Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Wenn die Stromkosten zum Problem werden
500 Kunden erhalten jedes Jahr von den Stadtwerken Augsburg eine Sperrandrohung. Mitarbeiter eines Stromspar-Teams gehen davon aus, dass durch Corona der Verbrauch noch steigt
In den vergangenen Jahren ist der Strompreis gestiegen. Für viele Augsburger bedeutete das höhere Abschlagszahlungen. Durch die Corona-Pandemie steigt zudem der eigene Stromverbrauch: Arbeiten und Unterricht von zu Hause aus finden vor dem Computer statt, mittags gibt es Selbstgekochtes statt ein Essen in der Kantine oder Mensa. „Nachdem viele Menschen in der Corona-Zeit lange zu Hause sind, werden die Stromkosten merklich teurer“, warnt Sunni Strewe vom Stromspar-Team des SKM Augsburg.
In den Jahren 2016 bis 2018 war der Strompreis bei den Stadtwerken stabil. „Auch seit dem 1. Januar 2020 halten wir den Endkundenpreis konstant“, informiert Stadtwerkesprecher Jürgen Fergg. Es habe zwei Erhöhungen des Strompreises in den vergangenen fünf Jahren gegeben – zum 1. Januar 2019 und zum 1. Januar 2020. Umgerechnet mache die Strompreissteigerung von 2016 bis heute etwa 62 Euro für einen durchschnittlichen Augsburger Haushalt im GrundversorgungsTarif (2400 Kilowattstunden pro Jahr) aus, beziehungsweise zwölf Euro pro Jahr, so Fergg: „Das sind über die fünf Jahre eine Steigerung von 1,5 Prozent jährlich.“
Rund zwei Drittel der Preissteigerung der vergangenen fünf Jahre, also etwa 40 der 62 Euro, machen Steuern, Abgaben, Umlagen, sowie die staatlich regulierte Netznutzung und Messstellenbetrieb aus. „Sie sind vom Stromanbieter nicht beeinflussbar“, betont der Stadtwerkesprecher.
Die Anzahl der Kunden, die ihre Stromrechnung nicht begleichen könnten, habe sich nicht erhöht. Sie sei konstant geblieben, so Fergg. „Wir versenden rund 10.000 Mahnungen pro Jahr, vor allem an Firmen. Die erste Mahnung wird in aller Regel beglichen.“Rund 500 Kunden der Augsburger Stadtwerke erhalten pro Monat eine Sperrandrohung. Sperrungen erfolgten derzeit aber nur in Ausnahmefällen. Jürgen Fergg: „Wir vereinbaren mit dem notwendigen Fingerspitzengefühl individuelle und der Situation angepasste Lösungen – etwa durch Kurzarbeit bedingte Zahlungsschwierigkeiten.“Wichtig sei es, dass der Kunde sich bei Zahlungsschwierigkeiten frühzeitig, am besten nach Erhalt der ersten Mahnung, melde.
Viele Kunden, die ihre Rechnungen nicht bezahlen, hätten in der Regel Anspruch auf Sozialleistungen
wie Hartz IV, Grundsicherung oder Mietkostenzuschüsse. Die Stadtwerke arbeiten hier mit den Sozialbehörden zusammen, aber auch mit freien Trägern wie etwa dem SKM. Der bietet Energieberatung an. „Wir bilden dort etwa
Energie-Checker aus, die weniger betuchten Haushalten helfen, Strom zu sparen.“
Sunni Strewe leitet das Team der Energie-Checker. Wer Sozialleistungen bezieht oder nur über eine geringe Rente verfügt, kann sich von ihnen kostenlos beraten lassen. Das Team ist gut aufgestellt: Normalerweise findet die persönliche Beratung im Haushalt statt, damit die Energie-Checker gleich vor Ort alle Energiefresser ausmachen können. In Zeiten des Lockdowns fanden die Beratungsgespräche aber auch am Telefon oder per VideoChat statt, so Sunni Strewe. Den Stromspar-Check gibt es bundesweit seit 2008. Es ist ein gemeinsames Angebot des Deutschen Caritasverbandes und des Bundesverbandes der Energie- und Klimaschutzagenturen Deutschlands, das vom Bundesumweltministerium gefördert wird. So sollen Energiearmut bekämpft und Klimaschutzziele erreicht werden.
Für viele Augsburger werde es aufgrund der Corona-Pandemie noch ein böses Erwachen geben, wenn eine mögliche Nachzahlung und die Berechnung des neuen Abschlags kommt, ist sich Sunni Strewe sicher. In ihrer Arbeit zeigt sie, an welchen Stellschrauben gedreht werden kann, damit der Verbrauch sinkt. „Ein Kühlschrank, in dem das Kühlfach vereist ist, frisst total viel Strom. Deshalb sollte regelmäßig abgetaut und das Kühlfach gefüllt werden. Wenn sich darin keine Nahrungsmittel befinden, dann lieber mit Styropor füllen, anstatt leer lassen“, rät sie. Durchlauferhitzer müssten nicht auf 50 oder 60 Grad gestellt sein. „Da reichen 43 Grad“, weiß die Fachfrau. Ein Trockner sei auch alles andere als ein energiesparendes Haushaltsgerät, deshalb sollte die Wäsche lieber an der frischen Luft oder in unbeheizten, gut durchlüfteten Räumen getrocknet werden. „Wenn der Kühlschrank älter ist als zehn Jahre, gibt es aus Bundesmitteln sogar eine Förderung von 100 Euro für ein neues Gerät“, sagt Sunni Strewe.