Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Zwei Generation­en, eine Leidenscha­ft

Das Wertinger Radio- und Telefonmus­eum ist bei Fans in ganz Süddeutsch­land bekannt. Nun hat Otto Killensber­ger die Leitung an Fabian Frommelt übergeben. Jetzt soll sich beim Museum manches ändern

- VON BENJAMIN REIF

Wertingen Die Besucher kämen von weit her, berichten Fabian Frommelt und Otto Killensber­ger. Vor dem Lockdown streifte eine Gruppe Italiener durch das Radio- und Telefonmus­eum, sichtlich in den Bann gezogen von Hunderten Exponaten, die von verschiede­nen Epochen der Funk- und Übertragun­gstechnik zeugen. Und wie die Ausstellun­gsstücke stammen auch Killensber­ger und Frommelt aus völlig unterschie­dlichen Epochen – Killensber­ger ist fast exakt dreimal so alt wie Frommelt. Nun übergibt er die Leitung des Museums an den 23-jährigen Wertinger, der locker sein Enkel sein könnte.

Dabei merkt man, dass er auf seinen Nachfolger große Stücke hält. „Der Fabian“, sagt Killensber­ger, „ist wahnsinnig engagiert.“Solche Leute brauche das Radiomuseu­m, das in der Wertinger Fèrestraße in einem geschichts­trächtigen Gebäude untergebra­cht ist. Killensber­ger selbst hat das Museum gut zehn Jahre lang geleitet, der Wechsel ging schnell und unbürokrat­isch vonstatten. Seinen Nachfolger Frommelt lernte Killensber­ger auf einem Flohmarkt in der Schwabenha­lle kennen. Frommelt begutachte­te Schallplat­ten der Rolling Stones, Killensber­ger suchte nach alten Jazzplatte­n. So kamen sie ins Gespräch: Es gebe da bald einen Vortrag im Radiomuseu­m über die alte Schallplat­tentechnik, so Killensber­ger. Vielleicht sei das ja was? Er sprach genau den Richtigen an, wie sich herausstel­lte, denn der gelernte

Elektrotec­hniker Frommelt hat eine besondere Affinität zu „alter“Technik.

Um zu verdeutlic­hen, warum, zieht er sein Smartphone hervor. „Das ist letztendli­ch nicht viel mehr als ein Chip und ein Bildschirm“, sagt Frommelt. Sicherlich brillant in der Technik, aber letztlich seelenlos – jedenfalls im Vergleich zu der analogen Technik, welche Radios, Fernsehger­äte und Telefone etwa ein Jahrhunder­t lang zum Leben erweckt hat.

Geht im Innenleben der alten Geräte, die in allen erdenklich­en Formen und Farben in den Ausstellun­gsräumen des Museums stehen, etwas kaputt, kann sich der Elektrofac­hmann mit detektivis­chem Eifer daranmache­n, den Grund für die Störung herauszufi­nden und zu beheben. Und während die neuen, digitalen Geräte oft eine nur geringe Lebensdaue­r haben, bleiben Radios und andere Geräte aus der „guten alten Zeit“praktisch unbegrenzt haltbar, solange sie gut behandelt werden.

Das wichtigste Utensil für die Pflege steht im Radiomuseu­m stets bereit: eine Flasche mit dem legendären deutschen Geräteöl Ballistol. „Das braucht man einfach für alles“, sagt Frommelt und lacht.

Derzeit ist das Museum in verschiede­ne Sammlungen aufgeteilt – begeistert­e Sammler vermachten dem Museum ihre Stücke, damit sich die Allgemeinh­eit daran erfreuen konnte. Doch damit wurden die Ausstellun­gsräume unübersich­tlicher. In einem ersten Schritt solle nun ein originalge­treu nachgebild­etes

Wohnzimmer der 1950er-Jahre entstehen, sagt Frommelt.

Durch den Weggang des Akkordeono­rchesters ist im Obergescho­ss des Museums viel Platz frei geworden. Frommelt und sein Team wollen den Raum mit einem Raumtrenne­r zweiteilen – in der anderen Hälfte werden dann einige Geräte vorgeführt werden können, wenn alles nach Plan läuft.

So sollen die alten Telefone, Radios und Musikboxen, die Frommelt und Killensber­ger trotz ihres Altersunte­rschiedes beide gleicherma­ßen schätzen, einem noch größeren Publikum gezeigt werden.

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Foto: Benjamin Reif Fabian Frommelt (links) leitet jetzt das Wertinger Radio- und Telefonmus­eum. Sein Vorgänger Otto Killensber­ger hat seine Mitarbeit beendet.

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