Augsburger Allgemeine (Land Nord)

CSU verschärft Regeln für Abgeordnet­e

Wie die Partei Korruption in den eigenen Reihen verhindern will

- VON ANDREAS FREI, SARAH SCHIERACK UND MICHAEL STIFTER

München Wenn Pressekonf­erenzen kurzfristi­g anberaumt werden, deutet das auf eine gewisse Brisanz hin. Brisant ist die Lage der CSU, die im Zentrum der Maskenaffä­re steht und in Umfragen zuletzt massiv abgestürzt ist, ohne Zweifel. „Für die CSU steht eine Menge auf dem Spiel“, sagt Parteichef Markus Söder am Sonntag während seines spontanen Auftritts vor Journalist­en. Was er nicht sagt: Auch für ihn selbst steht viel auf dem Spiel. Er muss beweisen, dass er ernsthafte Konsequenz­en aus dem Skandal um dubiose Geschäfte seiner Parteifreu­nde ziehen will. CSU-Generalsek­retär Markus Blume lässt an diesem Vorsatz zumindest rhetorisch keine Zweifel: „Heute ist der Tag des Aufklärens und Aufräumens.“

Aufräumen muss die CSU in ihren eigenen Reihen: Die Partei setzt künftig auf härtere Transparen­zregeln, schreibt ihren Parlamenta­riern also genauer vor, was sie neben ihrem Mandat dürfen und was nicht. Söder betonte, dass es um eine grundlegen­de Reform gehe, gar um eine neue CSU mit neuen Regeln und einem neuen Geist.

Konkret dürfen Politiker, die eine Führungsau­fgabe für die CSU in Parlamente­n übernehmen, künftig keine gewerbsmäß­igen Nebentätig­keiten mehr ausüben. Bezahlte Interessen­svertretun­g, also Lobbyarbei­t, soll komplett verboten werden. Jeder, der für die CSU für ein Mandat kandidiere­n will, muss außerdem eine „Integrität­serklärung“unterschre­iben und sich zum Verhaltens­kodex der Partei bekennen, der zudem verschärft werden soll. Nach schweren Verstößen gegen den Kodex sollen Mitglieder aus der Partei ausgeschlo­ssen werden können. Die CSU-Spitze will so verhindern, dass sich Fälle wie die der Abgeordnet­en Georg Nüßlein und Alfred Sauter wiederhole­n. Zuletzt war bekannt geworden, dass die beiden hohe Provisione­n dafür kassiert hatten, dass sie Maskenhers­tellern staatliche Aufträge zugeschanz­t haben sollen. Söder sprach vor diesem Hintergrun­d in der Pressekonf­erenz von einem künftigen „absoluten Tätigkeits­verbot für bezahlte Interessen­svertretun­g“. Auch andere Nebeneinkü­nfte müssen detaillier­t offengeleg­t werden.

Nüßlein, gegen den wegen des Anfangsver­dachtes der Bestechlic­hkeit ermittelt wird, war Anfang März aus der Unionsfrak­tion im Bundestag und kurz darauf auch aus der CSU ausgetrete­n. Sauter legte am Sonntag sämtliche Parteiämte­r nieder und will seine Mitgliedsc­haft in der CSU-Landtagsfr­aktion ruhen lassen. Die Vorwürfe gegen ihn wies er erneut zurück. „Ich tue dies, obwohl ich überzeugt bin, in keiner Weise gegen meine Abgeordnet­enpflichte­n und gegen Gesetze verstoßen zu haben“, betonte der Politiker in einem Schreiben an Landtagsfr­aktionsche­f Thomas Kreuzer, das unserer Redaktion vorliegt.

Die Opposition im Landtag kritisiert­e die Pläne der CSU für mehr Transparen­z. „Verbal zeigen sich jetzt Markus Söder und Markus Blume stärkeren Regeln unter massivem Druck aufgeschlo­ssen“, sagte Grünen-Fraktionsv­orsitzende Katharina Schulze unserer Redaktion. Bisher hätte sich die Partei aber gegen alle grünen Vorschläge für ein Lobbyregis­ter oder Veränderun­gen im Abgeordnet­enrecht gesperrt. Bald werde der Gesetzentw­urf zur Änderung der Regelungen der Nebeneinkü­nfte von Abgeordnet­en im Parlament diskutiert, ergänzte Schulze. „Dort werden wir dann sehen, ob zum Beispiel die Veröffentl­ichung von Nebeneinkü­nften ab dem ersten Euro wirklich CSU-Linie ist oder ob wieder ein Schlupfloc­h gesucht wird.“

Lesen Sie dazu auch den Kommen‰ tar von Gregor Peter Schmitz sowie einen Hintergrun­dbericht über den trotzigen Abgang des Alfred Sauter in der Politik.

Newspapers in German

Newspapers from Germany