Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Union plant schärfere Regeln für Abgeordnet­e

Nach der Masken-Affäre bemühen sich CDU und CSU um Schadensbe­grenzung

- VON ULI BACHMEIER, CHRISTIAN GRIMM UND STEFAN LANGE

Berlin/München Nach dem Skandal um krumme Geschäfte mit CoronaMask­en versucht die Union verlorenes Wählervert­rauen zurückzuge­winnen. Der Vorsitzend­e der Bundestags­fraktion, Ralph Brinkhaus, und CSU-Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt machen in einem Brief an alle Abgeordnet­en klar, dass die Vorgänge „mit großer Konsequenz“aufgeklärt werden sollen. Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU) will eine Liste mit den Namen der Abgeordnet­en vorlegen, die sich in Sachen Maskenbesc­haffung bei ihm gemeldet haben. Die Angst geht um, dass darunter weitere Parlamenta­rier sind, die sich bereichert haben.

Brinkhaus und Dobrindt betonen in dem Brief, der unserer Redaktion vorliegt, Abgeordnet­er zu sein, sei Ehre und Verpflicht­ung zugleich. Zur Wahrheit gehöre aber auch, „dass einige Mitglieder unserer Fraktion diesem moralisch-ethischen Anspruch nicht gerecht geworden sind“. Unionsfrak­tionsvize Thorsten Frei weist darauf hin, dass es rechtlich nicht so leicht ist, einen Abgeordnet­en loszuwerde­n. Deswegen sei das eine Frage von Haltung und Moral. Die Fraktion will sich einen Verhaltens­kodex geben und die finanziell­en Verflechtu­ngen ihrer Abgeordnet­en durchleuch­ten. FDP-Fraktionsc­hef Christian Lindner ruft Spahn auf, nicht nur die Namen der Abgeordnet­en zu veröffentl­ichen, die sich für Maskenlief­erungen verwendet haben. Viel wichtiger sei, zu wissen, wer in seiner Funktion als Parlamenta­rier Druck auf staatliche Stellen ausgeübt oder sich sogar bereichert habe.

Auch in der CSU wächst die Nervosität, zumal mit Georg Nüßlein einer der „Masken-Raffkes“aus ihren Reihen kommt. Der Bundestags­abgeordnet­e trat zwar am Montag aus der Partei aus, aber der

Druck auf die CSU bleibt hoch – auch im Bayerische­n Landtag. „Ich persönlich schließe Änderungen der Verhaltens­regeln nicht aus. Aber sie müssen auch wirksam und praktikabe­l sein“, sagt CSU-Fraktionsc­hef Thomas Kreuzer unserer Redaktion und fügt hinzu: „Es ist absolut unanständi­g für Abgeordnet­e, unter Nutzung des Mandats in Zusammenha­ng mit Masken oder sonstigen Beschaffun­gen in der CoronaKris­e auch privat Gelder zu beziehen.“Der Frage, ob auch CSULandtag­sabgeordne­te unsaubere Geschäfte gemacht haben, geht Kreuzer zurzeit nach. „Ich habe bei unseren Abgeordnet­en nachgefrag­t, ob jemand im Zusammenha­ng mit Masken-Geschäften Provisione­n oder Entgelte erhalten hat. Binnen 24 Stunden hat bereits die Hälfte meiner Kollegen mit Nein geantworte­t. Ich gehe davon aus, dass meine Fraktionsm­itglieder von derlei zweifelhaf­ten Geschäften nicht betroffen sind“, sagt Kreuzer.

SPD-Fraktionsc­hef Horst Arnold fordert ihn auf, „eidesstatt­liche Versicheru­ngen von seinen Leuten einzuholen“. Er spricht sich für eine klare Regel aus, wonach kein Geschäft mit einem Abgeordnet­enmandat in Verbindung stehen dürfe. Allerdings sollte unter dem Eindruck der Affäre jetzt auch „keine Hexenjagd“veranstalt­et werden. Grundlegen­de Rechte wie das Anwaltsgeh­eimnis müssten weiterhin „unumstößli­ch“gelten.

Grünen-Fraktionsc­hefin Katharina Schulze erinnert daran, dass sich die CSU im Jahr 2013 nach der „Verwandten­affäre“einer Verschärfu­ng der Regeln für Abgeordnet­e verweigert habe. Schulze fordert zum Beispiel, dass Abgeordnet­e es melden müssen, wenn sie in Geschäfte mit der Staatsregi­erung involviert sind. Außerdem müsse klarer geregelt werden, dass es keine Gegenleist­ungen für Abgeordnet­entätigkei­t geben darf und dass Nebeneinkü­nfte „auf Euro und Cent“offengeleg­t werden. »Politik

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