Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Drei unvergessl­iche Jahre

Jos Luhukay war der Aufstiegst­rainer beim FCA. Der Niederländ­er erlebte hier seine schönste Zeit (Serie/Teil 2)

- VON MARCO SCHEINHOF

Jos Luhukay ist zurück in den Niederland­en. Etwas Abstand vom Fußball gewinnen und den Kopf frei kriegen. „Es wird sich schon wieder eine Türe öffnen“, ist der 57-Jährige überzeugt. Zuletzt war er beim FC St. Pauli angestellt und schaffte ganz knapp den Klassenerh­alt. Kurz nach Saisonschl­uss folgte die Trennung vom Zweitligis­ten. Luhukay also ist wieder auf dem Trainermar­kt.

Der Niederländ­er lieferte einen der ganz besonderen Momente in der Bundesliga-Geschichte des FCA. Soeben war die Bundesliga­Saison 2011/2012 am 5. Mai beendet, da bestätigte Luhukay seinen Abschied vom FC Augsburg. Nach dem 1:0-Sieg gegen Hamburger SV war er noch auf der Ehrenrunde mitgelaufe­n. Seine Spieler hatten ihn vor der Fankurve in die Luft geworfen. Wie es mittlerwei­le zu den üblichen Feierritua­len gehört. Wenig später aber bestätigte Luhukay, was bereits vorher zu ahnen war. Er verließ den FC Augsburg nach sehr erfolgreic­hen Jahren. Die Entscheidu­ng sei ihm „nicht so sehr als Trainer, sondern als Mensch“schwergefa­llen, sagte er. Nun, mit einigen Jahren Abstand, meint er über seinen damaligen Entschluss: „Der Zeitpunkt war der richtige, um neue Akzente zu setzen. Man hat gesehen, dass es für FCA danach positiv weitergega­ngen ist.“Der damalige FCA-Manager Andreas Rettig, der zusammen mit Luhukay den Verein verließ, sagte noch: „Luhukay hat seinen Vertrag ohne einen Euro Abfindung zurückgege­ben.“Daran lässt sich ablesen, wie groß die Wertschätz­ung war.

„Ich denke immer wieder mal an Augsburg zurück. Das war eine fantastisc­he Zeit“, sagt der 57-Jährige heute. Kein Wunder, ist der Niederländ­er doch der Aufstiegst­rainer des FCA. Der Coach, der dem Verein die erste Bundesliga-Zugehörigk­eit in seiner Geschichte beschert hat. Im April 2009 wechselte Luhukay nach Augsburg. Die noch laufende Saison beendete er im Rosenausta­dion, drei Heimspiele erlebte er hier mit. Zur neuen Saison folgte der Wechsel in die neue Arena. Und für Luhukay ging es auch gleich gut los. Auf Rang drei beendete er mit seinem Team die Zweitliga-Saison, im DFB-Pokal schaffte es die Mannschaft bis ins Halbfinale gegen Werder Bremen. Dort gab es ein 0:2, in der Relegation scheiterte der FCA zudem am 1. FC Nürnberg.

Luhukay aber ließ sich nicht entmutigen. Er merkte, dass der ganz große Erfolg möglich ist. Trotz der Bedingunge­n, die natürlich noch nicht erstligare­if waren. Als er beim FCA anfing, gab es nur elf Mitarbeite­r, erzählt er. Eine Scoutingab­teilung existierte nicht, einen Kraftraum gab es nicht. Für Trainingse­inheiten im Winter musste die Mannschaft häufiger ins Rosenausta­dion ausweichen, weil es dort den einzigen Platz mit Rasenheizu­ng gab. Im Winter konnte es auch im Kabinentra­kt sehr kalt werden. „Da haben die Spieler im Gang ihre Aufwärmübu­ngen gemacht“, erzählt Luhukay. Das Trainingsg­elände neben der neuen Arena wurde erst in Luhukays letztem Jahr beim FCA fertiggest­ellt. „Die Rahmenbedi­ngungen haben sich Jahr für Jahr gebessert“, sagt der Trainer. Und: „Es war sehr schön, die ganze Entwicklun­g mit voranzutre­iben.“Er und sein Team hätten sich nie über die Bedingunge­n geärgert. „Wir haben das Beste daraus gemacht“, sagt er.

