Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Mehr Träume als Pläne

Heute startet die Reisemesse ITB – in digitaler Version

- VON LILO SOLCHER

Augsburg/Berlin Für Tourismusf­orscher Martin Lohmann sind die Auswirkung­en der Pandemie „beispiello­s“. Haben sie doch seit Ende des Jahres den Urlaubstou­rismus fast vollständi­g zum Erliegen gebracht. Lohmann stellte am Montag die ersten Ergebnisse der Reiseanaly­se der Forschungs­gemeinscha­ft Urlaub und Reise (FUR) zum Auftakt der Internatio­nalen TourismusB­örse (ITB) vor. Trotz Corona träumen die Deutschen aber weiter vom Reisen. Allerdings schmieden laut der Reiseanaly­se weniger konkrete Pläne. Aber aus Träumen könnten auch Reisen werden, gibt Lohmann zu bedenken – wenn denn die Rahmenbedi­ngungen stimmen. Und die Kasse gefüllt ist.

Die eigene wirtschaft­liche Lage schätzten immerhin 68 Prozent der Befragten als gleichblei­bend, zwölf Prozent sogar als besser ein, während die allgemeine wirtschaft­liche Lage von 59 Prozent als „schlecht“eingestuft wird. Entspreche­nd haben nur 14 Prozent keine Urlaubsabs­ichten, und 38 Prozent sind unsicher. 49 Prozent aber wollen reisen, 21 Prozent davon mit festem Ziel. Für diese Pläne sind eine Geld-zurück-Garantie, flexible Buchungsko­nditionen und Hygienemaß­nahmen vor Ort wichtig. Nur wenige befürchten, im Urlaub zu erkranken.

Im ersten Corona-Jahr 2020 lagen die Gesamtausg­aben der Deutschen für Reisen mit 45 Milliarden auf dem Niveau der späten 1980er Jahre. Trotz deutlich gesunkener Nachfrage war, so Lohmann, „noch anständig was unterwegs“. Vorwiegend im Inland. Und da lag Bayern als Ziel an der Spitze vor Mecklenbur­g-Vorpommern und Schleswig Holstein. Im europäisch­en Ausland war Spanien vor Italien und Österreich gefragt, wobei alle Länder Verluste hinnehmen mussten – nur die Niederland­e und die Schweiz konnten zulegen. Bei den Verkehrsmi­tteln lag das Auto vorne, das Flugzeug befand sich im Sinkflug. Pauschalre­isen waren rückläufig, und der Trend zu Online-Buchungen hat sich verstärkt.

Corona hat auch in der Reiseindus­trie den Trend zur Digitalisi­erung beschleuni­gt, wie Michael Buller vom Verband Internet Reisevertr­ieb (VIR) mitteilte. Die Corona-App ist für den Manager allerdings ein „totaler Fehlschuss“. Eine App muss seiner Meinung nach in der Lage sein, Infektions­herde auszumache­n. Auch dass die Touristik bei den gerade vereinbart­en Öffnungssc­hritten gar nicht vorkommt, ärgert Buller. „Wir werden seit Monaten ignoriert“, kritisiert er. Und das, obwohl die Touristik vier Prozent zum Bruttoinla­ndsprodukt beitrage.

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