Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Plötzlich fehlt die Effektivität
Der FC Augsburg hat in dieser Saison in etlichen Spielen aus wenigen Chancen viel gemacht, zuletzt gegen Mönchengladbach. In Freiburg aber lässt die Mannschaft beste Möglichkeiten aus
Marco Richter hatte es eilig. Irgendwie hatte ihn dieses Spiel genervt. Flotten Schrittes marschierte er vom Platz des Schwarzwaldstadions. Kein letzter Blick mehr in die alte Arena, die er vielleicht nie mehr sehen wird. Der SC Freiburg zieht bald in ein modernes Stadion am Stadtrand, es war wohl der letzte Augsburger Auftritt hier. Und es war einer, der mit einer 0:2-Niederlage endete – obwohl der FCA mehr Torschüsse hatte. Die er aber allesamt vergab, auch Marco Richter.
Viele Augsburger verschwanden nach Spielschluss rasch in der Kabine, während Rafal Gikiewicz noch lange auf dem Rasen blieb. Sein Weg nach Schlusspfiff führte ihn schnell zu Christian Streich. Augsburgs Torwart und Freiburgs Trainer umarmten sich herzlich und redeten lange miteinander. Themen gab es nach diesem Spiel genug.
Weniger dürfte sich Gikiewicz dafür interessiert haben, warum die Gastgeber diesmal in gelben statt wie bei Heimspielen gewohnt in roten Trikots aufgelaufen waren. Die Begründung aber war kurios. Ein Freiburger Spieler hat eine Rotgrün-Schwäche und also Probleme, diese Farben zu unterscheiden. Zumindest, wenn sie matt und nicht glänzend sind, wie Streich hinterher fachkundig erklärte. Da ihm aber die grundsätzliche Problematik seines Spielers offenbar noch nicht bekannt war, kam auch nicht die Anfrage an den FCA, der als Gast eigentlich das Trikot hätte wechseln müssen. So griffen eben die Freiburger zu ungewohntem Gelb.
Recht ungewohnt war auch die Spielanlage. Die Freiburger, eigentlich ein spielstarkes Team, griffen auf rustikale Mittel zurück, was sich in sieben Gelben Karten spiegelte. Der FCA dagegen konnte zeitweise auch spielerisch gefallen, scheiterte aber an einer Mischung aus defensiver Schläfrigkeit und offensiver Schludrigkeit. „Uns hat heute die Effektivität gefehlt“, sagte FCATrainer Heiko Herrlich. Ganz anders als vor einer Woche noch gegen Mönchengladbach.
20 Torschüsse hatten die Statistiker am Ende für die Augsburger gezählt. „Ich kann mich nicht erinnern, dass wir in den Spielen zuvor schon einmal so viele hatten“, sagte Daniel Caligiuri. Wobei wirklich gefährlich wohl eine Handvoll war. Das hätte aber zumindest für einen Punktgewinn reichen müssen. Die beste Möglichkeit hatte László Bénes in der ersten Halbzeit freistehend aus elf Metern. Er brachte es aber fertig, den Ball über das Tor zu heben. „Da ist entscheidend, dass er ihn aufs Tor bringt“, sagte Reuter hinterher. Wenn dann der Torwart, wie Freiburgs Florian Müller, mehrmals in der zweiten Halbzeit gegen Khedira oder Richter abwehrt, sei das eben so. Aber vorbeischießen, das ist in einer solchen Situation kaum zu verstehen. Oder zumindest überraschend, vor allem, „wenn ich sehe, wie László oder Marco die Bälle zuletzt im Training reingemacht haben“, so Reuter.
Herrlich hatte seine Anfangself im Vergleich zum Gladbach-Spiel unverändert gelassen. Ruben Vargas also blieb zunächst draußen, obwohl er gegen die Borussia ein wichtiger Faktor bei der spielerischen Wende in Hälfte zwei war. Herrlich vertraute aber auch diesmal wieder auf Bénes. „László hat ein gutes Spiel gemacht“, verteidigte der FCA-Trainer seine Entscheidung. Als Vargas reinkam, sorgte er aber wieder für Belebung. „Es ist wichtig, dass der Trainer da nachlegen kann. Wir werden in dieser Saison noch alle Spieler brauchen“, sagte Reuter. Also auch Florian Niederlechner, der am Sonntag das Pech hatte, unmittelbar nach dem 0:2 aufs Feld zu kommen. Da war die Partie gelaufen. Seinen Stammplatz in der Offensive hat er verloren. „Das ist keine Entscheidung gegen Niederlechner, sondern für André Hahn“, sagte Reuter. Und Niederlechner habe ja die Möglichkeit, sich im Training zu empfehlen. „Jeder kann dem Trainer zeigen, dass er die Frische und Power hat, um das intensive Spiel, das wir betreiben müssen, durchzuziehen“, sagte Reuter.
Marco Richter hat das offenbar geschafft. Er zeigte sich wiederholt als belebendes Element, auch wenn sein Spiel nicht fehlerfrei ist. „Er hat aus den Situationen gelernt, in denen er früher Ballverluste hatte, das wird deutlich weniger“, sagte Reuter. Und: „Er hat im Spiel nach vorne außergewöhnliche Qualität“, sagte Reuter. Die will auch Alfred Finnbogason bald wieder zeigen. Oder Fredrik Jensen. Beide gehören zu den Langzeitverletzten, die Rückkehr ist noch offen. „Es hat keinen Sinn, da Druck aufzubauen“, sagte Reuter. In die Länderspielpause nehmen die Augsburger also eine Niederlage mit. Das kann belastend sein. „Auf der anderen Seite ist jetzt jeder sensibilisiert und bereitet sich sehr gewissenhaft vor.“
● Freundschaftsspiel am Freitag Der FCA empfängt am Freitag (14 Uhr) den Zweitligisten 1. FC Heidenheim zu einem Testspiel unter Ausschluss der Öffentlichkeit.