Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Am Kuhsee gibt es eine besondere Gemeinschaft
Die Tischtennisplatten in dem Naherholungsgebiet sind ein Treffpunkt für viele, die sich für den Sport begeistern. Doch es geht um mehr als nur Sport, manche kommen seit Jahrzehnten. Wird das bei der Stadt zu wenig beachtet?
Es ist ein Ort, an dem sich viele Nationalitäten treffen. Ein Ort, an dem Sport betrieben wird, an dem über die Jahre aber auch eine besondere Gemeinschaft entstanden ist. Profis treffen hier auf Hobbyspieler, junge auf ältere Menschen. Es geht um fünf Tischtennisplatten am Augsburger Kuhsee – aber auch um viel mehr. Janosz Dempniak und seine Frau Roswitha haben das Spielen am See vor 30 Jahren für sich entdeckt und schwärmen: „Wir sind eine große Freiluftclique, die es so nur hier am Kuhsee gibt. Wenn es einem langweilig ist, kommt man hierher und es ist immer jemand da.“Auch wenn man mal ein halbes Jahr nicht spiele, finde man sofort wieder den Anschluss.
Obgleich dort fünf Platten stehen, reichen diese nach Meinung der dortigen Hobbyspieler nicht aus, die sich zum Teil seit Jahrzehnten dort treffen. So wie Erich Harfold aus Lechhausen, der dreifache schwäbische Meister im Tischtennis bei der TSG 1885: „Ich komme seit 45 Jahren hierher und erinnere mich noch, als wir mit nur einer Platte tief im Dreck spielten.“Hans Schneider ist, seit er denken kann, mit von der Partie. Er wohnt ganz in der Nähe in der Oberländer Straße. „Mit OB Paul Wengert stand ich damals in gutem Kontakt und er sorgte dafür, dass die damals einbetonierten Platten durch neue ersetzt wurden.“Schneider ist es auch, der immer wieder den Kontakt zur Stadt sucht. Im Moment kann er selbst aus gesundheitlichen Gründen nicht spielen. Aber er schaut dennoch gerne vorbei bei seinen Freunden.
Franz Mayr ist aktiv bei der SSG Augsburg und schätzt seit neun Jahren die Möglichkeit, im Naherholungsgebiet zu spielen. Er regte an, dass die Stadt Netze als Windschutz zur Verfügung stellt. „Wir haben Jahre um diese Netze gekämpft“, so Mayr und Schneider. Eine absperrbare Kiste haben sie auch dazubekommen, um die Netze aufräumen zu können. Die Stadt komme zwei Mal die Woche, um den Platz zu säubern. Doch die Spieler haben selbst auch Besen und Eimer parat. Sie haben sich organisiert, wer wann aufräumt und Schnee schippt.
Denn es wird bei Wind und Wetter, Sommer wie Winter gespielt. Jürgen Fünfstück aus Haunstetten nennen sie „ihren Platzwart“und Valerie Bespalow „unseren Hausmeister“. Denn es gibt immer was zu tun. Bespalow zeigt auf eine beschädigte Platte: „Hier haben Leute auf der Platte gegrillt und nun hat sie einen Riss.“Sie hätten versucht, dies eigenständig zu reparieren, finden es jedoch nicht zufriedenstellend. Es lägen auch viele Scherben herum und das sei gefährlich.
Kaum davon gesprochen, geht eine Gruppe junger Menschen zu einer gerade frei gewordenen Platte. Sie stellen ihre Getränke drauf und beginnen zu spielen. Schneider geht hin und bittet freundlich darum, die
Glasflaschen auf den Boden zu stellen. Dies sei kein Einzelfall, sagt er, und komme oft vor. Die Platten seien zudem sehr beliebt und an schönen Tagen ständig belegt. „Da kommen große Familien und Gruppen und von uns kommt kaum mehr einer zum Zug. Wir brauchen unbedingt mehr Platten“, fordert Schneider, während die anderen kopfnickend zustimmen.
Die Stadt Augsburg sieht das anders. Auf Nachfrage heißt es vom Amt für Grünordnung und Naturschutz: „Im Lauf der Jahre wurden aufgrund von Wünschen aus der Bevölkerung weitere Tischtennisplatten und Freizeitgeräte installiert, welche auch sehr gut angenommen werden. Am Kuhsee stehen derzeit fünf übliche Tischtennisplatten und eine Kindertischtennisplatte, so viele wie an keinem weiteren öffentlichen Spielplatz in Augsburg.“Dieses Argument lassen die Spieler nicht gelten. „Mag schon sein, dass hier mehr Platten stehen. Doch woanders stehen die Platten herum und keiner spielt. Aber hier ist der Treff. Nirgendwo sonst spielen so viele auch unter der Woche“, sagt Hans Schneider. Dabei sei hier so viel freie Fläche, die niemand nutze. Man könne hier noch gut drei Platten und Bänke hinstellen.
Waldtraut Prescher und ihre Tochter Sybille sehen das genauso. Sie gehören zu den wenigen Frauen dort, fühlen sich jedoch wohl in der Gemeinschaft. “An den Wochenenden würden sie aus Rücksicht auf die Naherholungsgäste und den Andrang erst ab 18 oder 19 Uhr spielen. Doch wenn es beginnt, früher dunkel zu werden, hätten sie im
Winter bereits ab 16.30 Uhr kein Licht mehr. Bespalow erzählt: „Wir haben schon ein Seil und Lampen zum Dranhängen gekauft, doch es wurde uns verboten, das aufzuhängen.“Straßenlaternen wären ein großer Wunsch. Kein Flutlicht. Wäre der Platz beleuchtet, könne die Polizei auch besser kontrollieren, dass nachts nichts beschädigt werde. Parkplatz und Restaurant hätten ja auch nachts Beleuchtung, argumentieren sie. Selbst über Beleuchtungsmöglichkeiten, die sich per Smartphone steuern lassen sowie über Lichtautomaten hätten sie sich informiert. Die Kosten würden sie sich sogar teilen. Das nächste Problem seien die Toiletten. Im Winter sind sie geschlossen und im Sommer ab 19 oder 20 Uhr zu, wenn sie gerade erst zu spielen beginnen. Auch habe der nahe gelegene Kiosk kein WC. Luxuswünsche, wie etwa eine Dusche oder Fahrradständer, wagen sie kaum zu äußern.
Die Spieler lieben ihren Treff. Bezeichnen sich als kleine soziale Gemeinschaft von rund 100 Personen jeden Alters, die regelmäßig zusammenkommt. Sie sehen es als eine Art Integrationsprojekt, da viele Nationalitäten vertreten seien. Anfänger träfen auf Profis. Auch aus dem Umland kommen einige, wie etwa Reinhold Schmidt, der aus Gersthofen den Lech entlang radelt und seit zehn Jahren aktiv dabei ist oder Aydogan Bektas aus Aichach, der seit vierzig Jahren dazugehört.