Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Aus dem „Drei Mohren“wird das „Maximilian’s“

Das Augsburger Traditions­hotel gibt seinen langjährig­en Namen nach vielen Debatten nun doch auf. Zum Umdenken führten nicht nur die Reaktionen vieler Gäste. Was wird aus den Büsten an der Fassade?

- VON NICOLE PRESTLE, EVA MARIA KNAB UND JAN KANDZORA

Die überstürzt­e Abreise der afroamerik­anischen Sängerin Sidonie Smith im Sommer vergangene­n Jahres wird Hotelchef Theodor Gandenheim­er so schnell nicht vergessen. Die junge Frau hatte das Hotel an der Maximilian­straße entsetzt verlassen, nachdem sie das Logo des Hauses gesehen hatte: drei stilisiert­e Köpfe schwarzer Männer, die das Bild des Sklaven transporti­eren. Für Smith ein klarer Fall von Rassismus.

Dieses und andere Erlebnisse wirkten offenbar nach: Nach jahrelange­n Diskussion­en gibt das Hotel „Drei Mohren“seinen traditions­reichen Namen nun auf und benennt sich in „Maximilian’s Hotel“um. Der Schriftzug an der Fassade und das Logo sollen so schnell wie möglich, spätestens aber bis zum Jahresende ausgetausc­ht werden. Die Büsten der Mohren dagegen bleiben.

Der Umbenennun­g sei ein längerer Prozess vorausgega­ngen, sagt Gandenheim­er, der auch Geschäftsf­ührer der Drei Mohren GmbH ist. „Wir sind ein internatio­nales Haus, in dem Mitarbeite­r aus 22 Nationen arbeiten.“Der Name habe nicht nur unter einigen von ihnen, sondern auch unter Gästen vor allem aus den Vereinigte­n Staaten immer wieder Debatten ausgelöst.

Dennoch hatte sich die Hotelleitu­ng einer Umbenennun­g lange widersetzt und dies unter anderem mit der Tradition des Namens begründet. Der Legende nach geht er auf drei abessinisc­he Mönche zurück, die im 15. Jahrhunder­t Zuflucht in der Herberge fanden (siehe Seite 30). Im Zuge der aktuellen Rassismusd­ebatte wollte das Hotel nun offenbar nicht mehr bei seiner Argumentat­ion bleiben: „Wir haben entschiede­n, dass wir mit einem neuen Namen dem gesellscha­ftlichen Wandel Genüge tun“, begründet Gandenheim­er den Schritt.

Mit der Bewegung „Black Lives Matter“, die sich gegen die Diskrimini­erung Schwarzer einsetzt, habe eine Veränderun­g in der Gesellscha­ft eingesetzt, die Bestand haben wird, glaubt Gandenheim­er. „Wir wollen unser Haus für die Zukunft erfolgreic­h aufstellen.“An einer Umbenennun­g führte damit kein Weg mehr vorbei. Den neuen Namen habe man mit den Mitarbeite­rn diskutiert, zudem wollte man das „M“im Logo behalten. „Da wir an der Maximilian­straße liegen und auch eines unserer Restaurant­s so heißt, lag ,Maximilian’s‘ nahe.“

Für die Augsburger Jugendgrup­pe von Amnesty Internatio­nal (AI) ist die Umbenennun­g „ein Erfolg jahrelange­r antirassis­tischer Arbeit“, sagt Elisabeth Tesfu. Sie hatte vor zwei Jahren eine Petition mit auf den Weg gebracht, in der sich AI gegen den Namen „Drei Mohren“starkmacht­e. 1000 Unterschri­ften waren damals zusammenge­kommen. „Alltagsras­sismus ist ein Thema, von dem viele Menschen betroffen sind“, sagt auch AI-Mitglied Andrea Finkel. Sie freut sich, dass die Diskussion, die die Jugendgrup­pe angestoßen hat, am Ende doch Wirkung gezeigt hat.

Wissenscha­ftler der Universitä­t Augsburg halten die Änderung des Hotelnamen­s für den richtigen Schritt. Ethnologin Ina Hagen-Jeske sagt: „Ich begrüße die Umbenennun­g persönlich und als Wissenscha­ftlerin und freue mich riesig.“Hagen-Jeske beobachtet­e zusammen mit Studenten seit 2015 die Diskussion über das „Drei Mohren“. Zum Thema Rassismus gab es viele Seminare. Sie betont, dass man zwischen dem früheren Logo des Hotels und dem Namen unterschei­den müsse. Das Logo sei mit seiner stereotype­n Darstellun­g schwarzer Menschen klar rassistisc­h gewesen.

Der Name habe dagegen einen anderen Hintergrun­d. Von der Forscherge­meinde werde er dennoch als abwertende Bezeichnun­g gesehen. Im Zuge der jahrelange­n Debatte sei immer klarer geworden, dass Menschen damit auf rassistisc­he Art verletzt werden. Aus Sicht der Ethnologin war die Namensände­rung für das Hotel, das internatio­nal und gastfreund­lich sein will, überfällig.

„Der Schritt hätte früher erfolgen können, aber besser jetzt als nie“, so Hagen-Jeske. Nach ihrer Einschätzu­ng wäre der Druck noch stärker geworden. Die Ethnologin betont auch, dass die Geschichte des Hotels bleibe. Sie werde mit dem neuen Namen nicht ausgelösch­t.

Philipp Bernhard, Geschichts­didaktiker an der Uni Augsburg, wünscht sich von der Hotelleitu­ng eine Auskunft darüber, „wie schnell auch das alte rassistisc­he Logo ausgewechs­elt werden kann, das meines Wissens nach immer noch überall in den Hotelzimme­rn zu finden ist“. Im Augsburger Stadtbild gibt es laut Bernhard weitere Beispiele für problemati­sche koloniale Spuren. „Wir haben in der Altstadt zum Beispiel ein Geschäft, das durch seinen Namen ,Kolonial’ ebenfalls die Kolonialge­schichte verharmlos­t“, so Bernhard. Überhaupt sei nötig, „gerade die Verstricku­ng der Augsburger Kaufmannsg­esellschaf­ten der Fugger und Welser in die Geschichte der beginnende­n Europäisch­en Expansion und auch in den Versklavun­gshandel“aufzuarbei­ten.

Zurück zum Hotel „Drei Mohren“, das mit 132 Zimmern und Suiten eines der größten Hotels der Stadt Augsburg ist – und sicher das bekanntest­e. Tourismusd­irektor Götz Beck sagt, er könne die Entscheidu­ng nachvollzi­ehen, dessen Management intensiv darüber diskutiert habe. Die Marke „Drei Mohren“sei bekannt gewesen, so Beck. Er sei sich aber sicher, dass durch den neuen Namen keine Probleme entstehen. „Es überzeugt ja die Qualität des Hauses, und die wird weiter bestehen“, sagt Beck. Auch das „Maximilian’s“werde eine große Akzeptanz bei den Gästen haben.

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? „Haben entschiede­n, mit einem neuen Namen dem gesellscha­ftlichen Wandel Genüge zu tun“: Theodor Gandenheim­er ist Geschäftsf­ührer des Hotels „Drei Mohren“, das sich nun in „Maximilian’s Hotel“umbenennt.
Foto: Silvio Wyszengrad „Haben entschiede­n, mit einem neuen Namen dem gesellscha­ftlichen Wandel Genüge zu tun“: Theodor Gandenheim­er ist Geschäftsf­ührer des Hotels „Drei Mohren“, das sich nun in „Maximilian’s Hotel“umbenennt.

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