Augsburger Allgemeine (Land Nord)
„Wir müssen Schutt wegräumen“
Angesichts der Skandale der katholischen Kirche fordert Bischof Bertram Meier eine Auseinandersetzung mit der Gehorsamskultur
Augsburg Mit Blick auf die Skandale der katholischen Kirche hat Augsburgs Bischof Bertram Meier gefordert, sich kritischer mit der Kultur des Gehorsams in kirchlichen Strukturen auseinanderzusetzen. „Es kann nicht sein, dass in Klöstern, in katholisch geführten Schulen und sozialen Einrichtungen oder in Pfarrgemeinden auch im Zeichen des Gehorsams vieles an Lebenshäusern zusammengebrochen ist“, sagte er unserer Redaktion. „Wir werden schon ganz schön geschüttelt als katholische Kirche“, erklärte Meier. „Wir müssen versuchen, auch manchen Schutt wegzuräumen, um Ballast, der sich angehäuft hat, loszuwerden – mit dem Ziel, auch wieder klarer Zeugnis für das Evangelium geben zu können“, ergänzte er in der aktuellen Folge des Podcasts unserer Redaktion „Über Gott und die Welt: Der Glaubenspodcast“.
Angesichts der Lage, in der sich die katholische Kirche befindet, ist das keine leichte Aufgabe. Im Moment
bestimmt die „Causa Woelki“die Debatte. Der Kölner Erzbischof hält seit Monaten ein unabhängiges Missbrauchsgutachten der Münchner Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl unter Verschluss, weil es „methodische Mängel“habe. Am Donnerstag soll ein zweites Gutachten veröffentlicht werden. Der Kölner Strafrechtler Björn Gercke, der es erstellte, hat bereits wissen lassen, dass er Pflichtverletzungen in „etlichen Fällen“festgestellt habe. Betroffen seien Verantwortungsträger auf mittlerer und oberster Ebene.
Ein bei Westpfahl Spilker Wastl beauftragtes Gutachten für das Erzbistum München und Freising will Kardinal Reinhard Marx im Sommer vorstellen, wie er am Samstag während der Frühjahrsvollversammlung des Diözesanrats der Katholiken seines Erzbistums sagte.
Wegen Woelkis umstrittenem Umgang mit der Aufarbeitung von Missbrauchsfällen treten im Erzbistum Köln scharenweise Katholiken aus der Kirche aus. Der Augsburger Bischof Meier sagte zu diesem Thema selbstkritisch: „Die Frage nach der Existenzberechtigung der Kirchen ist auch eine Gewissenserforschung an mich.“Er frage sich: „Dienst du eigentlich einer Institution oder hast du den Menschen von heute mehr zu bieten?“
Der evangelisch-lutherische Regionalbischof des Kirchenkreises Augsburg und Schwaben, Axel Piper, nannte Missbrauch innerhalb der Kirche eine „Katastrophe“. Ihm zufolge spiele in der evangelischen Kirche eine Kultur des Gehorsams aber hierbei kaum eine Rolle. Auch weil Pfarrerinnen und Pfarrer durch Laien in Kirchenparlamenten kontrolliert würden. Hörtipp Das AudioFormat „Über Gott und die Welt: Der Glaubenspod cast“findet sich auf unserer Internetseite und überall, wo es Podcasts gibt.