Augsburger Allgemeine (Land Nord)

War Polizei zu lasch?

Demo in Kassel läuft aus dem Ruder. Politiker: Staat muss Regeln durchsetze­n

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Kassel Die Demonstrat­ion von mehr als 20000 Menschen mit gewalttäti­gen Auseinande­rsetzungen am Samstag in Kassel gegen CoronaMaßn­ahmen hat Kritik am Polizeiein­satz und eine Debatte über die Durchsetzu­ng staatliche­r Regeln ausgelöst. Zu dem Protest waren per Gericht nur 6000 Teilnehmer auf einem Doppelplat­z am Stadtrand zugelassen, doch rund dreimal so viele Menschen zogen in Richtung Innenstadt – ohne sich an Auflagen wie die Maskenpfli­cht zu halten. Die Polizei war mit einem Großaufgeb­ot präsent, schritt aber nur selten ein.

„Der Staat darf nicht zurückweic­hen und die Polizei muss konsequent dagegen vorgehen“, kritisiert­e der Vize-Vorsitzend­e der Unionsbund­estagsfrak­tion, Thorsten Frei. Der FDP-Innenpolit­iker Konstantin Kuhle sagte: „Wenn dann, wie in Kassel, Regeln nicht eingehalte­n werden, weil Teilnehmer Abstände nicht einhalten, keine Masken tragen oder sich trotz Verbots an bestimmten Plätzen versammeln, muss die Polizei konsequent handeln und eine Versammlun­g umgehend beenden.“Hessens Innenminis­ter Peter Beuth (CDU) kündigte eine gründliche Nachbereit­ung des Einsatzes an. Eskalation­sversuche sowie Gewalt gegen die Einsatzkrä­fte würden nicht hingenomme­n.

Die Polizeifüh­rung hatte ihr zurückhalt­endes Verhalten und auch den Verzicht auf Zwangs- und Verfolgung­smaßnahmen verteidigt. Ein anderes Vorgehen hätte zu Verletzten führen können. Ein Sprecher berichtete, dass etliche Beamte angegriffe­n worden, auch Journalist­en angegangen und beschimpft worden seien. Die Polizisten setzten Schlagstöc­ke und Pfefferspr­ay sowie einen Wasserwerf­er ein. Es habe rund ein Dutzend Festnahmen gegeben.

Günter Rudolph, Geschäftsf­ührer der hessischen SPD-Landtagsfr­aktion erkannte „ein absolut unverständ­liches Zurückweic­hen des Staates“. Das Einsatzkon­zept der Polizei sei gescheiter­t. Die CDU nahm die Polizei in Schutz. Zugleich gab es Meldungen, wonach Polizisten aggressiv und gewaltsam vorgingen. Die Kundgebung selbst verlief friedlich. Die Teilnehmer waren bunt gemischt: Familien, Querdenker, Selbststän­dige, Verschwöru­ngstheoret­iker, Hippies und Impfgegner.

Das Internatio­nale Auschwitz Komitee sieht in der Querdenker­bewegung eine wachsende Gefahr für Demokratie und Gesellscha­ft, zumal die Polizei die Bewegung in ihrem bürgerlich­en Erscheinun­gsbild nicht ernst genug nehme und trotz gerichtlic­her Vorgaben Milde und Rücksicht walten lasse, so Vizepräsid­ent Christoph Heubner.

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Foto: dpa Die Polizei ließ die Demonstran­ten ge‰ währen, obwohl sie die Auflagen miss‰ achteten. Jetzt gibt es Kritik.

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