Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Wie Händler die Lockerungen bewerten
In Augsburg dürfen die meisten Geschäfte nur unter strengen Auflagen öffnen – doch viele sind auch darüber froh. Und selbst für spontane Kunden gibt es beim „Terminshopping“eine Chance
Die Mitarbeiterin bei „Bücher Pustet“freut sich sichtlich. Erstmals seit dem Lockdown im Dezember hat die Filiale des Buchhändlers in der Karolinenstraße in Augsburg wieder regulär geöffnet. Ein Kunde spricht die Verkäuferin an, fragt sie, wie es ihr damit gehe. „Ein bisschen surreal“sei das nach dieser langen Zeit, meint sie. „Aber es ist schön, dass es endlich wieder losgeht.“Buchhändler gehören neben Baumärkten und Gärtnereien zu jener exklusiven Auswahl an Branchen, die ihre Geschäfte – unter Hygieneauflagen – wieder weitgehend normal öffnen dürfen, unabhängig vom örtlichen Infektionsgeschehen.
Andere Geschäfte in der Augsburger Innenstadt, etwa Modehändler, können ihre Kunden zwar auch wieder empfangen – aber nur beim sogenannten „Terminshopping“. Weil die Sieben-Tage-Inzidenz in der Stadt Augsburg über 50 liegt, darf der Handel nur eingeschränkt öffnen. Anders sieht es im benachbarten Landkreis Aichach-Friedberg mit seinen niedrigen Infektionszahlen aus. Hier dürfen alle Geschäfte öffnen – und viele Augsburger pilgern schon am Montag zum Einkaufen vor allem in die Nachbarstadt Friedberg.
Auch wenn es noch starke Einschränkungen für den Handel in Augsburg gibt, in der Innenstadt sind am Montag mehr Menschen unterwegs als in den vergangenen Wochen. Manche Geschäfte haben noch zu, etwa die Filiale der Modekette H&M, andere bieten dagegen schon Terminshopping an – oder „Click and Meet“, wie es auch genannt wird. Claudia Michl, Inhaberin des Modegeschäfts XL mit Pfiff, probiert es aus. Sie sagt: „Bei Click & Collect wird natürlich die Kleidung oft zurückgegeben, wenn die Größe nicht passt. Gerade bei XL-Mode ist das schwierig.“Deshalb wolle sie Click & Meet auf jeden Fall anbieten, da es durchaus Erleichterung schaffe.
Nach einer Terminvereinbarung per Telefon, WhatsApp oder Mail könne man wie zu normalen Zeiten im Laden einkaufen, nur eben mit Maske und Kontaktdatenerfassung.
Trotzdem, ist sie überzeugt, wird auch Click & Meet nicht besonders rentabel sein. „Bei uns ist sowieso im Normalfall nicht mehr los, als die Beschränkung zulässt. Die Terminvergabe ist so gesehen ein unnötiger Aufwand“, so die Inhaberin. Kunden, mit denen sie telefoniert habe, seien verwirrt. „Im Baumarkt darf ein Kunde pro 20 Quadratmeter rein, bei uns einer pro 40. Das ist sowohl für uns als auch für die Kunden undurchsichtig“, meint Michl. „Und auch das Innenstadt-Bummelgefühl wird weiter fehlen.“Die Rückkehr zur normalen Einkaufsrealität liege damit noch in weiter Ferne.
Tatsächlich wird das mit der Anmeldung am Montag unterschiedlich gehandhabt. An manchen Geschäften hängen Schilder und Zettel, die Terminreservierung muss hier über Telefon oder Internet erfolgen. Andere haben ihre Tür geöffnet und es reicht, beim Betreten des Geschäfts die Daten anzugeben. Wenn Platz ist, kann man also auch spontan einkaufen. Gerhard Peter, Inhaber des Modegeschäfts Bienenkorb, sieht das neue Konzept positiv: „Es kehrt ein Stück Normalität zurück.“Zwar gebe es noch immer die Hygienevorschriften, doch könne ein weitgehend normales Shoppinggefühl wieder ermöglicht werden. „Der Kunde braucht bei uns auch keine Scheu haben, dass er fünf Tage vorher schon einen Termin ausmachen muss“, so der Inhaber. „Wenn man gerade in der Stadt ist, kann man auch schnell bei uns vorbeischauen, wenn wir gerade einen Termin frei haben, kann der Kunde auch gleich rein.“Gerne könne man auch spontan anrufen und fragen, ob man kommen dürfe.
