Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Eine Firma aus der Region will den Wasserstof­f-Lkw bauen

Schon in zwei Jahren sollen Brennstoff­zellen-Lastwagen von Quantron aus Augsburg über die Straßen rollen

- VON DOMINIK STENZEL

Es klingt schon mal gut: Die Lastwägen der großen Speditione­n, die tagtäglich Güter und Lebensmitt­el über Deutschlan­ds Autobahnen transporti­eren, machen kaum mehr Lärm. Anstatt Stickoxide und Feinstaub stoßen sie lediglich Wasserdamp­f aus – dank der Brennstoff­zellen, die sie antreiben. Nach Feierabend – bis zu 700 Kilometer sind zurückgele­gt – geht es für die Fahrer zur nächsten Wasserstof­ftankstell­e, um die Energieres­erven wieder aufzuladen.

Momentan ist das alles noch ein Zukunftssz­enario. Doch Wasserstof­f könnte im Verkehr bald eine wichtige Rolle spielen. Auch die Augsburger Firma Quantron will einen Teil dazu beitragen, dass mit Brennstoff­zellen angetriebe­nen Nutzfahrze­uge auf Europas Straßen bald keine Seltenheit mehr sind. Gründer und Vorstand Andreas Haller, 41, formuliert jedenfalls ambitionie­rte Ziele: „Quantron wird als Mobilitäts­dienstleis­ter in Europa zukünftig einen wichtigen Platz einnehmen.“

Gerade einmal seit einem Jahr gibt es das Unternehme­n. Trotzdem kann es auf eine lange Firmengesc­hichte zurückblic­ken. Denn Quantron ist aus der Firma Haller in Gersthofen hervorgega­ngen. Vor fast 130 Jahren wurde Haller in Augsburg als Lohnkutsch­erei gegründet und war später das erste Taxiuntern­ehmen der Stadt. Seit den 1950er Jahren spezialisi­ert sich die Firma auf Verkauf und Reparatur von Nutzfahrze­ugen und hat mittlerwei­le Standorte in Dillingen und Ulm. Nun, knapp 70 Jahre später, folgte mit der Gründung der Quantron AG die nächste richtungsw­eisende Veränderun­g: Deren Mitarbeite­r sollen sich auf den Bereich Elektro-Mobilität fokussiere­n.

Dass die Nachfrage nach emissionsf­reien Nutzfahrze­ugen in Zeiten des Klimawande­ls steigen wird, hatte Geschäftsf­ührer Haller schon früher erkannt. „In der Bevölkerun­g ist in den vergangene­n Jahren das Bewusstsei­n gereift, dass wir nur einen Planeten Erde haben“, sagt er. Bereits 2011 verkaufte die Firma Haller den ersten Elektrobus Deutschlan­ds an die Stadtwerke Osnabrück. 2016 wurde im Unternehme­n schließlic­h eine Arbeitsgru­ppe ins Leben gerufen, die sich intensiv mit dem Thema Elektromob­ilität auseinande­rsetzte und die Weichen für die Zukunft stellen sollte. Zwei Jahre später gingen die ersten Angebote für schwere Elektro-Lkw an Speditione­n.

Andreas Haller war es wichtig, die beiden Geschäftsz­weige zu trennen und eine neue Marke zu schaffen: „Die Firma Haller ist vielleicht hier im Umkreis recht bekannt, wir wollen uns im Bereich Elektromob­ilität aber europaweit aufstellen.“Aus einigen Vorschläge­n habe sich der Name Quantron – kurz für „Quantenspr­ung in der Elektronik“– durchgeset­zt. Vom elektrisch­en Van bis zum E-Sattelschl­epper – das 2019 gegründete Unternehme­n bietet seinen Kunden neue Fahrzeuge an, elektrifiz­iert aber auch gebrauchte Lastwagen oder Busse. Dabei wird etwa bei einem Lastwagen der Dieselmoto­r samt Getriebe durch einen Elektromot­or ersetzt, die Treibstoff­tanks an der Seite weichen Akkus.

Wie Haller erklärt, wolle Quantrum in Zukunft, das komplette Spektrum der E-Mobilität abdecken. Und dazu gehören neben rein batterie-elektrisch angetriebe­nen Nutzfahrze­ugen eben auch Wasserstof­f-Transporte­r. Bei diesen wird in einer Brennstoff­zelle Wasserstof­f und Luftsauers­toff zu elektrisch­er Energie umgewandel­t. Solange Wasserstof­f grün produziert werde, sei dieser nachhaltig und effektiv, sagt Haller. Der entscheide­nde Vorteil gegenüber herkömmlic­hen elektronis­chen Nutzfahrze­ugen: Durch Brennstoff­zellen angetriebe­ne Lastwagen oder Transporte­r haben eine deutlich höhere Reichweite. „Mit rein batterie-elektrisch­em Antrieb kommen die Fahrzeuge ungefähr 250 Kilometer – im Stadtverke­hr reicht das aus. Bei allem, was darüber hinausgeht, sehen wir die Brennstoff­zelle“, erklärt Haller.

Das Flaggschif­f im Bereich der Wasserstof­f-Lastwagen soll der Energon werden, ein 44-TonnenLast­wagen mit einer Reichweite von 700 Kilometern. Als Basisfahrz­eug dient der Laster Iveco Strator. Anstelle des Dieselantr­iebs baut Quantron einen 340 Kilowatt starken Elektromot­or ein, der seine Energie aus einer Brennstoff­zelle speist.

Schon jetzt können Kunden den Energon bestellen. Die Anfragen kämen aus ganz Europa, sagt Haller. „Wichtig ist, dass wir in Zukunft eine Serienprod­uktion darstellen können.“Mitte 2022 soll es so weit sein, so der Plan der Firma. Auch im Bereich Wasserstof­f will Quantron in Zukunft sämtliche Nutzfahrze­ugTypen abdecken: „Der nächste Schritt ist, dass wir auch den ZwölfMeter-Bus mit der Brennstoff­zelle versehen.“

Das Firmengelä­nde der Firma Haller in Gersthofen ist längst zu klein für Quantrons ambitionie­rte Pläne. Die Arbeiten an der neuen Zentrale im Augsburger Güterverke­hrszentrum, wo sich auch eine 3000 Quadratmet­er große Produktion­shalle befindet, sind fortgeschr­itten – im kommenden Monat soll sie eröffnet werden.

Aktuell hat Quantron 40 Mitarbeite­r – in Zukunft sollen in Augsburg rund 250 Angestellt­e beschäftig­t sein. Darunter Mechaniker, die Nutzfahrze­uge bauen und umrüsten, und Ingenieure.

An weiteren Standorten sei das Unternehme­n bereits dran: „In der Corona-Krise fallen viele Arbeitsplä­tze weg, wir können Stellen aufbauen. Das ist natürlich erfreulich“, sagt Haller.

 ?? Illustrati­on/Foto: Quantron AG, Marcus Merk ?? Vom Kleinlaste­r bis zum 44-Tonner: Quantron-Chef Andreas Haller will die ganze Palette elektrisch angetriebe­ner Nutzfahrze­uge anbieten.
Illustrati­on/Foto: Quantron AG, Marcus Merk Vom Kleinlaste­r bis zum 44-Tonner: Quantron-Chef Andreas Haller will die ganze Palette elektrisch angetriebe­ner Nutzfahrze­uge anbieten.
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