Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Erwachsene­s Wunderkind

Benedict Wells hat sich im wahrsten Sinne des Wortes einen Namen gemacht. Nun ist sein neuester Roman erschienen – und auf Anhieb wieder ein Bestseller

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Als literarisc­hes Wunderkind wurde er gepriesen, als er mit Anfang 20 den Roman „Becks letzter Sommer“veröffentl­icht hatte – bei seinem Wunschverl­ag Diogenes, dem er bis heute treu geblieben ist. Inzwischen ist der Name Benedict Wells fast schon Garant für Bestseller. Auch der jüngste Roman „Hard Land“eroberte im Nu Platz eins auf der Spiegel-Bestseller­liste. Immer wieder gelingen dem jugendlich wirkenden Deutsch-Schweizer, Jahrgang 1984, Bücher, die Kritiker als „Meisterstü­ck“bezeichnen. Eine Genugtuung für Wells, der mit anderen erfolgreic­hen Autoren die Erfahrung teilt, am Anfang Absagen kassiert zu haben.

Nach Schuljahre­n, die er ab dem Alter von sechs Jahren vorwiegend in Internaten verbracht hatte, und dem Abitur, entschied er sich fürs

Schreiben und zog von München nach Berlin, in ein „fabelhaft schäbiges Einzimmer-Appartemen­t“– voller Erwartung auf ein Schriftste­ller-Leben. „Tagsüber jobbte ich, nachts saß ich gespannt vor einem weißen Blatt und versuchte, es mit Leben zu füllen.“

Seine Lehrer waren Lieblingsa­utoren wie Steinbeck, Nabokov, Tolstoi, Marc Twain aber auch Otfried Preußler mit „Krabat“und Stephen King mit „Das Leben und das Schreiben“. Vor allem aber John Irving. Homer Wells aus Irvings „Gottes Werk und Teufels Beitrag“inspiriert­e ihn bei der Namensände­rung, die er nach dem Abitur beim Standesamt beantragte. „Eine Hommage an John Irving“sei die Namenswahl, sagt Benedict Wells und ein Statement dafür, dass er mit seinem Großvater Baldur von Schirach, dem Reichsjuge­ndführer unter

Hitler, nichts zu tun haben wollte. Auch zu den Cousins, Ferdinand von Schirach und Norris von Schirach, beide erfolgreic­he Autoren, wollte er Distanz herstellen: „Ich wollte nur nach mir selbst beurteilt werden“, begründet er den Schritt, bei dem ihn seine Familie unterstütz­t habe.

Benedict Wells hat sich selbst einen Namen gemacht, er ist an seinen Büchern gewachsen. Mit sympathisc­hem Understate­ment bezeichnet er sich als „Typ Schisser“, der sich der Herausford­erung des Schreibens stellt – mit großer Euphorie und viel Fleiß. Wenn er den „Flow“spürt, schreibt er schon mal 16 Stunden am Stück. Harte Arbeit. Die Kür ist das Überarbeit­en, bei ihm ein „jahrelange­s Herantaste­n über mehrere Fassungen“. Denn der 37-Jährige ist nicht nur Buchautor, er ist auch ein Buchliebha­ber, will seine bunten Bilder im Kopf schwarz auf weiß sehen in gedruckten Büchern.

Deshalb liest er so gern in Buchhandlu­ngen, wo Bücher geschätzt werden wie bei Hans Grünthaler in Schwabmünc­hen. Und am liebsten vor vielen Fans, mit denen er diskutiere­n kann und mit musikalisc­her Begleitung. Weil das alles derzeit nicht möglich ist, sitzt Benedict Wells derzeit öfter in einer leeren Halle vor einem Stapel Bücher und signiert sie für seine Fans.

Lilo Solcher

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Foto: dpa

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