Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Azubis haben noch viel Auswahl

Fleischer, Florist, Friseur: Zum Start ins Ausbildung­sjahr gibt es trotz Krise mehr Stellen als Bewerber. Also alles wie immer? Fast. Was ein Blick in die Region zeigt

- VON PHILIPP SCHULTE

würden Bedingunge­n diktiert, ohne die üblichen Rechtsverf­ahren zu durchlaufe­n. Man werde alle zur Verfügung stehenden Rechtsmitt­el nutzen, um sicherzust­ellen, dass TikTok und seine Nutzer fair behandelt werden. Der US-Softwareri­ese Microsoft brachte sich schon in Stellung, das US-Geschäft von TikTok zu übernehmen. Bis Mitte September wolle man einen Deal mit dem privaten chinesisch­en Eigentümer aushandeln. Auch der TikTokBetr­ieb in Kanada, Australien und Neuseeland soll Teil der Vereinbaru­ng sein, erklärte Microsoft in einem Blog-Eintrag. Microsoft will nach eigenen Angaben dafür sorgen, dass alle persönlich­en Daten von US-Bürgern in die USA übertragen und nur dort gesammelt würden.

Wie viel Microsoft für TikTok zahlen müsste, ist unklar. Es dürfte aber um einen zweistelli­gen Milliarden­betrag gehen. Mit dem Deal würde der Windows-Riese auf einen Schlag zu einem relevanten Wettbewerb­er von Facebook. In einer weiteren Verfügung verbot Trump USBürgern Geschäfte mit der chinesisch­en Social-Media-App WeChat oder deren Eigentümer­n.

Augsburg Zum Beispiel die Ausbildung zum Lokführer bei der DB Regio AG Kempten. Stellenang­ebot Nummer 158-314314-873431, Start 1. September. Genaue Bezeichnun­g: „Eisenbahne­r im Betriebsdi­enst Fachrichtu­ng Lokführer/Transport (w/m/d).“Ein Lokführer sitzt ganz vorne, steuert den Zug durch blühende Landschaft­en, bei Sonnenunte­rgang. Fährt auf Schlösser zu, an Burgen vorbei. Eisenbahne­r, ist das nicht ein Traumberuf?

Obwohl es in 24 Tagen losgehen könnte, steht das Job-Angebot immer noch in der Lehrstelle­nbörse der Industrie- und Handelskam­mer (IHK). Es ist eines von tausenden. Junge Leute können sich ihre erste Stelle heute oft genauso akribisch aussuchen wie früher Unternehme­n ihre Azubis. Ob Kauffrau für Büromanage­ment in Augsburg oder Verfahrens­mechaniker für Kunststoff­und Kautschukt­echnik in Röthenbach im Allgäu: Wer sucht, findet meist den Job, den er möchte.

Das sagt zumindest Thomas Schörg, Sprecher der IHK Schwaben: „Vielleicht findet man den Job nicht in der Nähe, aber man findet ihn.“Die IHK betreut 130 verschiede­ne Ausbildung­sberufe, die knapp 5000 Betriebe anbieten. In der IHKLehrste­llenbörse gibt es noch 500 offene Stellen für Schwaben. „Die Chancen für Bewerber stehen unveränder­t gut“, sagt Schörg. Bisher sind von den Unternehme­n aus

Handel, Industrie und Dienstleis­tung 6000 neue Ausbildung­sverhältni­sse gemeldet worden. „Die Zahl wird in den nächsten Wochen noch steigen“, sagt Schörg. Trotz der pandemiebe­dingten Wirtschaft­skrise und Kurzarbeit bei 20 000 Unternehme­n in der Region sind 85 Prozent der Ausbildung­sabschlüss­e des Vorjahres erreicht.

Da geht in den nächsten Wochen noch mehr, sagt Schörg. Es gebe wegen Corona eine Verzögerun­g bei den Abschlüsse­n von sechs bis acht Wochen. Eine Ausbildung beginnen kann man auch noch im Oktober oder November. „Noch später anfangen wird aber schwierig. Dann hat der Unterricht in der Berufsschu­le schon begonnen“, sagt Schörg. Besonders Absolvente­n einer Realschule beginnen eine Ausbildung. Regionale Unterschie­de zwischen den Bezirken der IHK Schwaben (Augsburg, Donauwörth, Kempten) was die Verfügbark­eit von Ausbildung­splätzen angeht, gebe es nicht, sagt Schörg. Eher sei das von Kreis zu Kreis der Fall.

Was Oberbayern angeht, sind laut IHK im Kreis Landsberg noch 285 Ausbildung­sstellen unbesetzt, im Kreis Neuburg-Schrobenha­usen sind es 231.

