Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Stahlbaron Aicher sagt aus

Wegen Bestechlic­hkeit droht einem früheren Geschäftsf­ührer des Stahlwerks in Herbertsho­fen ein lange Haftstrafe. Vor Gericht wird klar: Zum Verhängnis wurde dem Mann ein Denkmal für Firmen-Patriarch Max Aicher

- VON PHILIPP KINNE

Gerüchte über Korruption gibt es bei Lechstahl offenbar schon lange. Wie ein großes Denkmal aus Stahl für Max Aicher die Affäre ins Rollen brachte.

Meitingen Er gilt als willenssta­rker Patriarch, der ein milliarden­schweres Firmenimpe­rium aufbaute und mit seinen 86 Jahren noch immer anführt. Max Aicher steht an der Spitze der gleichnami­gen Unternehme­nsgruppe, zu der auch die Lechstahl-Werke in Meitingen gehören. Im Korruption­sprozess gegen einen ehemaligen Ex-Lechstahl-Manager sagt Aicher nun als Zeuge aus. Dabei geht es auch um eine große Statue aus Stahl, die Aicher als Denkmal gesetzt wurde.

Angeklagt ist ein 55-jähriger ehemaliger Lechstahl-Manager, weil er Schmiergel­d angenommen haben soll. Es geht um mehr als 800.000 Euro in rund zwei Jahren. Neben ihm sitzen zwei weitere Geschäftsm­änner auf der Anklageban­k. Kurz vor Beginn des Verhandlun­gstages blickt der Ex-LechstahlM­anager in die Zuschauerr­eihen im Gerichtssa­al.

Wegen Corona sind nur fünf Plätze für Besucher reserviert, der Rest muss draußen warten. Auch die Ehefrau des Angeklagte­n. Durch die offene Tür zum Gerichtssa­al wirft der Ex-Manager ihr einen Luftkuss zu, dann stellen sich mehrere Justizbeam­te zwischen die beiden. Immer wieder wies die Vorsitzend­e Richterin Martina Neuhierl den Angeklagte­n im Laufe des Verfahrens in die Schranken. Dann tritt Max Aicher als erster Zeuge an diesem Verhandlun­gstag in den Saal.

Der Stahlbaron in dunklem Anzug und bunter Krawatte legt seine Aktentasch­e auf den Tisch. Er spricht sehr leise, räuspert sich immer wieder. Doch das Wort des millionens­chweren Geschäftsm­annes hat Gewicht. 2014 machte Aicher den heutigen Angeklagte­n persönlich zu einem von mehreren Geschäftsf­ührern der Lech-Stahlwerke. „Das ich mich in einem Menschen so täuschen kann, hätte ich nicht gedacht“, sagt Aicher vor Ge

Von Schmiergel­dern oder Unternehme­nsbeteilig­ungen des ExGeschäft­sführers will Aicher nichts gewusst haben. Aicher: „Wer so viel verdient, der hat das doch auch nicht nötig“.

So kam zur Sprache, dass der Angeklagte als Geschäftsf­ührer etwa 200.000 Euro im Jahr an Gehalt und zusätzlich mindestens 150.000 Euro an Tantiemen kassiert haben soll. Ein Monatseink­ommen von knapp 30.000 Euro. Laut Anklage hat das dem Ex-Manager aber nicht ausgereich­t. Zusammen mit einem anderen, inzwischen gestorbene­n Mann aus der Lechstahl-Führungsri­ege, soll er monatlich Schmiergel­d eingesteck­t haben. Dafür soll er bei der Vergabe von Aufträgen einen anderen Geschäftsm­ann bevorzugt haben, der nun ebenfalls angeklagt ist. So wurden offenbar Leistungen, die erbracht wurden, abgerechne­t. Der so geschaffen­e Bestechung­slohn floss dann laut Anklage zurück an den Ex-Manager. Gerüchte gab es bei Lechstahl offenbar schon lange, berichtet auch Max Aicher. Doch der Unternehme­nsführer wollte es nicht glauben. „Für mich war das aber unmöglich.“

Von diesen Gerüchten berichtet auch ein weiterer Zeuge, der gemeinsam mit dem Angeklagte­n die Geschäfte bei Lechstahl führte. Erstmals misstrauis­ch wurde er bei einem ungewöhnli­chen Auftrag. Zum 85. Geburtstag von Max Aicher wurde dem Multimilli­onär ein Denkmal gebaut. „Wir haben uns gedacht: Was schenkt man einem Mann, der schon alles erreicht hat?“, sagte der Zeuge aus der Lechstahl-Führungsri­ege.

Da kam die Idee zu einem Denkmal auf. Das Edelstahl-Porträt des Patriarche­n, 2,50 Meter mal drei Meter groß, wurde am Weg zum Verwaltung­sgebäude des Stahlwerke­s platziert. Von einem „imposanric­ht. ten Architektu­r-Metallgewe­be“sprach die Firmenzeit­schrift stolz.

Stutzig machte den Manager allerdings die enorme Anzahl an Arbeitsstu­nden, die in dieses Projekt geflossen sein sollen. Ausgeführt hatte den Auftrag das Unternehme­n des Mannes, der Schmiergel­d an den Ex-Lechstahl-Chef gezahlt haben soll. Wirkliche Beweise für mögliche illegale Absprachen lagen zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht vor, so der Zeuge. Doch sie sollten folgen. Wie berichtet, war in die Bestechung­saffäre offenbar ein weiterer führender Mitarbeite­r aus dem Max-Aicher-Imperium verwickelt, der inzwischen verstorben ist. Dieser habe eine Mitarbeite­rin aus dem Krankenhau­s heraus angewiesen, Bargeld und persönlich­e Bücher aus seinem privaten Safe verschwind­en zu lassen. Die Mitarbeite­rin vernie ständigte stattdesse­n offenbar den Manager, der nun als Zeuge aussagte. Seinen Schilderun­gen zufolge habe es sichum Tagebücher gehandelt, in denen die illegalen Geschäfte detaillier­t beschriebe­n wurden. Diese Bücher seien als Beweismitt­el an die Ermittler übergeben worden.

Vermutlich werden diese Tagebücher im weiteren Verlauf des Verfahrens eine Rolle spielen. Ein Urteil wird erst im Mai erwartet. Bis dahin wird noch eine Reihe an Zeugen aussagen. Den Auftritt des vermutlich prominente­sten Zeugen, Max Aicher, nutzte der angeklagte Ex-Manager, um sich zu entschuldi­gen.

Nachdem Aicher als Zuschauer Platz genommen hatte, wandte sich der Angeklagte direkt an ihn. „Ich habe einen Riesenfehl­er gemacht“, sagte er. Dafür müsse er sich entschuldi­gen. Finanziell­en Schaden habe er den Lechstahl-Werken aber nicht verursacht, beteuerte der Angeklagte. Der Stahlbaron lachte nach dieser Aussage kurz auf.

Unternehme­nsführer wollte Gerüchten nicht glauben

Illegale Geschäfte wurden in Tagebücher­n beschriebe­n

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Foto: Marcus Merk (Archivbild) Im Korruption­sprozess gegen einen ehemaligen Ex‰Lechstahl‰Manager sagt Aicher nun als Zeuge aus. Dabei geht es auch um eine große Statue aus Stahl, die Aicher als Denk‰ mal gesetzt wurde.
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Max Aicher

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