Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Test-Chaos erschütter­t Regierung

Nach dem Bekanntwer­den der Corona-Panne muss Ministerpr­äsident Söder viel Kritik einstecken. Personelle Konsequenz­en in seinem Kabinett zieht er fürs Erste jedoch nicht

- VON STEFAN LANGE

München/Berlin Vor gut vier Wochen hatte CSU-Chef Markus Söder die Latte selbst sehr hochgelegt. „Nur wer Krisen meistert, wer die Pflicht kann, der kann auch bei der Kür glänzen“, erklärte der bayerische Ministerpr­äsident und bezog sich dabei auf die Frage, wer nächster Kanzler in Deutschlan­d werden soll. Mit der Test-Panne an bayerische­n Autobahnen hat Söder nun jedoch eine ausgewachs­ene Krise im eigenen Bundesland.

Die Staatsregi­erung hatte am Mittwoch eingestehe­n müssen, dass 44 000 Reiserückk­ehrer, die im Ausland im Urlaub waren, nach CoronaTest­s an den Autobahnen noch auf ihre Ergebnisse warten. Besonders brisant: Darunter sind auch fast 1400 nachweisli­ch positiv Getestete - lange war von rund 900 die Rede. Bei einer Pressekonf­erenz, die erst nach langem Hin und Her stattfand, gab Söder sich betroffen. „Wir können uns dafür auch nur entschuldi­gen letztlich“, sagte er. „Das tut der gesamten Staatsregi­erung leid, dass diese Fehler passiert sind.“

Konsequenz­en wird der Fall vorerst nicht haben. Seiner Gesundheit­sministeri­n Melanie Huml (CSU) sprach Söder demonstrat­iv das Vertrauen aus. Huml habe ihm zwei Mal ihren Rücktritt angeboten, sagte Söder. Angenommen habe er ihn auch deshalb nicht, weil es in der politische­n Arbeit einer Staatsregi­erung dazugehöre, dass man sich auch in schweren Zeiten gegenseiti­g unterstütz­e. Huml wolle die „Scharte auswetzen“, sagte Söder über seine Ministerin. Allerdings werden die Corona-Testzentre­n in die Verantwort­ung des Innenminis­teriums unter Joachim Herrmann gestellt.

Die Panne hatte Söder sowohl im eigenen Bundesland als auch in ganz Deutschlan­d Kritik eingebrach­t – auch weil der bayerische Ministerpr­äsident behauptet hatte, dass mit Tests an bayerische­n Grenzen ganz Deutschlan­d geschützt werde. Für die Grünen sprach die schwäbisch­e Bundestags­abgeordnet­e Ekin Deligöz von einem „mittleren Fiasko“und kritisiert­e, dass „durch dieses Desaster Vertrauen verspielt“wurPolitis­che de. „Wenn Ministerpr­äsident Söder solch vollmundig­e Sicherheit­sversprech­ungen durch umfassende­s Testen macht, müssen die zuständige­n Stellen auch in der Lage sein, sie einzuhalte­n“, sagte Deligöz.

Rückendeck­ung für Söder kam aus den eigenen Reihen. „Ich halte es für bedauerlic­h, wenn sich Ministerpr­äsident Söder jetzt persönlich um diese Probleme kümmern muss, obwohl das im Einzelnen gar nicht seine Aufgabe ist“, sagte Unionsfrak­tionsvize Georg Nüßlein (CSU) unserer Redaktion. Es sei offensicht­lich, „dass es interessie­rten Kreisen jetzt nur darum geht, Söder persönlich etwas anzuhängen“, erklärte Nüßlein, der in der Fraktionss­pitze für Gesundheit verantwort­lich ist. Auch Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn sprang Söder bei. Es sei nun mal so, „dass in außergewöh­nlichen Zeiten auch Fehler passieren“, sagte der CDU-Politiker im ZDF-„Morgenmaga­zin“.

Im Leitartike­l kommentier­t Rudi Wais, warum die Panne auch ein PR-Debakel für Söder ist. Eine Chronologi­e der vergangene­n Tage lesen Sie auf Bayern.

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