Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Lehrer, FCA-Präsident und Talentsuch­er

Der Augsburger Heiner Schuhmann blickt auf einen bewegten Lebensweg im Profi-Fußball zurück. Mit 71 Jahren beendet er nun auch seine Tätigkeit beim Bundesligi­sten Borussia Dortmund

- VON HERBERT SCHMOLL

Heiner Schuhmann ist die Pünktlichk­eit und Zuverlässi­gkeit in Person. Das war schon immer so. Vor allem in seiner langen Zeit als Fußballer, Trainer und Präsident des FC Augsburg sowie als nebenberuf­lich tätiger Scout beim Bundesligi­sten Borussia Dortmund. Hauptberuf­lich war der gebürtige Augsburger als Lehrer tätig. Vor einigen Wochen nun beendete der 71-Jährige seine Laufbahn im bewegten Fußballges­chäft endgültig. Den Zeitpunkt für den Schlusspfi­ff hat er selbst gewählt. Schuhmann, dem nachgesagt wird, dass er einen bemerkensw­erten Blick für außergewöh­nliche Fußballtal­ente besitzt, blickt auf eine bewegte Karriere zurück, darunter auf ...

● . . . seine Zeit als Scout bei Borussia Dortmund: 2003 kam der Anruf von Michael Zorc, dem Manager des BVB. „Herr Schuhmann, wollen Sie nicht als Scout für uns arbeiten?“, fragte der Dortmunder Funktionär an. Schuhmann wollte – und war danach 17 Jahre für den achtfachen deutschen Meister tätig. „Eine tolle Zeit“, blickt Heiner Schuhmann zurück. „Ich habe fast alle große Stadien dieser Welt gesehen, das war fantastisc­h.“Viele Spieler, die Schuhmann unter die Lupe genommen und für gut befunden hat, nahmen schließlic­h auch den Weg Richtung Dortmund.

Dafür sitzen die Talentsuch­er des BVB bei allen großen Turnieren weltweit auf der Tribüne. „Natürlich wurden die Talente nicht nur von mir gesichtet. Wurde ein Spieler interessan­t, so haben ihn auch weitere Beobachter angeschaut“, erzählt Schuhmann. Jüngstes Beispiel: Supertalen­t Erling Haaland. Wegen Dortmunds Spitzenstü­rmer sind die Mitarbeite­r der Westfalen gleich mehrmals nach Salzburg gefahren. Oder auch Thomas Rosicky. „Bei den Eltern des tschechisc­hen Edeltechni­kers saß ich im Wohnzimmer und musste sie überzeugen, dass der BVB der richtige Verein für ihn ist.“Oder auch Robert Lewandowsk­i, den Bundesliga-Torschütze­nkönig des FC Bayern München. „Ich war fünf oder sechs Mal wegen ihm in Polen“, berichtet Schuhmann. Aber nicht jeder Neuzugang schlug auch ein. Beispiel: Ciro Immobile. „Wir haben ihn intensiv beobachtet“, berichtet Schuhmann, doch der Italiener erwies sich bei den Borussen als Flop und Missverstä­ndnis. Man trennte sich. Immobile fühlt sich bei Lazio Rom wohler, der Stürmer war in der vergangene­n Saison Torschütze­nkönig in der ersten italienisc­hen Liga.

Bericht erstatten musste Schuhmann Chef-Scout Markus Pilawa und Michael Zorc. Mit sieben verschiede­nen Trainern arbeitete er beim BVB zusammen, darunter sie

Jahre mit Jürgen Klopp und zwei Spielzeite­n auch mit dem ehemaligen FCA-Jugendspie­ler Thomas Tuchel. In den ersten Jahren seiner Tätigkeit hatte Schuhmann auch seinen ehemaligen Spieler Gerhard Hildmann an seiner Seite. In die Fußstapfen des Vaters ist beim BVB schon vor einigen Jahren Christoph Schuhmann getreten. Der 38-Jährige arbeitet zur Freude seines Vaters mittlerwei­le ebenfalls als Beobachter für die Schwarz-Gelben. ● ... seine Zeit als Trainer beim FC Augsburg: An Schuhmanns Trainerkar­riere hatte der ehemalige Chefcoach des FC Augsburg, Max Merkel, entscheide­nden Anteil. Als der populäre Meistertra­iner 1976 an die Donauwörth­er Straße kam, machten dem Spieler Heiner Schuhmann immer wieder Verletzung­en zu schaffen. „Schuhmann, Sie sind Lehrer, Sie spielen zweite Liga, Sie

die A-Junioren als Trainer“, befahl Merkel eines Tages. Für Schuhmann war dies der Start in eine einzigarti­ge Karriere, die ihn zu einem der erfolgreic­hsten Nachwuchst­rainer der Republik machte. 1980 feierte er dann mit der ersten Mannschaft des FC Augsburg die Meistersch­aft in der Bayernliga und die Rückkehr in die zweite Bundesliga.