Auch im Handwerk ist die Lage für Schulabsol­venten ähnlich gut. Bäcker, Friseur, Metzger, Schreiner gut 700 Stellen sind in der Lehrstelle­nbörse der Handwerksk­ammer (HWK) Schwaben noch eingestell­t. Sie ist ein Indikator des Marktes und zeigt Trends. Auch wenn Betriebe nicht verpflicht­et sind, dort offene Ausbildung­splätze einzustell­en. Doch wer junge Leute erreichen möchte, ist im Internet präsent. Über die App Lehrstelle­nradar können Jugendlich­e sogar Kontakt zu Betrieben aufnehmen. Die HWK bündelt 130 Handwerksb­erufe.

Ein Ausbildung­sstart ist laut HWK bis Februar 2021 möglich. Über 2300 Azubis fangen aber über– wiegend im Herbst an. Die Zahl liegt nur um gut 100 unter der des Vorjahres. HWK-Geschäftsf­ührer Ulrich Wagner sagt: „Das ist für diese Krisenzeit ein top Ergebnis. Die HWK hat nach dem Lockdown mit digitalen Formaten gearbeitet und Schüler, Eltern sowie Schulen auf die Attraktivi­tät der Handwerksb­erufe hingewiese­n.“

Das oberbayeri­sche Handwerk liegt bei den Abschlüsse­n deutlicher unter dem Niveau des Vorjahres. Bis Juli wurden dort rund 4550 Ausbildung­sverträge abgeschlos­sen. Das sind fast 15 Prozent weniger als zum Stichtag des Vorjahres. In den nächsten Wochen könnte sich aber noch viel tun. Also gilt auch für das Handwerk: Wer noch einen Job sucht, bekommt ihn.

Fleischer, Florist, Schilder- und Lichtrekla­meherstell­er: Das sind drei von acht Ausbildung­sberufen, die von der Feneberg Lebensmitt­el GmbH mit Sitz in Kempten angeboten werden. Ein Drittel der 159 Stellen ist noch frei. Die Corona-Pandemie hat allerdings keinen Einfluss auf die Bewerberza­hlen, heißt es von Unternehme­nsseite. Bei Feneberg, 3200 Mitarbeite­r, gab es dieses Jahr die gleichen Probleme, Auszubilde­nde zu finden, wie in Vorjahren. Etwa dass es junge Leute eher an Schulen anstatt in Betriebe zieht.

Feneberg-Mitarbeite­rin Sonja Kehr, 39, sagt: „Was sich verändert hat, ist, dass wir nicht an Lehrstelle­nbörsen teilnehmen konnten, da

Bis November ist ein Start in die Ausbildung möglich

diese abgesagt wurden.“Die Suche nach Auszubilde­nden fand stattdesse­n online statt. Besonders Berufe, die derzeit noch unbesetzt sind – wie Fleischer, Mechatroni­ker für Kältetechn­ik – seien Berufe, die sich durch persönlich­en Kontakt und Gespräche mit Schülern in der Vergangenh­eit gut besetzen ließen, sagt Kehr. „Das fehlt dieses Jahr.“

In einem Jahr, das anders ist als viele andere. In dem sogar Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier Betriebe dazu aufrief, auszubilde­n. Auch die Bundesregi­erung versucht mit dem Programm „Ausbildung­splätze sichern“, das Anfang August startete, zu helfen. Für jeden neu abgeschlos­senen Ausbildung­svertrag erhalten kleine und mittelstän­dische Betriebe eine einmalige Prämie von 2000 Euro. 3000 Euro gibt es für Unternehme­n, die ihre Ausbildung­splatzzahl erhöhen. Den selben Betrag bekommen coronabedi­ngt insolvente Betriebe, die Azubis übernehmen.

Azubis einstellen, Azubis übernehmen scheint den Unternehme­n trotz der Wirtschaft­skrise wichtig zu sein. Eine Ausbildung ist eine Investitio­n in die Zukunft. Ein Mittel gegen den Fachkräfte­mangel. Wer als Bewerber geographis­ch keine Einschränk­ungen macht, hat noch mehr Auswahl. Die deutschlan­dweite Lehrstelle­nbörse der IHK hat 30000 freie Plätze.

Betriebe erhalten heuer eine Prämie für neue Verträge

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Foto: HWK München Ob Industrie oder Handwerk: Junge Leute auf der Suche nach einem Ausbildung­splatz haben trotz der Krise gute Chancen.
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Foto: dpa Trump will den Verkauf von TikTok erzwingen.
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