Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Übertritt: So finden Familien jetzt die passende Schule
Die mögliche neue Schule bei einem Besuch aussuchen – das fällt in diesem Jahr aus. So behelfen sich die Schulen. Aber wie viele Kinder wollen überhaupt kommen?
Landkreis Augsburg Welche Viertklässlerin und welcher Viertklässler wird da nicht schwach? Schulhund Pippa ist der Star des Vorstellungsvideos, das die Realschule Neusäß vor wenigen Wochen gedreht hat. Mit dem Clip will sich die Schule bei den Grundschülern vorstellen, für die jetzt der Übertritt an eine weiterführende Schule ansteht. Weil ein Rundgang durchs Schulhaus gerade nicht möglich ist, flitzt also Pippa mit fliegenden Ohren und wedelndem Schwanz durch die Gänge. Doch die Realschule Neusäß bietet den Familien noch mehr Infos.
Am Mittwochabend, 10. März, gibt es einen virtuellen Info- und Frageabend an der Schule. Dazu hätten sich die Kinder mit ihren Eltern vorab anmelden können, so Schulleiter Marcus Langguth. „Wir haben schon etwa 150 Interessenten“, berichtet er. Viel Arbeit habe das Kollegium sowohl in die verschiedenen Videos als auch in den digitalen Infoabend gesteckt, berichtet er. Ob all das jedoch in jedem Fall reicht, um Neun- oder Zehnjährige von ihrer möglichen neuen Schule zu überzeugen? Die Mutter einer Viertklässlerin aus dem nördlichen Landkreis berichtet davon, dass die Kinder sich unsicher fühlten, auf
Schule zu gehen, die sie noch nie gesehen haben. „Viele wählen dann einfach die Schule aus, auf die schon die älteren Geschwister gehen“– auch wenn die eigenen Begabungen vielleicht woanders liegen könnten.
Kurze Filme und Videos sind auch das Herzstück der Vorstellung der Realschule Meitingen, die in diesem Jahr voll auf die Infos auf ihrer Homepage setzt. „Unsere Schule hat einen guten Ruf und ist sehr bekannt“, sagt Schulleiter Michael Kühn.
Auf einen eigenen Online-Abend wird deshalb verzichtet. Ähnlich ist das an der Realschule Zusmarshausen. Am Schmuttertal-Gymnasium in Diedorf laufen hingegen die Vorbereitungen für den digitalen Infoabend am Mittwoch, 10. März. Statt eines gemeinsamen Termins habe die Schule verschiedene „Räume“eingerichtet, in denen Kinder und Eltern jene Menschen treffen können, die für sie in der fünften Klasse wichtig sind: die Schulleitung, die Beratungslehrer oder auch die SMV, gibt Schulleiter Günter Manhardt ein paar Beispiele. Nach ein paar Minuten kann der Raum dann gewechselt werden. Allgemeine Infos zur Schule sind bereits auf der Homepage zu finden.
Bei aller Vorbereitung bleibt jedoch noch unklar, wie viele Kinder ab dem kommenden Schuljahr tatsächlich kommen werden. Mehr als 2000 Viertklässler gibt es in diesem Schuljahr im Landkreis Augsburg. Auf dem Papier gelten für sie dieselben geforderten Notendurchschnitte für den Übertritt, wie in anderen Jahren: 2,33 für das Gymnasium und 2,66 für die Realschule. Am 7. Mai wird das Übertrittszeugnis ausgereicht, kurz darauf ist die OnlineAnmeldung auf den weiterführenden Schulen. Die Voraussetzungen sind aber freilich anders als in anderen Jahren. Erst vor wenigen Tagen hat Kultusminister Michael Piazolo bekannt gegeben, dass ab sofort in der vierten Klasse nur noch eine Probe pro Woche geschrieben werden dürfe statt bislang zwei.
Besonders gefragt sei deshalb in diesem Jahr, wie schon beim ersten von Corona überschatteten Übertritt im Schuljahr 2020/21, die pädagogische Notengebung, sagt der fachliche Leiter des Schulamts im Landkreis Augsburg, Thomas Adleff. „Der Übertritt in Corona-Zeiten ist ohnehin nicht mit dem Verfahren und der Erwartungshaltung zu verbinden, die wir sonst gewöhnt sind.“
Die Herausforderung sei in dieser Zeit vielmehr, der Schülerin oder dem Schüler auf Basis der machbaren Leistungserhebungen „angeeine messene Noten“zu geben. Auf der anderen Seite gibt es Stimmen aus dem Bereich der Schulen, die vermuten, dass in diesem Jahr mehr Eltern als sonst ihre Kinder freiwillig das vierte Schuljahr wiederholen lassen möchten. Allerdings: Ein Trend dazu sei bislang im Landkreis Augsburg nicht zu beobachten, sagt Schulamtsleiter Thomas Adleff.
Eine gerechte pädagogische Notengebung, die könne man den Kolleginnen und Kollegen schon zutrauen, betont auch der Vorsitzende des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands im Landkreis Augsburg, Jörg Faßnacht. Wirklich verlässlich seien die Aussagen zum Übertritt in diesem Jahr aber nur bedingt. „Wir haben in diesem Jahr keine Bildungsgerechtigkeit“, betont er. Stattdessen wäre es an der Zeit, alte Zöpfe abzuschneiden.
Denn die eigentliche Forderung des BLLV sei, in diesem Jahr die Eltern darüber entscheiden zu lassen, welche Schulart ihr Kind ab September besuchen soll. Schließlich hätten vor allem sie ihre Kinder in der Zeit des Distanzunterrichts und Homeschoolings begleitet und könnten es gut einschätzen. Wichtig dabei: „Das Kind soll im Vordergrund stehen“, so Jörg Faßnacht. Das ist vom Kultusministerium allerdings bislang nicht vorgesehen.