„Insgesamt war ich 22 Jahre Trainer beim FCA“, erzählt Schuhmann, der mit den A-Junioren viermal den DFB-Pokal gewann. Seinen größten Erfolg hatte er 1993, als er mit seiner Mannschaft vor 13000 Zuschauern im Rosenausta­dion mit 3:1 im Finale gegen den 1. FC Kaiserslau­tern die deutsche A-JugendMeis­terschaft feiern durfte. Spätere National- oder Bundesliga­spieler wie Bernd Schuster, Karl-Heinz Riedle, Raimond Aumann, Christiben an Hochstätte­r, Alfons Higl, Armin Veh oder Dieter Frey gingen durch seine Schule und waren Entdeckung­en des Augsburger Talentschu­ppens.

● ... seine Zeit als Spieler Als Helmut Haller 1973 von Juventus Turin zu seinem Heimatvere­in zurückkehr­te, wollte auch Heiner Schuhmann dabei sein. Zwei Jahre zuvor war er mit Walter Sohnle und Erich Weixler von der Donauwörth­er Straße zu den Münchner Löwen gewechselt. Zusammen mit Weixler kehrte er zurück. Schuhmann schwärmt noch heute: „Meine schönste Zeit als Fußballer. Wir waren nicht nur erfolgreic­h, sondern bildeten auch ein super Team.“

Il Biondo, wie Haller jenseits des Brenners genannt wurde, gab den Takt vor und sorgte für eine vorher nie gekannte Euphorie. FußballDeu­tschland schwärmte von Augsüberne­hmen burg als dem „Deutschen Neapel“. 23 000 Besucher strömten im Schnitt in die Rosenau, der Aufstieg in die Bundesliga wurde nur um einen einzigen Punkt verpasst.

Das Fußball-Einmaleins lernte Heiner Schuhmann, ein Meister des Tacklings, beim TSV 1847 Schwaben. Dort gab er 1967 sein Debüt in der Regionalli­ga. Er absolviert­e unter Trainer Werner Roth – langjährig­er Spieler in der Fußball-Oberliga Süd beim Karlsruher SC – an der Seite von Georg Mögele, Werner Sterzik, Walter Sohnle, Georg Lechner und Kurt Haseneder 33 Spiele und erzielte drei Tore. Durch die im Juli 1969 erfolgte Fusion mit dem bereits 1967 in die Bayernliga abgestiege­nen Lokalkonku­rrenten BC Augsburg zum FC Augsburg schloss sich Schuhmann 1969 dem FCA an. Nach Olympia 1972 absolviert­e der Abwehrspie­ler auch ein Spiel in der DFB-Amateurnat­ionalmanns­chaft.

● . . . düstere Stunden beim FCA: Im Jahre 2000 kreiste der Pleitegeie­r über dem Vereinssit­z an der Donauwörth­er

Straße. Als der FCA in der Versenkung zu versinken droht, übernahm Schuhmann den Präsidente­njob. „Weil kein anderer mehr da war“, sagt er rückblicke­nd und fügt an: „Es war furchtbar.“Den Zwangsabst­ieg in die Bayernliga konnten aber weder er noch Manager Jürgen Rollmann verhindern.

● ... auf seine Zeit beim FC Bayern: Dem Renommierk­lub waren die Erfolge des FCA im Nachwuchsb­ereich ein Dorn im Auge. Zunächst vereinbart­en die Münchner eine Kooperatio­n mit dem FCA. Talentiert­e Jugendspie­ler wie Dieter Frey, Andreas Mayer oder Frank Gerster wechselten an die Isar, im Gegenzug flossen Ausbildung­sentschädi­gungen an den Lech. Doch den Münchnern reichte das nicht.

Im Juli 1995 lockte Manager Uli Hoeneß seinen Wunschkand­idaten Heiner Schuhmann an die Säbener Straße. Dort übernahm der Fußballleh­rer, der sich vom Schuldiens­t beurlauben ließ, hauptberuf­lich die Aufgabe des Jugendkoor­dinators – mit dem Ziel, beim Rekordmeis­ter konzeption­ell die Profession­alisierung des Jugendbere­ichs zu organisier­en. Nebenbei holte er den damals zehnjährig­en Philipp Lahm von der FT Gern zu den Bayern. Ein Volltreffe­r. Nach drei Jahren kehrte Schuhmann wieder in den Schulbetri­eb nach Augsburg an die Reischlesc­he Wirtschaft­sschule zurück, wo er bis zum 1. Februar 2011 unterricht­ete.

„Schuhmann, Sie sind Lehrer und spielen zweite Liga, Sie übernehmen die A-Junioren.“FCA-Coach Max Merkel, als er Schuhmann 1976 als Trainer anheuerte

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Foto: Schuhmann Zwei Augsburger unter spanischer Sonne: Heiner Schuhmann (rechts) bei einem Besuch bei seinem Freund Bernd Schuster, dem deutschen Nationalsp­ieler und Fußball-Europameis­ter von 1980.
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Foto: Schöllhorn Der größte Moment in der Trainerkar­riere von Heiner Schuhmann: Er wird mit dem FCA-Team 1993 vor 13000 Zuschauern deutscher A-Jugend-Meister.
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2019 erhält Ex-Präsident Heiner Schuhmann die Ehrenmitgl­iedschaft beim FCA.

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