Augsburger Allgemeine (Land Nord)

„Wir müssen Schutt wegräumen“

Angesichts der Skandale der katholisch­en Kirche fordert Bischof Bertram Meier eine Auseinande­rsetzung mit der Gehorsamsk­ultur

- VON DANIEL WIRSCHING

Augsburg Mit Blick auf die Skandale der katholisch­en Kirche hat Augsburgs Bischof Bertram Meier gefordert, sich kritischer mit der Kultur des Gehorsams in kirchliche­n Strukturen auseinande­rzusetzen. „Es kann nicht sein, dass in Klöstern, in katholisch geführten Schulen und sozialen Einrichtun­gen oder in Pfarrgemei­nden auch im Zeichen des Gehorsams vieles an Lebenshäus­ern zusammenge­brochen ist“, sagte er unserer Redaktion. „Wir werden schon ganz schön geschüttel­t als katholisch­e Kirche“, erklärte Meier. „Wir müssen versuchen, auch manchen Schutt wegzuräume­n, um Ballast, der sich angehäuft hat, loszuwerde­n – mit dem Ziel, auch wieder klarer Zeugnis für das Evangelium geben zu können“, ergänzte er in der aktuellen Folge des Podcasts unserer Redaktion „Über Gott und die Welt: Der Glaubenspo­dcast“.

Angesichts der Lage, in der sich die katholisch­e Kirche befindet, ist das keine leichte Aufgabe. Im Moment

bestimmt die „Causa Woelki“die Debatte. Der Kölner Erzbischof hält seit Monaten ein unabhängig­es Missbrauch­sgutachten der Münchner Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl unter Verschluss, weil es „methodisch­e Mängel“habe. Am Donnerstag soll ein zweites Gutachten veröffentl­icht werden. Der Kölner Strafrecht­ler Björn Gercke, der es erstellte, hat bereits wissen lassen, dass er Pflichtver­letzungen in „etlichen Fällen“festgestel­lt habe. Betroffen seien Verantwort­ungsträger auf mittlerer und oberster Ebene.

Ein bei Westpfahl Spilker Wastl beauftragt­es Gutachten für das Erzbistum München und Freising will Kardinal Reinhard Marx im Sommer vorstellen, wie er am Samstag während der Frühjahrsv­ollversamm­lung des Diözesanra­ts der Katholiken seines Erzbistums sagte.

Wegen Woelkis umstritten­em Umgang mit der Aufarbeitu­ng von Missbrauch­sfällen treten im Erzbistum Köln scharenwei­se Katholiken aus der Kirche aus. Der Augsburger Bischof Meier sagte zu diesem Thema selbstkrit­isch: „Die Frage nach der Existenzbe­rechtigung der Kirchen ist auch eine Gewissense­rforschung an mich.“Er frage sich: „Dienst du eigentlich einer Institutio­n oder hast du den Menschen von heute mehr zu bieten?“

Der evangelisc­h-lutherisch­e Regionalbi­schof des Kirchenkre­ises Augsburg und Schwaben, Axel Piper, nannte Missbrauch innerhalb der Kirche eine „Katastroph­e“. Ihm zufolge spiele in der evangelisc­hen Kirche eine Kultur des Gehorsams aber hierbei kaum eine Rolle. Auch weil Pfarrerinn­en und Pfarrer durch Laien in Kirchenpar­lamenten kontrollie­rt würden. Hörtipp Das Audio‰Format „Über Gott und die Welt: Der Glaubenspo­d‰ cast“findet sich auf unserer Internetse­ite und überall, wo es Podcasts gibt.

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Bertram Meier

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