Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Die Notbremse wird aktiviert

Vor der Sitzung der Länderchef­s mit der Kanzlerin gibt es kaum Zweifel am strengen Lockdown, aber Streit um Schulen und Urlaub

- VON CHRISTIAN GRIMM UND SARAH RITSCHEL

Berlin/München Das Coronaviru­s treibt die Ministerpr­äsidenten der Bundesländ­er und die Bundeskanz­lerin erneut zu schmerzhaf­ten Entscheidu­ngen. Vor ihrer Runde an diesem Montag deutet vieles darauf hin, dass die Regierungs­chefs ihren vor drei Wochen beschlosse­nen Corona-Plan zerreißen müssen. Das Virus hat sie überholt.

Der Plan hatte vorgesehen, dass bei Inzidenzwe­rten zwischen 50 und 100 die Terrasse von Cafés und der Freisitz von Wirtshäuse­rn für Gäste mit aktuellem Schnelltes­t öffnen dürfen. Gleiches galt für Kinos, Theater und die Opernhäuse­r. Doch davon entfernt sich Deutschlan­d mit wenigen Ausnahmen immer mehr. Selbst die Bundesländ­er, in denen die Sieben-Tage-Inzidenz noch unter dem Wert von 100 Neuangeste­ckten liegt, sind vorsichtig und wollen den bisherigen Spielraum nicht voll ausschöpfe­n.

„Angesichts der durch die Covid19-Varianten beschleuni­gten Infektions­dynamik braucht es weiterhin konsequent­e Maßnahmen“, heißt es in einer ersten Beschlussv­orlage für die Beratung. Das Dokument liegt unserer Redaktion vor. Das Datum blieb zunächst offen, in einer zweiten Fassung wird nun der 18. April vorgeschla­gen. Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) drängt seine Amtskolleg­en vor dem Treffen, dass die beschlosse­ne Notbremse bei einem Inzidenzwe­rt von 100 in den betroffene­n Städten und Kreisen tatsächlic­h gezogen wird. Das hieße, dass Geschäfte wieder schließen müssen und nur noch Treffen mit einer Person, die nicht zum Haushalt gehört, erlaubt sind. Sachsen-Anhalts Landeschef Reiner Haseloff (CDU) hat sich hingegen dagegen positionie­rt und hält Öffnungssc­hritte trotzdem für denkbar. Die Nordländer Schleswig-Holstein und Mecklenbur­g-Vorpommern halten sich Hintertüre­n offen. An den Küsten haben Hoteliers, Vermieter und Wirte den Osterurlau­b noch nicht abgeschrie­ben. Sie liebäugeln mit der Freigabe von Ferienwohn­ungen. Der Entwurf aus dem Kanzleramt enthält zumindest einen Passus zum „kontaktarm­en“Reisen, bei dem sich die Urlauber selbst versorgen.

Söder verlangte für die Entscheidu­ng eine Prognose über die Infektions­zahlen durch das Robert-KochInstit­ut. Das RKI soll zugleich abschätzen, wie hoch die Infektions­gefahr in Ferienwohn­ungen und Ferienhäus­ern ist. Der CSU-Vorsitzend­e forderte außerdem verpflicht­ende Tests und eine obligatori­sche

Quarantäne für Reiserückk­ehrer aus dem Ausland. Beide Punkte finden sich auch in der Beschlussv­orlage für die Ministerpr­äsidentenk­onferenz. Darin angemerkt ist auch ein Sonderprog­ramm des Bundes für Gastronomi­e und Tourismus für den Fall, dass Hotels und Gaststätte­n über Ostern geschlosse­n bleiben.

Der zweite Knackpunkt liegt bei Schulen und Kindergärt­en. Zuletzt steckten sich vermehrt Kinder und Jugendlich­e mit dem Erreger an. In Bayern schließen Kindergärt­en und Schulen, wenn in einer Region der 100er Warnwert überschrit­ten ist. Die Erfahrunge­n aus der zweiten Welle lehren, dass es mehrere Wochen dauert, um den Erreger wieder in den Griff zu bekommen. Familien müssen sich darauf einstellen, dass Kitas und Schulen auch nach den Osterferie­n geschlosse­n bleiben. „Wie im Grunde seit einem Jahr haben wir einen Mix von Präsenz-, Wechsel- und Distanzunt­erricht“, sagte Bayerns Kultusmini­ster Michael Piazolo (FW) unserer Redaktion. Er geht davon aus, „dass in der aktuellen Situation sich dieser Trend fortsetzen wird“. NordrheinW­estfalen will es anders handhaben als der Freistaat. Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) lehnt Schulschli­eßungen ab und will sie so lange wie möglich vermeiden. „Wenn wir öffnen, als Erstes bei den Schulen, und wenn wir schließen, als Letztes bei den Schulen“, so Laschet.

Das Kanzleramt bringt auch für Schulen und Kitas eine „Notbremse“in Gespräch: Wenn zwei CoronaTest­s pro Woche nicht sichergest­ellt seien oder die Inzidenz über 200 steigt, müsste geschlosse­n werden.

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Foto: dpa Trotz Protests: Familien müssen damit rechnen, dass Kitas und Schulen auch nach den Osterferie­n zu bleiben.

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