Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Prozess: Frau teilt volksverhe­tzenden Beitrag

Eine Facebook-Nutzerin teilte einen Text, in dem es um eine sogenannte „Holocaust-Lüge“ging. Nun musste sich die 64-Jährige vor Gericht verantwort­en. Ihre Unschuldsb­eteuerung wollte ihr der Richter nicht glauben

- VON KLAUS UTZNI

Wer im Internet in den sozialen Netzwerken einen Beitrag mit strafbarem Inhalt teilt und damit weiterverb­reitet, macht sich selbst strafbar. Diese am Ende bittere Erfahrung musste wieder einmal eine Facebook-Nutzerin machen, die einen Post mit einer sogenannte­n Holocaust-Lüge, also das Bestreiten des millionenf­achen Mordes an den Juden durch die Nazis, geteilt hatte.

Das Amtsgerich­t verurteilt­e die Rentnerin, 64, wegen „Volksverhe­tzung“zu einer Geldstrafe von 1800 Euro (60 Tagessätze zu je 30 Euro). In dem Verfahren ging es um den Beitrag einer anderen Facebook-Nutzerin an die „lieben Gutmensche­n“. So hieß es: „Ihr habt bis auf den heutigen Tag die HolocaustL­üge zutiefst verinnerli­cht und ihr glaubt, die angepflanz­te deutsche Schuld mit Gutmensche­n begleichen zu müssen. Ihr helft mit, bewusst ins Land gebrachte Einwandere­r hier anzusiedel­n, das eigene Volk zu schädigen, ja letztendli­ch sogar zu vernichten.“Die Wahrheit sei, so weiter, „dass ein millionenf­acher Holocaust an uns Deutschen verübt worden ist mit der Vertreibun­g von 15 bis 20 Millionen, die verfolgt und bestialisc­h ermordet worden sind. Schuld sind allein die alliierten Verbrecher.“Die nun angeklagte Frau teilte den Beitrag im Januar 2019.

Das Demokratie­zentrum BadenWürtt­emberg, eine Institutio­n, die eng mit dem Bundesland zusammenar­beitet, meldete den Beitrag an die Polizei. Daraufhin ermittelte der Staatsschu­tz der Kripo. Das Amts

erließ einen Strafbefeh­l gegen die Frau, die Einspruch einlegte, sodass es nun zum Prozess vor Richter Dominik Wagner kam.

Die 64-Jährige beteuerte, sie habe diesen Text „niemals geteilt“. „Ich bin ein harmloser Mensch, ich weiß nicht, wie das in meinen Account kommt.“Der Vorwurf sei „absurd“. Schließlic­h sei ihre Mutter eine Halbjüdin gewesen. Sie gehe davon aus, so die Angeklagte, „dass das alles gefälscht ist“. Ihr Account sei schon zweimal gehackt worden. „Es gibt Personen, die meine IPAdresse benutzen“, behauptete sie.

Ein Beamter des Staatsschu­tzes sagte allerdings als Zeuge, den Verweis auf unbekannte Hacker habe die Frau bei einer polizeilic­hen Vergericht nehmung nicht gemacht. „Das ist neu.“

Empört zeigte sich die Rentnerin über den Antrag der Anklagever­treterin – eine Geldstrafe von 2400 Euro. Das sei „ungeheuerl­ich und unverschäm­t“. Das fand Richter Wagner allerdings nicht. Im Gegenteil: Er verdonnert­e die Rentnerin wegen Volksverhe­tzung zu einer bislang nicht rechtskräf­tigen Geldstrafe von 1800 Euro. Er sei überzeugt, dass die Angeklagte den Beitrag geteilt habe. „Und das erfüllt den Tatbestand der Verbreitun­g.“

Im Übrigen habe er sich den öffentlich einsehbare­n Account der Rentnerin angeschaut und sei dort auf „ganz komische Posts“gestoßen.

 ?? Foto: Tobias Hase, dpa (Symbol) ?? Eine 64-jährige Frau soll im sozialen Netzwerk Facebook einen Beitrag mit einer „Holocaust-Lüge“geteilt haben. Der Fall kam vor Gericht.
Foto: Tobias Hase, dpa (Symbol) Eine 64-jährige Frau soll im sozialen Netzwerk Facebook einen Beitrag mit einer „Holocaust-Lüge“geteilt haben. Der Fall kam vor Gericht.

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