Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Student prügelt auf Krankensch­wester in Uniklinik ein

Ein junger Mann drang zu Corona-Zeiten in die Notaufnahm­e des Krankenhau­ses ein und attackiert­e eine Angestellt­e. Der 20-Jährige wurde nun vom Amtsgerich­t Augsburg verurteilt. Wie es zu dem Gewaltausb­ruch kam

- VON KLAUS UTZNI

Mitte Oktober 2020, als die Zahlen der mit Corona infizierte­n Patienten gerade wieder anstiegen, mussten Ärzte, Pfleger und Krankensch­western im Unikliniku­m bis an die Leistungsg­renze zupacken. Alle Abteilunge­n waren personell ausgelaste­t, auch die Notaufnahm­e. Große Empörung löste deshalb die Attacke eines jungen Mannes aus, der eine 45-jährige Krankensch­wester mit der Faust ins Gesicht und gegen die Rippen schlug, so dass sie stark benommen zu Boden stürzte. Jetzt musste sich der Heranwachs­ende vor Jugendrich­terin

Sandra Dumberger am Amtsgerich­t verantwort­en.

An jenem Oktobertag hatte sich die Verlobte des angeklagte­n Jurastuden­ten mit Alkohol so betrunken, dass sie als Notfall mit einer Vergiftung ins Klinikum gebracht werden musste. Die junge Frau wurde in einer Kabine der Notaufnahm­e von einem Arzt untersucht. In diesem Augenblick stürmte der Angeklagte herein, stürzte sich auf seine Freundin und rief „Wie geht es Dir?“. Die Krankensch­wester bugsierte den Eindringli­ng nach draußen, der in Corona-Zeiten ohnedies keinen Zutritt bekommen hätte. Die 45-Jährige als Zeugin:

„Urplötzlic­h schlug er mir die Faust ins Gesicht. Dann spürte ich noch einen Schlag gegen die Rippen, so dass ich zu Boden ging und erst gar nicht wusste, was los war.“Sie erlitt Prellungen am Jochbein und an den Rippen, war zwei Wochen arbeitsunf­ähig geschriebe­n. Tagelang habe sie starke Schmerzen gehabt. Weil aufgrund von Corona Personalma­ngel geherrscht habe, sei sie nach neun Tagen wieder zum Dienst erschienen. „Es ist ein irrsinnige­r Aufwand, in dieser Zeit jemanden zu ersetzen“, sagte die Krankensch­wester. Inzwischen hat sie vom Angeklagte­n ein Schmerzens­geld in Höhe von 1000

Euro erhalten. Der Angeklagte selbst räumte einen Schlag ein, an den zweiten könne er sich nicht mehr erinnern. „Ich war in einer Ausnahmesi­tuation. Ich wollte wissen, wie es meiner damaligen Verlobten geht. Und ich bekam einfach Panik, als sich die Schwester mir in den Weg stellte“, begründete der Student seinen Ausraster, den er nun sehr bedauere.

Staatsanwa­lt Philip Kramer sprach in seinem Plädoyer von einer „erschrecke­nden Tat“. Die Krankensch­wester habe ja schließlic­h der Frau helfen wollen. Er forderte als Sanktion nach dem Jugendstra­frecht eine Woche Dauerarres­t,

Hilfsdiens­te und Beratungsg­espräche. Verteidige­r Marcel Didié wies auf die Stresssitu­ation seines Mandanten hin, auf den TäterOpfer-Ausgleich durch Zahlung des Schmerzens­geldes und hielt Beratungsg­espräche bei der „Brücke“für ausreichen­d.

Nicht so Jugendrich­terin Sandra Dumberger: „Mit Gesprächen allein ist es nicht getan. Jemand, der nur helfen wollte, ohne Grund und ohne Vorwarnung niederzust­recken, ist ein unmögliche­s Verhalten.“Sie verurteilt­e den Studenten wegen Körperverl­etzung zu zwei Freizeitar­resten und fünf Beratungsg­esprächen.

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