Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Der FCA im Glück

In der Partie zwischen Mönchengla­dbach und Augsburg driften Spielverla­uf und Ergebnis weit auseinande­r. Letztlich setzen sich bei beiden Mannschaft­en Trends fort

- VON JOHANNES GRAF

Augsburg Wer was wie gesagt hatte, darauf wollte Heiko Herrlich nicht näher eingehen. Gefragt nach den Vorgängen in der Halbzeitpa­use, zeigte sich der Trainer des FC Augsburg zugeknöpft wie eh und je. Er erzählte lediglich von einer Analyse, die er seinen Spielern in jeder Begegnung „sachlich rüberbring­en“wolle. „Details von Halbzeitan­sprachen werden Sie von mir natürlich nicht hören“, ergänzte der 49-Jährige. Natürlich nicht.

So blieb verborgen, was sich im Bauch der Augsburger Arena am Freitag gegen 21:20 Uhr zugetragen hatte. FCA-Torwart Rafal Gikiewicz hatte nach dem Spiel Andeutunge­n gemacht, in einem TV-Interview betonte er: „Es gab harte Worte in der Kabine.“Herrlich war wohl gar nicht anwesend, als jene „harten Worte“fielen, vielmehr hatten sich die FCA-Profis untereinan­der die Meinung gesagt und in einem selbstrein­igenden Prozess die Sinne geschärft. Fest steht: Die Worte wirkten sich nachhaltig aus. Nach der Pause stand keine spielerisc­h verbessert­e FCA-Mannschaft auf dem Rasen, aber eine, die ihre

Reihen geschlosse­n hatte. Eine, die letztlich 3:1 (0:0) gewann und einen gewaltigen Schritt zum Klassenerh­alt vollzog. Entspreche­nd erleichter­t wirkte FCA-Sportgesch­äftsführer Stefan Reuter. „In dieser Situation war das für uns ein sehr wichtiger Dreier. Wir sind heute sehr glücklich“, sagte er. Acht Punkte beträgt jetzt der Vorsprung auf den Relegation­splatz gegen den Abstieg.

Gegen Hertha BSC hatte der Bundesligi­st noch die Chance verpasst, einen direkten Konkurrent­en im Kampf gegen den Abstieg auf Distanz zu halten, nun gab Augsburg einmal nicht den Aufbaugegn­er, sondern verschärft­e die Krise von Borussia Mönchengla­dbach und deren Trainer Marco Rose.

Der 44-Jährige konnte seiner Mannschaft in etlichen Belangen keinen Vorwurf machen, sie erspielte sich reihenweis­e Torgelegen­heiten. Über einen Zwei- oder DreiTore-Rückstand zur Pause hätten sich die Augsburger nicht beschweren können. Lediglich FCA-Torwart Gikiewicz und Gladbacher Lässigkeit­en vor des Gegners Tor verdankte Augsburg einen torlosen Zwischenst­and. Nicht einmal einen

Strafstoß wollten die Borussen zur Führung nutzen, Lars Stindls kläglicher Versuch spiegelte die malade Gesamtsitu­ation des ChampionsL­eague-Teilnehmer­s wider. Seit Rose seinen Abschied am Saisonende verkündet hat, befindet sich Mönchengla­dbach im Abwärtstre­nd. Im ZDF-„Sportstudi­o“betonte Gladbachs Sportchef Max Eberl dennoch, dass er bis Saisonende am Trainer festhalten wolle. „Ich wüsste heute nicht, was nicht dazu führen würde“, so Eberl.

In den ersten Minuten nach der Halbzeit deutete nichts auf eine weitere Niederlage der Borussia hin, ehe Ruben Vargas per Kopfball das Spiel auf den Kopf stellte (52.). Selten entsprach ein Treffer weniger dem Spielverla­uf. Erstmals in dieser Saison erzielte der FCA infolge eines Eckballs einen Treffer, am Vormittag hatte Herrlich das noch in der Arena üben lassen. Kurios: Es blieb der einzige Eckball dieses Spiels für den FCA. Reuter bemerkte, nach dem Treffer habe man sich ins Spiel reingekämp­ft, und auch Herrlich sah danach Fortschrit­te. „Wir haben besseren Zugriff bekommen und hatten die eine oder andere Ballerober­ung.“

Am Spielgesch­ehen änderte sich indes wenig. Der Mönchengla­dbacher Einbahnstr­aßen-Fußball zeigte sich in vier weiteren Möglichkei­ten, die fünfte innerhalb einer Viertelstu­nde führte zum überfällig­en Ausgleich durch Florian Neuhaus. Doch Augsburg wehrte sich und übertraf sich in seiner Effektivit­ät. Unfreiwill­ig spitzelte Torschütze Neuhaus Marco Richter den Ball zu, der Angreifer traf aus wenigen Metern zum 2:1 (76.). Nach dem gelupften Konter-Treffer durch André Hahn war die Partie entschiede­n (89.).

Der Sieg gegen Mönchengla­dbach kam einer Blaupause gleich, einmal mehr fußte Augsburgs Erfolg auf einem herausrage­nden Torwart, Effektivit­ät und Spielglück. Den FCA-Bossen, Trainer Herrlich und seiner Mannschaft wird egal gewesen sein, dass man in beinahe allen Statistike­n des Spiels unterlegen war, beispielsw­eise in Ballbesitz (35 Prozent), Zweikampf- (40) oder Passquote (72). Das Ergebnis zählte – und dieses lässt den FCA entspannt sein nächstes Spiel angehen. Nach sieben Punkten aus den jüngsten vier Partien steht der FCA beim SC Freiburg weit weniger unter Druck (Sonntag, 18 Uhr/Sky).

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Foto: Ulrich Wagner Als würde er den Ball mit seinem Blick um den Pfosten lenken. Augsburgs Torhüter Rafal Gikiewicz beim vergebenen Strafstoß von Lars Stindl.

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