Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Zwei Generationen, eine Leidenschaft
Das Wertinger Radio- und Telefonmuseum ist bei Fans in ganz Süddeutschland bekannt. Nun hat Otto Killensberger die Leitung an Fabian Frommelt übergeben. Jetzt soll sich beim Museum manches ändern
Wertingen Die Besucher kämen von weit her, berichten Fabian Frommelt und Otto Killensberger. Vor dem Lockdown streifte eine Gruppe Italiener durch das Radio- und Telefonmuseum, sichtlich in den Bann gezogen von Hunderten Exponaten, die von verschiedenen Epochen der Funk- und Übertragungstechnik zeugen. Und wie die Ausstellungsstücke stammen auch Killensberger und Frommelt aus völlig unterschiedlichen Epochen – Killensberger ist fast exakt dreimal so alt wie Frommelt. Nun übergibt er die Leitung des Museums an den 23-jährigen Wertinger, der locker sein Enkel sein könnte.
Dabei merkt man, dass er auf seinen Nachfolger große Stücke hält. „Der Fabian“, sagt Killensberger, „ist wahnsinnig engagiert.“Solche Leute brauche das Radiomuseum, das in der Wertinger Fèrestraße in einem geschichtsträchtigen Gebäude untergebracht ist. Killensberger selbst hat das Museum gut zehn Jahre lang geleitet, der Wechsel ging schnell und unbürokratisch vonstatten. Seinen Nachfolger Frommelt lernte Killensberger auf einem Flohmarkt in der Schwabenhalle kennen. Frommelt begutachtete Schallplatten der Rolling Stones, Killensberger suchte nach alten Jazzplatten. So kamen sie ins Gespräch: Es gebe da bald einen Vortrag im Radiomuseum über die alte Schallplattentechnik, so Killensberger. Vielleicht sei das ja was? Er sprach genau den Richtigen an, wie sich herausstellte, denn der gelernte
Elektrotechniker Frommelt hat eine besondere Affinität zu „alter“Technik.
Um zu verdeutlichen, warum, zieht er sein Smartphone hervor. „Das ist letztendlich nicht viel mehr als ein Chip und ein Bildschirm“, sagt Frommelt. Sicherlich brillant in der Technik, aber letztlich seelenlos – jedenfalls im Vergleich zu der analogen Technik, welche Radios, Fernsehgeräte und Telefone etwa ein Jahrhundert lang zum Leben erweckt hat.
Geht im Innenleben der alten Geräte, die in allen erdenklichen Formen und Farben in den Ausstellungsräumen des Museums stehen, etwas kaputt, kann sich der Elektrofachmann mit detektivischem Eifer daranmachen, den Grund für die Störung herauszufinden und zu beheben. Und während die neuen, digitalen Geräte oft eine nur geringe Lebensdauer haben, bleiben Radios und andere Geräte aus der „guten alten Zeit“praktisch unbegrenzt haltbar, solange sie gut behandelt werden.
Das wichtigste Utensil für die Pflege steht im Radiomuseum stets bereit: eine Flasche mit dem legendären deutschen Geräteöl Ballistol. „Das braucht man einfach für alles“, sagt Frommelt und lacht.
Derzeit ist das Museum in verschiedene Sammlungen aufgeteilt – begeisterte Sammler vermachten dem Museum ihre Stücke, damit sich die Allgemeinheit daran erfreuen konnte. Doch damit wurden die Ausstellungsräume unübersichtlicher. In einem ersten Schritt solle nun ein originalgetreu nachgebildetes
Wohnzimmer der 1950er-Jahre entstehen, sagt Frommelt.
Durch den Weggang des Akkordeonorchesters ist im Obergeschoss des Museums viel Platz frei geworden. Frommelt und sein Team wollen den Raum mit einem Raumtrenner zweiteilen – in der anderen Hälfte werden dann einige Geräte vorgeführt werden können, wenn alles nach Plan läuft.
So sollen die alten Telefone, Radios und Musikboxen, die Frommelt und Killensberger trotz ihres Altersunterschiedes beide gleichermaßen schätzen, einem noch größeren Publikum gezeigt werden.