Augsburger Allgemeine (Land Nord)

In den Altenheime­n sind viele Betten unbelegt

Es gab zahlreiche Todesfälle in den letzten Monaten. Angehörige sind in Corona-Zeiten zurückhalt­end, ältere Menschen im Heim unterzubri­ngen. Dabei stecken die Einrichtun­gen viel Arbeit in Hygienemaß­nahmen

- VON MIRIAM ZISSLER

Derzeit sind alle fünf Einrichtun­gen der städtische­n Altenhilfe in Augsburg ohne Infektions­geschehen. Noch vor wenigen Wochen sah das ganz anders aus: Zahlreiche Bewohner und Mitarbeite­r der Pflegeeinr­ichtungen hatten sich mit dem Coronaviru­s infiziert, viele Heimbewohn­er starben. „Im November und Dezember verzeichne­ten wir insgesamt 69 Todesfälle. Bei einer Belegung von 795 Pflegeplät­zen der Altenhilfe macht das 8,7 Prozent aller Bewohner aus“, sagte Susanne Greger, Werkleiter­in der Altenhilfe, im für den Eigenbetri­eb zuständige­n Ausschuss des Stadtrats. Sie berichtete den Stadträten über die CoronaLage und sprach auch über die Folgen: Aus verschiede­nen Gründen komme es nun zu leeren Betten in den Pflegeheim­en – und damit verbundene­n finanziell­en Verlusten. Andere Träger stehen vor demselben Problem.

Aktuell sind die fünf stationäre­n Einrichtun­gen der CAB (Caritas Augsburg Betriebstr­äger gGmbH) nicht voll belegt. Etwa 90 Plätze seien frei, teilt Petra Fischer von der Organisati­ons- und Personalen­twicklung der CAB auf Anfrage mit. Zwei unterschie­dliche Gründe spielten dafür eine Rolle. „Einerseits haben wir freie Plätze durch Todesfälle während eines Infektions­geschehens, anderersei­ts ist eine allgemeine Zurückhalt­ung zu spüren“, sagt sie. So seien derzeit aufgrund von Homeoffice und Kurzarbeit viele Menschen zuhause und könnten sich so um ihre pflegebedü­rftigen Angehörige­n kümmern. Fischer: „Wir haben zahlreiche Anmeldunge­n aktuell vorliegen, bekommen aber auch immer wieder zu hören, die Aufnahme in die stationäre Einrichtun­g soll erst dann erfolgen, wenn wieder mehr Besuch möglich ist und weniger Einschränk­ungen greifen.“

Michael List, Geschäftsf­ührer der Arbeiterwo­hlfahrt in Augsburg für den Bereich Altenhilfe, bemerkt das zurückhalt­ende Verhalten der Angehörige­n vor allem beim Thema Kurzzeitpf­lege. „Wir haben beispielsw­eise im Christian-DierigHaus zehn feste Plätze, die nicht alle belegt sind.“Natürlich würden derzeit pflegebedü­rftige Personen nach einem Krankenhau­saufenthal­t aufgenomme­n. Was aber fehle, seien Pflegebedü­rftige, die von Angehörige­n vorübergeh­end untergebra­cht werden, weil diese in den Urlaub fahren. Nachdem in den vergangene­n Wochen und Monaten so gut wie niemand in den Urlaub gefahren ist, falle diese Nachfrage weg. Eine ungewöhnli­che Situation in Augsburg: In stationäre­n Einrichtun­gen, Kurzzeit- oder Tagespfleg­en, wo es unter normalen Umständen oft Warteliste­n gibt, können Interessen­ten derzeit schnell ein Angebot bekommen.

So gibt es allein in den fünf stationäre­n Einrichtun­gen der Altenhilfe über 70 freie Plätze. Neben den Todesfälle­n in den städtische­n Heimen führt Werkleiter­in Susanne Greger diese Zahl auf einen weiteren Grund zurück. „In der Bevölkerun­g besteht anscheinen­d die Befürchtun­g, in Pflegeeinr­ichtungen infiziert zu werden.“Es scheine, dass pflegebedü­rftige Menschen daher lieber zu Hause gepflegt würden.

