Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Sie will als Priesterin an den Altar
Die junge Schweizer Theologin Jacqueline Straub bestärkt die katholischen Frauen. Das kommt unterschiedlich gut an
Warum eigentlich nicht? Warum darf es in der katholischen Kirche bis heute keine geweihte Frau am Altar geben? Auch wenn sie so eine brennende Sehnsucht in sich spürt wie die junge Schweizerin Jacqueline Straub. „Seit meiner Jugend will ich Priesterin werden. Das ist nicht nur ein frommer Wunsch, sondern eine wirkliche Berufung“, beteuerte die 30-jährige Theologin beim 4. Interreligiösen Frauendialog im Friedensfestprogramm auf der Sommerbühne im Annahof. Es drängt sie, Kinder zu taufen, zu predigen und die Messe zu zelebrieren.
„Werd doch evangelisch!“, habe ihr schon ihr Heimatpfarrer wohlwollend geraten. Doch für sie ist ein Konfessionswechsel keine Option. Sie möchte vielmehr mit nachhaltigem Nachdruck daran mitwirken, die theologischen Argumente neu zu gewichten. „Ich werde mein ganzes Leben investieren, dass dieser Weg begehbar wird und dass die Zukunft der katholischen Kirche eine ist, die Menschen akzeptiert, so wie sie sind. Ich glaube an Gott, der Perspektiven hat für Männer, Frauen und alle Menschen dazwischen“, sagte sie.
Auf Sympathie stieß Straub damit auch bei Prof. Kerstin SchlöglFlierl am Augsburger Lehrstuhl für Katholische Moraltheologie. Natürlich kennt sie die drei Hauptargumente gegen eine Frauenordination: Jesus war ein Mann und hat nur Männer in den Apostelkreis erwählt. Treu hat die Kirche – auch die orthodoxe – von Anfang an daran festgehalten, nur Männer zu weihen, sodass Papst Johannes Paul II. 1994 feststellte, die Kirche habe keine Vollmacht zur Weihe von Frauen. Schließlich lehrt die römische Kirche, dass sich der Priester in der Weihe ihr bildlich gesprochen als Bräutigam antraue. Schlögl-Flierl stellte „Anfragen“. Es gebe eine Tendenz, die Frau theologisch immer noch abzuwerten. Wo bleibe die Gleichbehandlung? Der moderne Genderdiskurs stelle simple Geschlechtszuweisungen infrage. Und wie bindend ist der Apostelzwölferkreis; kann er nicht eher ein Symbol sein als eine Institution?
Im Talk mit Barbara Staudinger, Leiterin des Jüdischen Museums, überraschte Jacqueline Straub manches Mal. Weniger die alten, weißen Männer als vielmehr jüngere Ultrakonservative lehnen ihre Forderung strikt ab. Angst sei hier zu spüren, sich mit der Sexualität von Priestern zu beschäftigen und ihrer Fähigkeit zu Partnerschaft, auch der homosexuellen. Der Zölibat, darin ist sich Straub gewiss, werde vorher fallen. Priesterinnen als Lückenfüller wären Straub zu wenig. Ihre Zulassung sei geradezu eine Zukunftsfrage der katholischen Kirche, „dass sie nicht den Bach runtergeht“. „Ich kämpfe, dass die Menschen wieder Freude am Glauben haben“, sagte sie. Mit Frauen am Altar würde die Seelsorge bereichert werden und näher am Menschen sein, etwa in der Beichte.
Auf der ganzen Welt hat sie „ganz viele“Mitstreiterinnen. Und sie bekomme von überall her Bestärkung. Sogar einzelne Bischöfe unterstützen sie, wenn auch nicht offen. Die
BBC zählte sie 2018 zu den 100 einflussreichsten Frauen der Welt. Nicht zuletzt vertraut Jacqueline Straub auf Maria Magdalena, die Apostelin der Apostel. „Sie hat sehr früh erkannt, wer Jesus ist.“