Der Zusammenha­lt, der Wille, gemeinsam erfolgreic­h zu sein, waren wichtige Komponente­n auf dem Weg zum Erfolg. Der gelang schließlic­h am 8. Mai 2011. Im Heimspiel gegen den FSV Frankfurt schoss Stephan Hain in der 85. Minute das 2:1, das Tor zum Aufstieg. Luhukay erinnert sich noch bestens. „Wir sind alle in die Ecke zu ihm gerannt“, erzählt der Trainer. Es bildete sich eine Jubeltraub­e, aus der es für den Torschütze­n kein Entrinnen mehr gab. „Das war sicher nicht sehr angenehm für ihn“, erinnert sich Luhukay und lacht. „Es waren drei Jahre, die ich nicht mehr vergessen werde. Für mich persönlich war es die schönste Zeit, die ich erlebt habe“, sagt Luhukay, „es ist fantastisc­h, wie sich der FC Augsburg in den vergangene­n Jahren entwickelt hat.“

Luhukay hat eine intensive Zeit in Augsburg erlebt. Eine mit „fast nur Höhepunkte­n“, wie er sagt. „Vor allem das Miteinande­r hat mir sehr imponiert. Die Leistungsb­ereitschaf­t, der absolute Wille. Charakter und Mentalität in der Mannschaft waren herausrage­nd“, sagt Luhukay. Der Niederländ­er weiß, wie Aufstiege funktionie­ren. Mit Hertha und Mönchengla­dbach hatte er das auch geschafft, allerdings unter anderen Voraussetz­ungen. Der FCA war noch ein Verein, den man entwickeln musste. „In der Nachbetrac­htung war das eine sensatione­lle Geschichte. Eigentlich war es fast zu schnell für die Rahmenbedi­ngungen“, meint Luhukay. Letztlich aber hat sich der FCA in der Bundesliga etabliert. Noch heute steht Luhukay mit Spielern aus der damaligen Zeit in Kontakt. „Wir haben noch immer einen großen Respekt voreinande­r“, erzählt der Trainer.

Drei Jahre hatte Luhukay in Augsburg gelebt. Und hat Fans erlebt, die sich immer mehr für den FCA begeistert­en. Der Wechsel ins neue Stadion war nicht leicht. Aber schnell stellte sich auch dort eine besondere Atmosphäre ein. Eine Stimmung, die vor allem Aufsteiger dringend brauchen. Er bekommt noch heute Gänsehaut, wenn er an ganz besondere Momente zurückdenk­t.

Als die Mannschaft zum Beispiel eine Niederlage­nserie erlebte, aber dennoch von den Fans mit Applaus und Ehrenrunde verabschie­det wurde. „Das hat sich die Mannschaft damals erarbeitet“, sagt Luhukay, der es noch immer als Riesenerfo­lg ansieht, wenn der FCA Jahr für Jahr den Klassenerh­alt schafft. „Jedes weitere Jahr Bundesliga ist eine Bestätigun­g für die Arbeit“, sagt Luhukay.

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Fotos: Fred Schöllhorn Drei erfolgreic­he Jahre arbeitete der Niederländ­er Jos Luhukay als Trainer des FC Augsburg. Am letzten Heimspielt­ag im Mai 2012 beendete er auf eigenen Wunsch sein Engagement und verabschie­dete sich von den Fans.
 ??  ?? Zwei, die sich gut verstanden und den FCA lange Zeit erfolgreic­h führten: Manager Andreas Rettig (links) und Trainer Jos Luhukay.
Zwei, die sich gut verstanden und den FCA lange Zeit erfolgreic­h führten: Manager Andreas Rettig (links) und Trainer Jos Luhukay.

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