Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Nur keine Angst vor Blau, Gelb und Rot
„Kunstraum Am Pfarrhof in Leitershofen“zeigt Siegfried Ijewski mit seiner Farbfeldmalerei
Wer hat denn Angst vor Farben? „Who’s afraid of Blue, Yellow and Red“fragten späte Bilder des New Yorkers Barnett Newman (1905-1970). Aber viele Betrachter verspürten damals Angst und Empörung vor solcher Kunst – gerade auch in Europa, obwohl doch hier Kasimir Malewitsch schon 1915 sein „Schwarzes Quadrat“genug sein ließ, wie es sogar schon 300 Jahre vor ihm der Kupferstecher Matthäus Merian für den Ursprung des Kosmos getan hatte. „Who’s afraid of the Dark“des Briten Damien Hirst nahm 2002 diesen Faden der Kunstgeschichte wieder auf und präsentierte eine Installation aus lauter toten schwarzen Fliegen. Sogar ein „Überschwarz“gibt es, wie es Pierre Soulages in seinen Bildern zelebrierte und wie es neuerdings auch bei Tiefsee-Fischen entdeckt wurde, deren Farbpigment Melanin jedes auftreffende Lichtteilchen schluckt. Also nicht zu sehen und dennoch da – wie ein Wolf in der Nacht, den eine Wildkamera fixiert.
„Farben sind Bedeutungsträger und mit dem Gegenständlichen verwoben, ohne dass das Gegenständliche bezeichnet werden muss.“So formulierte es der Maler Siegfried
Ijewski, als er zur Vernissage seiner Ausstellung „Farbräume“nach Leiterhofen kam. Er habe für seine serielle Malerei eine Palette von etwa 20 überwiegend kommerziellen Farben, aber auch eine Menge von Pigmenten, die er beimischen könne. „Schwarz verwende ich übrigens so gut wie nie.“Ijewski bestreitet die zweite Schau im „Kunstraum Am Pfarrhof Leitershofen“, der Anfang des Jahres mit Arbeiten von Karl Veitz (1956-2009) aus der Sammlung Konrad Oberländer eröffnet wurde. Auch der 1941 in Ostpreußen geborene, heute bei Aachen als emeritierter Professor der dortigen Fachhochschule lebende Ijewski wurde mehrmals in Oberländers Atelier-Galerie gezeigt. In den 1970er Jahren war er sogar länger in Augsburg ansässig. Aus dieser Zeit stammen auch die frühesten der jetzt gezeigten 37 Arbeiten, die jüngsten (allesamt „Bilder des Horizontalen auf drei Zeilen“) aus dem Jahr 2009.
„Was ist aus Künstlern geworden, die schon länger nicht mehr hier präsent waren?“Dies sei eine wesentliche Motivation, sagte zur Eröffnung Michael Kießling, der mit seiner Medienagentur und Irene Oberländer, Witwe des 2019 gestorbenen Galeristen, den „Kunstraum
Am Pfarrhof Leitershofen“betreibt. Aus Ijewski ist ein wichtiger Vertreter der Konkreten Kunst und der Farbfeldmalerei geworden. Ausgestattet mit dem künstlerischen Vokabular von Kandinsky und Malewitsch, von Piet Monrian, Josef Albers und Mark Rothko, setzt er Wegzeichen in der Entfernung von der sichtbaren Welt. Farbe wird zum Selbstinhalt, durch keinen Gegenstand definiert.
Die Ausstellung beginnen (deren Titel gemäß) drei „Farbräume“in Acryl auf Leinwand, deren zarte Farbgeometrien als „Modulation“und „Induktion“ausgewiesen sind. Derselbe Umgang mit linden Lasuren beseelt die abgestuften „Horizontalen“; während die „Partizipation“genannten, in Öl auf Leinwand und Acryl auf Papier gemalten Bilder mehrere Farbfelder scharf voneinander trennen. Die malerische Vielfalt im vermeintlich Einfachen macht staunen. 2001 war Siegfried Ijewski zuletzt in Augsburg präsent – bei der „Nationale der Zeichnung“. Jetzt gibt es in Leitershofen ein schönes Wiedersehen.
OLaufzeit bis 27. September, Sa und So 15 bis 18 Uhr oder nach Vereinbarung (Tel. 0821/3445731; www.kunstraum-leitershofen.de). Katalog 5 ¤.