Auch bei Samobie im Bismarckviertel wird Click & Meet angeboten. „Wir werden das schon wuppen“, sagt Gabriele Obermeier, Inhaberin des Ladens für handgefertigte Kleidungsstücke. „Natürlich müssen wir flexibel bleiben. Wenn der Inzidenzwert wieder zu hoch ist, dann müssen wir das Konzept halt wieder ändern.“Aber sie sei voller Hoffnung. Nach Terminvereinbarung per Telefon oder auch über Facebook und Co. könne man im Laden shoppen so wie immer, natürlich mit Maske. Allerdings dürfe nur ein Kunde im Laden sein, also ohne Begleitung. „Wir sind jetzt sowieso kein Laden, wo ewig viele gleichzeitig rumwuseln, deshalb ist die Begrenzung nicht so schlimm für uns“, sagt die Designerin.
Auch in der City-Galerie bieten Geschäfte die neue Form des Einkaufens an. Das Terminshopping sorge dafür, dass es zu keinen Menschenansammlungen in der City-Galerie kommen werde, ist Center-Manager
Axel Haug überzeugt. Buchen muss man die Einkaufstermine direkt bei den einzelnen Geschäften – je nachdem, wie sie das organisieren. Eine echte Alternative zum normalen Geschäft ist Click & Meet nach Einschätzung von Axel Haug nicht. Da die Kosten für Personal und Ladenbetrieb höher als die Umsätze sein dürften, sei das Angebot ein kaum rentables Geschäft. „Ich hoffe inständig, dass die Händler ihre Geschäfte bald wieder normal öffnen dürfen.“
Gemischte Gefühle auch beim Handelsverband. Der Bezirksgeschäftsführer für Schwaben, Andreas Gärtner, sagt: „Wir sind heilfroh, dass sich überhaupt was bewegt hat.“Click & Meet stehe er dennoch zwiegespalten gegenüber. Für einige Branchen sei es eine Chance. „Je beratungsintensiver die Branche, desto besser.“Für kleine Betriebe, die auch regulär nicht so viele Kunden im Laden haben, könne es rentabel sein. „Ein großer Händler jedoch, der normal 500 Kunden am Tag empfängt, wird sich extrem schwertun, ein rentables Click-&-MeetKonzept zu haben.“
Sorgen wie diese haben die Händler jenseits der Stadtgrenze in Friedberg am Montag nicht. Die Parkplätze vor dem Möbelhaus Segmüller und im benachbarten Fachmarktzentrum sind gut gefüllt. Viele Augsburger Kennzeichen sind darunter. Nicht nur in der Stadt, auch im Landkreis Augsburg ist die Inzidenz so hoch, dass es derzeit nur für Terminshopping reicht. Bei Sport Förg in Friedberg freut man sich über die Kunden. Geschäftsführer Christoph Schmid: „Die letzten Wochen sind uns ganz schön auf das Gemüt gegangen. Vor allem weil keine Perspektiven aufgezeigt wurden vonseiten der Politik. Wir sind nun sehr erleichtert, dass wir wieder öffnen dürfen.“
Laut Schmid waren es am Montag sogar mehr Autos als an einem normalen Samstag. Alle Kunden seien dankbar und jeder habe etwas gekauft. Der Förg-Geschäftsführer hofft, dass das auch so bleibt: „Nun ist es wichtig, dass wir auch längerfristig geöffnet haben dürfen und die Zahlen nicht wieder ansteigen. Sonst würde das Ganze wieder von vorne losgehen, und das will keiner.“