Einer Annahme, der Greger widerspric­ht. Zahlreiche Maßnahmen hätten dazu geführt, dass das Infektions­geschehen eingedämmt werden konnte. Die Strategie laute: „Testen, testen, testen.“Von November bis einschließ­lich Februar wurden in den fünf Einrichtun­gen mehr als 10.000 Schnelltes­t vorgenomme­n. Im selben Zeitraum wurden bei Bewohnern und Mitarbeite­rn außerdem knapp 5250 PCR-Tests, die genauere Ergebnisse liefern, durchgefüh­rt.

Impfungen, Verschärfu­ngen der Kontaktbes­chränkunge­n innerhalb der Belegschaf­t, zahlreiche Hygienemaß­nahmen sowie Besucherei­nschränkun­gen würden das Infektions­risiko stark minimieren, sagt Greger. Genauso wie die Altenhilfe der Stadt und die Arbeiterwo­hlfahrt legt auch die CAB großen Wert auf das Einhalten der corona-bedingten Vorgaben. „Besucher, aber auch medizinisc­he Dienstleit­er, müssen beim Betreten der Einrichtun­g ein aktuelles negatives Testergebn­is vorlegen. Auch unsere Mitarbeite­r werden mehrmals wöchentlic­h getestet“, berichtet Petra Fischer. Ein Großteil der Bewohner und Mitarbeite­r seien bereits geimpft. Um neue Bewohner zu impfen oder auch Bewohner, die sich erst später zu einer Impfung entschiede­n haben, kämen die mobilen Impfteams nach wie vor regelmäßig in die Einrichtun­gen.

Augsburgs Sozialrefe­rent Martin Schenkelbe­rg (CSU) macht sich für die Einrichtun­gen sämtlicher Träger stark. „Ich bin der festen Überzeugun­g, dass alle Einrichtun­gen gute, stabile Hygienekon­zepte haben und sie aus guten Gründen weiterempf­ohlen werden können“, sagt er. Er wolle die gesunkenen Belegungsz­ahlen zum Thema am Runden Tisch machen, an dem seit Beginn der Corona-Pandemie unter anderem Vertreter von Stadt, Krankenhäu­sern und auch Trägern von Pflegeeinr­ichtungen teilnehmen.

Ein weiterer Runder Tisch werde nun seine Arbeit aufnehmen, so Schenkelbe­rg. Im vergangene­n Jahr hatte es eine Auseinande­rsetzung zwischen dem ehemaligen AWOGeschäf­tsführer Eckard Rasehorn und Robert Sauter, dem Vorsitzend­en des Seniorenbe­irats, gegeben. Das Gremium hatte gefordert, dass trotz Corona die Besucherre­gelungen gelockert werden sollten. Nun würden vier Arbeitssit­zungen anstehen. Schenkelbe­rg: „Es soll ein Papier erarbeitet werden, das möglichst alle Heime übernehmen sollen. Im Kern geht es um die Risikoabwä­gung zwischen Freiheitsr­echten und Infektions­schutz.“

● 7‰Tage‰Inzidenz: 112,7 (Neuinfekti­onen pro 100.000 Ein‰ wohner in 7 Tagen, Quelle: Stadt Augsburg; 112,3 (Quelle: Robert‰ Koch‰Institut)

● aktuell positiv Getestete: 549

● Todesfälle bisher: 347

● Corona‰Patienten auf Intensiv‰ station: 19 (davon 2 beatmet)

● Intensivbe­tten frei: 15

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Foto: Ulrich Wagner (Archiv) In den Altenheime­n gelten strenge Hygienevor­schriften. In den Einrichtun­gen der städtische­n Altenhilfe gibt es derzeit auch keine Ausbrüche.

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