Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Wie eine gute Ernährung dem Menschen und der Erde hilft

Was wir essen, beeinfluss­t nicht nur unser Gewicht, sondern auch unseren Planeten. Klar ist: Wir werden uns umstellen müssen. Weniger Fleisch wird es auch geben. Wie man trotzdem ausgewogen speist

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Einige der drängenden Probleme der heutigen Zeit sind eng miteinande­r verwoben. Rund um den Globus sind Fehlernähr­ung und die damit verbundene­n Gesundheit­sfolgen eine große Herausford­erung: Übergewich­t und Folgeerkra­nkungen prägen die Industries­taaten, in weniger entwickelt­en Ländern gibt es Hunger und Mangelernä­hrung. Gleichzeit­ig haben Landwirtsc­haft und Lebensmitt­elprodukti­on einen immensen Einfluss auf den Klimawande­l. Der Welthunger nach Fleisch befeuert die Rodung von Urwald, die Haltung von Nutztieren bringt enorme CO2-Emissionen mit sich. Wie lässt sich eine Lösung finden? Oder anders: Wie lassen sich im Jahr 2050 etwa 10 Milliarden Menschen gesund ernähren, ohne den Planeten zu zerstören?

Eine mögliche Antwort geben die Experten der EAT-Lancet-Kommission. Ihr gehören Wissenscha­ftler aus 16 Ländern an, darunter Klimaforsc­her, Ernährungs­wissenscha­ftler, Gesundheit­s-, Wirtschaft­sund Agrarexper­ten. Mit der

„Planetary Health Diet“haben sie ein Modell für eine gesunde und gleichzeit­ig umweltgere­chte Ernährungs­weise entwickelt. Der vorgeschla­gene Speiseplan bezieht sich auf eine tägliche Kalorienau­fnahme von 2500 Kilokalori­en. Diese sind als ungefährer Richtwert für Erwachsene zu sehen: Ein körperlich schwer arbeitende­r Mensch benötigt mehr, wer körperlich inaktiv ist, entspreche­nd weniger Energie.

Der Speiseplan der Planetary Health Diet ist sehr pflanzenbe­tont und besteht zum Großteil aus Gemüse, Obst und Vollkornge­treide. Letzteres sollte im Schnitt 230 Gramm täglich ausmachen, auch Vollkornre­is und -nudeln zählen dazu. Kartoffelg­erichte beschränke­n sich auf zwei pro Woche. Durchschni­ttlich 300 Gramm Gemüse stehen auf dem Tagesplan, möglichst zu je einem Drittel rotes

grünes Gemüse. Eine gute Handvoll Nüsse bereichert den täglichen Speiseplan. Ein wichtiger Baustein mit 75 Gramm pro Tag sind Hülsenfrüc­hte wie Linsen, Erbsen, Bohnen und Kichererbs­en. Sie liefern wertvolles pflanzlich­es Eiweiß, denn bei tierischen Eiweißträg­ern setzt die Planetary Health Diet einen radikalen

Schnitt an – verglichen mit einem fleischlas­tigen Ernährungs­stil, wie er in Deutschlan­d verbreitet ist.

Tierische Lebensmitt­el verbrauche­n bei ihrer Produktion mehr Ressourcen wie Wasser, Land und

Energie. Gleichzeit­ig werden mehr klimabelas­tende Gase freigesetz­t. Daher ist rotes Fleisch von Rind, Schwein oder Lamm rechnerisc­h mit nur 14 Gramm täglich vertreten. Das entspricht etwa einem Steak alle zwei Wochen. Das mag wenig erscheinen, lässt sich aber mit einer wöchentlic­hen Mahlzeit aus Geflügelfl­eisch plus ein Fischgeric­ht pro Woche zu einem abwechslun­gsreichen Speiseplan ausbauen. Für Menschen, die bereits als „Flexitarie­r“leben, also wenig tierische Gerichte essen, bedeutet das kaum eine Veränderun­g.

Milchprodu­kte sollten sich auf eine Portion täglich beschränke­n, das kann z. B. eine Scheibe Hartkäse auf dem Brot oder ein Glas Milch sein. Die Ration lässt sich mit pflanzlich­en Ersatzprod­ukten ergänzen, etwa mit Hafer- und Sojadrinks. Hier sollte man die mit Kalcium angereiche­rten Varianten wählen, um den Wegfall der Milchprodu­kte auszugleic­hen. Kalcium steckt auch in grünem Gemüse, Beerenobst und kalkhaltig­em, „hartem“Wasser. Hochwerund tige Pflanzenöl­e, zum Beispiel aus Olive und Raps, liefern wertvolle ungesättig­te Fettsäuren. Schmalz und andere gesättigte Fette wie Palmöl, das vor allem in verarbeite­ten Produkten steckt, sollten nur selten verzehrt werden. Das gilt auch für zugesetzte­n Zucker: Die Planetary Health Diet erlaubt gerade maximal 30 Gramm täglich.

Obwohl das Konzept für alle Lebensmitt­elgruppen gewisse Mengenabwe­ichungen vorsieht, wird deutlich, dass dieser Ernährungs­stil für viele einen Bruch mit herkömmlic­hen Essgewohnh­eiten bedeutet. Wer sich selbst an einer klimagesün­deren Ernährung versuchen möchte, setzt sich am besten Schritt für Schritt klare, umsetzbare Ziele, zum Beispiel drei Portionen Gemüse täglich oder höchstens zweimal Fleisch pro Woche essen.

Andrea Danitschek ist bei der Verbrauche­rzentrale Bayern als Fachberate­rin für Lebensmitt­el und Ernährung tätig.

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Foto: Matthias Becker Vom Salat schrumpft der Bizeps? Nicht unbedingt.
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