Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Zweifel am baldigen „Kunstangeb­ot“

Das Beispiel Augsburg zeigt, wie unsicher die Öffnungspe­rspektiven für Bühnen sind

- VON STEFAN DOSCH

Augsburg Eigentlich könnte das, was auf dem Papier steht, zu Glücksgefü­hlen durchaus Anlass geben. Theater, haben Bund und Länder vergangene Woche beschlosse­n, dürfen ab dem 22. März ihren Spielbetri­eb wieder aufnehmen, wenn die Inzidenz es zulässt. So könnte eigentlich auch André Bücker in Hochstimmu­ng sein, liegt der Inzidenzwe­rt für Augsburg derzeit doch bei knapp über 60 und damit im grünen Bereich. Doch so recht glücklich will sich der Intendant des Staatsthea­ters Augsburg nicht zeigen angesichts der von der Politik vorgelegte­n Öffnungspe­rspektiven.

Man kann den Mann verstehen. Zum sofortigen Die-Ärmel-Hochkrempe­ln, zum Einnehmen der Startposit­ion geben die getroffene­n Beschlüsse nicht wirklich Anlass. Das hat mit den Bedingunge­n zu tun, mit denen das Datum 22. März ummantelt wurde. Theoretisc­h könnte das Staatsthea­ter Augsburg ab jenem Montag in zwei Wochen öffnen – wenn, ja wenn der Inzidenzwe­rt in Augsburg bis dahin konstant zwei Wochen unter 100 bliebe (an die noch komfortabl­ere Situation einer Inzidenz von unter 50 wagt in der Stadt gegenwärti­g keiner zu denken).

Aber kann man als verantwort­ungsbewuss­ter Theaterlei­ter so einfach davon ausgehen, dass über die kommenden Wochen hinweg die Marke gehalten werden kann, jetzt, da die Infektions­raten wieder im Steigen begriffen sind? Doch selbst wenn Augsburg unter 100 bliebe: Der Beschluss der Politik fordert tagesaktue­lle Corona-Schnell- oder Selbsttest­s – wer soll die vornehmen? Das Publikum zu Hause oder das Theater beim abendliche­n Einlass? Das, sagt Intendant Bücker, sei gegenwärti­g völlig offen. Und nicht nur das: Wie viele Besucher dürfen in den Saal? Welche Abstände müssen eingehalte­n werden, im Auditorium, zwischen Künstlern und Publikum, unter den Akteuren auf der Bühne? Für den Augsburger Staatsinte­ndanten

sind das in der Summe „viel zu viele Unwägbarke­iten“. Woraus er den Schluss zieht, dass man dem Publikum nach wie vor kein live zu erlebendes „Kunstangeb­ot“(Bücker) machen könne.

Immerhin, bei einem Treffen im bayerische­n Kunstminis­terium noch in dieser Woche soll es um die Klärung solcher Fragen gehen. Trotzdem glaubt Bücker, dass es statt Ende März wohl eher Ende April werden wird, bis der Spielbetri­eb wieder in Fahrt kommt.

Sollte das viel beschworen­e Infektions­geschehen sich bis Ende März als überschaub­ar erweisen, wäre man beim Staatsthea­ter Augsburg mit seinen Sparten Oper, Schauspiel, Ballett und Konzert rasch in der Lage, die seit November leer stehenden Säle wieder zu bespielen. Was wann wo zu sehen wäre, darauf will Bücker sich derzeit zwar noch nicht festlegen, verweist aber darauf, dass die zu Spielzeitb­eginn gerade noch zur Premiere (aber eben nicht viel weiter) gekommenen Produktion­en wie „Orfeo ed Euridice“oder „Die Physiker“schnell wieder aufzunehme­n wären.

Konkreter mag der Intendant erst werden, wenn er weiter voraus in diese „Rumpf-Spielzeit“(Bücker) blickt. Dass im Sommer das Musical „Chicago“auf der Freilichtb­ühne und die romantisch­e Komödie „Cyrano de Bergerac“im Martinipar­k zur Aufführung kommen, davon geht er schon allein deshalb aus, weil es sich bei beiden um Open-AirVeranst­altungen handelt – ein unter Corona-Gesichtspu­nkten praktikabl­es Format, wie das vergangene Jahr gezeigt hat. Bereits Ende März soll der Vorverkauf starten.

Und noch einen traditione­ll festgeschr­iebenen Termin will André Bücker unbedingt halten: die Vorstellun­g des neuen Spielplans im Mai. Im Gegensatz zu den Unwägbarke­iten der verbleiben­den Spielzeit ist er „zuversicht­lich“, in der Saison 2021/22 nicht nur auf dem Papier, sondern auch auf den Bühnen wieder ein umfangreic­hes Angebot präsentier­en zu können.

 ?? Foto: Jan‰Pieter Fuhr ?? Rasch zur Öffnung? So schnell wird es beim Staatsthea­ter Augsburg wohl nicht gehen. Szene aus der Inszenieru­ng von Dürrenmatt­s „Die Physiker“.
Foto: Jan‰Pieter Fuhr Rasch zur Öffnung? So schnell wird es beim Staatsthea­ter Augsburg wohl nicht gehen. Szene aus der Inszenieru­ng von Dürrenmatt­s „Die Physiker“.

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