Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Test-Chaos erschüttert Regierung
Nach dem Bekanntwerden der Corona-Panne muss Ministerpräsident Söder viel Kritik einstecken. Personelle Konsequenzen in seinem Kabinett zieht er fürs Erste jedoch nicht
München/Berlin Vor gut vier Wochen hatte CSU-Chef Markus Söder die Latte selbst sehr hochgelegt. „Nur wer Krisen meistert, wer die Pflicht kann, der kann auch bei der Kür glänzen“, erklärte der bayerische Ministerpräsident und bezog sich dabei auf die Frage, wer nächster Kanzler in Deutschland werden soll. Mit der Test-Panne an bayerischen Autobahnen hat Söder nun jedoch eine ausgewachsene Krise im eigenen Bundesland.
Die Staatsregierung hatte am Mittwoch eingestehen müssen, dass 44 000 Reiserückkehrer, die im Ausland im Urlaub waren, nach CoronaTests an den Autobahnen noch auf ihre Ergebnisse warten. Besonders brisant: Darunter sind auch fast 1400 nachweislich positiv Getestete - lange war von rund 900 die Rede. Bei einer Pressekonferenz, die erst nach langem Hin und Her stattfand, gab Söder sich betroffen. „Wir können uns dafür auch nur entschuldigen letztlich“, sagte er. „Das tut der gesamten Staatsregierung leid, dass diese Fehler passiert sind.“
Konsequenzen wird der Fall vorerst nicht haben. Seiner Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) sprach Söder demonstrativ das Vertrauen aus. Huml habe ihm zwei Mal ihren Rücktritt angeboten, sagte Söder. Angenommen habe er ihn auch deshalb nicht, weil es in der politischen Arbeit einer Staatsregierung dazugehöre, dass man sich auch in schweren Zeiten gegenseitig unterstütze. Huml wolle die „Scharte auswetzen“, sagte Söder über seine Ministerin. Allerdings werden die Corona-Testzentren in die Verantwortung des Innenministeriums unter Joachim Herrmann gestellt.
Die Panne hatte Söder sowohl im eigenen Bundesland als auch in ganz Deutschland Kritik eingebracht – auch weil der bayerische Ministerpräsident behauptet hatte, dass mit Tests an bayerischen Grenzen ganz Deutschland geschützt werde. Für die Grünen sprach die schwäbische Bundestagsabgeordnete Ekin Deligöz von einem „mittleren Fiasko“und kritisierte, dass „durch dieses Desaster Vertrauen verspielt“wurPolitische de. „Wenn Ministerpräsident Söder solch vollmundige Sicherheitsversprechungen durch umfassendes Testen macht, müssen die zuständigen Stellen auch in der Lage sein, sie einzuhalten“, sagte Deligöz.
Rückendeckung für Söder kam aus den eigenen Reihen. „Ich halte es für bedauerlich, wenn sich Ministerpräsident Söder jetzt persönlich um diese Probleme kümmern muss, obwohl das im Einzelnen gar nicht seine Aufgabe ist“, sagte Unionsfraktionsvize Georg Nüßlein (CSU) unserer Redaktion. Es sei offensichtlich, „dass es interessierten Kreisen jetzt nur darum geht, Söder persönlich etwas anzuhängen“, erklärte Nüßlein, der in der Fraktionsspitze für Gesundheit verantwortlich ist. Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sprang Söder bei. Es sei nun mal so, „dass in außergewöhnlichen Zeiten auch Fehler passieren“, sagte der CDU-Politiker im ZDF-„Morgenmagazin“.
Im Leitartikel kommentiert Rudi Wais, warum die Panne auch ein PR-Debakel für Söder ist. Eine Chronologie der vergangenen Tage lesen Sie auf Bayern.