuschauern gefülltes Stadion völlig illusorisch“, sagte der Ärztliche Direktor des Klinikums Esslingen, Sohn des früheren CDU-Politikers Heiner Geißler, der Stuttgarter Zeitung und den Stuttgarter Nachrichten. Als sinnvoll betrachte er Pilotprojekte mit 1000 bis 5000 Zuschauern.