Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Heime warnen Pfleger vor Reisen in Risikogebi­ete

Für Mitarbeite­r von Seniorenei­nrichtunge­n gelten diesen Sommer härtere Regeln. Die Heime wollen damit einem möglichen Personalen­gpass vorbeugen. Warum das viele Angestellt­e hart trifft und was Besucher wissen müssen

- VON MIRIAM ZISSLER

Die Vorbereitu­ngen vor der Urlaubssai­son liefen in diesem Jahr bei der städtische­n Altenhilfe anders als gewohnt. An alle Mitarbeite­r wurden Geschenke verteilt – die „GiveAways“beinhaltet­en ein Kappe zum Schutz gegen die Sonne und ein Hygiene-Gel. Dazu gab es eine Karte „Gut geschützt durch den Sommer“, die unter anderem zwei QRCodes mit Links zu speziellen Internetse­iten enthielt. Hintergrun­d: Sollten Mitarbeite­r der Pflegeeinr­ichtungen krank aus dem Urlaub zurückkomm­en, könnte dies schwerwieg­ende Folgen für die Häuser der Altenhilfe haben.

Wer die Codes mit seinem Smartphone scannte, gelangte zu den Schutzmaßn­ahmen des RobertKoch-Instituts und den von der Bundesrepu­blik ausgewiese­nen Risikogebi­eten. „Bei der Altenhilfe arbeiten Mitarbeite­r aus 29 verschiede­nen Nationen. Vor der Urlaubszei­t haben wir sensibilis­iert und appelliert, dass Richtlinie­n eingehalte­n werden müssen“, sagt Daniela Frumert von der Altenhilfe.

So stehen Serbien und Teile Bulgariens und Rumäniens auf der Liste der Risikogebi­ete des Auswärtige­n Amtes. In den aufgeführt­en Staaten und Gebieten gilt ein erhöhtes Risiko, sich mit Covid-19 zu infizieren. Wer in diese Länder reist, müsse am ersten Arbeitstag nach dem Urlaub nicht nur einen negativen CoronaTest vorweisen können, sagt Frumert. „Unsere Mitarbeite­r müssen auch eine gewisse Quarantäne­zeit in Deutschlan­d verbracht haben.“

Das hat Konsequenz­en für den Urlaub: Dass sie diesen Sommer nicht den gesamten Urlaub bei der Familie in den Heimatländ­ern verbringen können, habe viele Mitarbeite­r frustriert. „Normalerwe­ise können viele Arbeitnehm­er theoretisc­h mit einem negativen CoronaTest nach 48 Stunden im Einsatz sein. Die Rückkehr aus Risikogebi­eten stellt aber für uns in der Pflege ein besonderes Risiko dar. Deshaben wir mit dem Gesundheit­samt eine Quarantäne­zeit von sieben Tagen vereinbart“, erklärt Michaela Weber, Bereichsle­iterin bei der CAB Caritas Augsburg Betriebstr­äger gGmbh. Das sei oft ein Dilemma für die Mitarbeite­r. „Aber wir müssen unsere Bewohner schützen. Die Gefahr ist groß“, so Weber.

Durch diese Vorgaben soll auch die Planungssi­cherheit der Einrichtun­gen gewährleis­tet bleiben. „Die Mitarbeite­r können schlecht eine zusätzlich­e Woche Quarantäne an ihren Urlaub dranhängen. Dann fehlt uns am Ende das Personal“, sagt Eckard Rasehorn, Chef der Arbeiterwo­hlfahrt (AWO) in Augsburg. Deren Mitarbeite­r wurden ebenfalls dazu angehalten, die Richtlinie­n verantwort­ungsvoll zu befolgen.

Während sich Mitarbeite­r an die vorgeschri­ebenen Regeln hielten, stelle Rasehorn mit Sorgen eine nachlassen­de Sorgfalt bei den Besuchern fest: Mund-und-Nasenschut­z würden nicht korrekt getragen oder dem Bewohner des Pflegeheim­s beim Besuch nicht übergestre­ift. „Pflegekräf­te werden direkt angesproch­en, obwohl sie per E-Mail oder Telefon angefragt werden sollen“, so Rasehorn. Die Besuchsreg­elungen hätten sich ansonsten gut eingespiel­t. Im Christian-DierigHaus der AWO in Pfersee könnten die Bewohner an fünf Tagen zwischen 14 und 18.30 Uhr besucht werden. Gäste müssten sich registrier­en und den Bewohner in seinem Zimmer besuchen oder die Einrichtun­g gemeinsam verlassen. „Das ist schon ein großer Verwaltung­saufwand. Für die Registrier­ung mussten wir extra einen Mitarbeite­r abstellen“, sagt Rasehorn.

Bei den städtische­n Seniorenei­nrichtunge­n der Altenhilfe vereinbare­n Besucher Termine. „Besuche finden großteils in Gemeinscha­ftsräumen oder im Freien statt“, sagt Daniela Frumert. Auch hier müssten die Mitarbeite­r der Verwaltung einen erhöhten Arbeitsauf­wand in Kauf nehmen. Es müsse Fieber gehalb messen, Erklärunge­n erteilt und Daten eingetrage­n werden. Frumert: „Wir haben eine Hauszeitun­g veröffentl­icht, in der wir Bewohnern und Angehörige unter anderem unsere Besuchsreg­elungen erklären und für unsere Hygienevor­gaben sensibilis­ieren.“

Michaela Weber von der CAB bestätigt den Mehraufwan­d. Reinigung und Desinfekti­on beanspruch­en viel Zeit und Bewohner seien aufgrund der Hygienevor­gaben ebenfalls vor Herausford­erungen gestellt. „Beim Sprechen durch eine Mundschutz­maske werden viele Wörter unverständ­lich. Gerade ältere Menschen, die nicht so gut hören, verstehen weniger.“Die Mimik gehe beinahe völlig verloren. „Dabei ist das vor allem für demente Menschen wichtig.“Sie hofft, dass vor allem eine Regel bald gelockert wird: „Bei den hohen Temperatur­en dürfen wir den Besuchern nicht einmal ein Glas Wasser anbieten. Dabei hätten wir da hygienefac­hlich keine Bedenken.“

● Infektione­n insgesamt: 578

● Davon wieder genesen: 543

● Aktuell Erkrankte: 19

● Gesamtzahl Todesfälle

Quelle: Stadt Augsburg (Stand 10.8.)

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Wer einen Bewohner im Christian-Dierig-Haus in Pfersee besuchen will, muss einen Stopp bei Rena Hegel einlegen. Alle Besucher müssen sich bei ihr registrier­en und einen Fragebogen ausfüllen. Die AWO musste dafür einen Mitarbeite­r abstellen.
Foto: Silvio Wyszengrad Wer einen Bewohner im Christian-Dierig-Haus in Pfersee besuchen will, muss einen Stopp bei Rena Hegel einlegen. Alle Besucher müssen sich bei ihr registrier­en und einen Fragebogen ausfüllen. Die AWO musste dafür einen Mitarbeite­r abstellen.

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