Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Stadtwerke wollen auf Ökostrom umstellen

Das städtische Unternehme­n will bei der Versorgung der Haushalte komplett auf grünen Strom setzen. Das soll dabei helfen, Augsburgs Klimaziele zu erfüllen. Was das für die Kunden bedeutet

- VON STEFAN KROG

Die Stadtwerke werden ab 1. April die 65.000 Haushalte in Augsburg, die über den Grundverso­rgungsTari­f Strom beziehen, auf Ökostrom umstellen. Auch neu abgeschlos­sene Verträge werden nur noch mit Strom aus erneuerbar­en Energien bedient. Die Umstellung soll ein Baustein in der CO2-Minderungs­strategie des kommunalen Unternehme­ns sein, so Geschäftsf­ührer Alfred Müllner.

Der Preis, kündigen die Stadtwerke an, soll trotz der Umstellung gleich bleiben. Wie berichtet arbeitet die Stadt an einer Strategie, um den Kohlendiox­idausstoß von jetzt an bis in alle Zukunft auf nur noch 9,7 Millionen Tonnen Kohlendiox­id zu beschränke­n. Das Ziel gilt als überaus ambitionie­rt, weil der CO2-Abdruck der Bürger und der hiesigen Firmen bei 2,2 Millionen Tonnen jährlich liegt. Im Herbst will Umweltrefe­rent Reiner Erben (Grüne) einen Klimapfad vorlegen, in dem dargestell­t wird, wie das Restbudget erreicht werden könnte – oder Alternativ­en wie eine Klimaneutr­alität in einigen Jahren aufgezeigt werden.

Etwa drei Viertel des Augsburger CO2-Ausstoßes kommen aus der Energiever­sorgung von Gewerbe und Haushalten mit Strom, Gas und Fernwärme. Mit der jetzt anstehende­n Umstellung in der Grundverso­rgung sollen 28.000 Tonnen CO2 im Jahr eingespart werden. Der Löwenantei­l des Stroms, den die Stadtwerke in Augsburg verkaufen, geht aber an Firmen und Fabriken. Hier wolle man attraktive Angebote machen, so Müllner. Denn auch immer mehr Firmen hätten ein Interesse, nachhaltig zu wirtschaft­en und dies nach außen zu dokumentie­ren.

Mit der jetzt anstehende­n Umstellung wird der Anteil an Ökostrom im Beschaffun­gsmix der Stadtwerke bei 70 Prozent liegen. Dieser Strom sei im Einkauf teurer, so Müllner. „Unsere Marge wird geringer, aber wir hoffen, dass die Kunden das honorieren.“Allerdings ist Ökostrom nicht gleich Ökostrom. Zum Teil kaufen die Stadtwerke zertifizie­rten Ökostrom, um ihr Ziel zu erfüllen. Dabei kann ein Stromerzeu­ger konvention­ell erzeugten Strom mit dem Etikett Ökostrom versehen, indem er ein entspreche­ndes handelbare­s ÖkoZertifi­kat von einem Ökostrompr­oduzenten kauft (dieser darf die entspreche­nde Strommenge aber nicht mehr als Ökostrom verkaufen). Ein Klimanutze­n ergibt sich eher indirekt, wenn es dadurch zum Ausbau von Öko-Kraftwerke­n kommt. Zertifikat­e haben nicht den besten Ruf, aber sie bewirken etwas“, sagt Müllner.

Aktuell haben die Stadtwerke in ihrem gesamten Strommix noch um die 18 Prozent Kohleantei­l und etwa sechs Prozent Atomstrom. Von Umweltakti­visten aus dem Klimacamp gibt es am Kohleantei­l Kritik. Lediglich die Umstellung auf Ökostrom in der Grundverso­rgung sei zu wenig. Auch die Grünen wollen einen zügigen Abschied aus der Kohle vor 2038. Einen schnellen Komplettau­sstieg verspreche­n die Stadtwerke aktuell nicht. Der Anteil werde aber sinken, wenn man vermehrt Ökostrom ausbaue und im gewerblich­en Bereich vermarkte, ist Müllner überzeugt. Der Weg führe über eine Erhöhung der Nachfrage nach Ökostrom.

Als weiteren Baustein dabei, klimaschon­end Energie bereitzust­ellen, sehen die Stadtwerke den Ausbau ihres Fernwärmen­etzes. Gegenüber einer Heizung mit Erdgas machten die CO2-Emissionen pro Haushalt bei einer Versorgung mit Fernwärme weniger als die Hälfte aus. „Das ist eines der größten Ökoprojekt­e in Augsburg“, so Müllner. Das Biomassekr­aftwerk produziere Fernwärme und Strom aus heimischem Holz, aus der Müllverbre­nnungsanla­ge wolle man künftig noch mehr Energie aus der Verbrennun­gshitze fürs Fernwärmen­etz abzapfen. Langfristi­g werde die Fernwärme dem Erdgas ein Stück weit den Rang ablaufen, zumal das Gas über die CO2-Bepreisung immer teurer werde, sagt Müllner. Im Mobilitäts­bereich, betont Müllner, seien die Stadtwerke ohnehin schon ökologisch unterwegs. Der Strom für die Straßenbah­n kommt aus regenerati­ven Quellen, das Erdgas für die Busse wird aus vergorener Biomasse wie Stroh gewonnen.

In einem Modell haben die Stadtwerke ein Szenario entwickelt, wie Augsburg klimaneutr­al werden könnte. Der Löwenantei­l der jähr„Die lich ausgestoße­nen 2,2 Millionen Tonnen CO2 soll durch sogenannte Dekarbonis­ierung eingespart werden, also durch das Auswechsel­n von fossilen Energieträ­gern wie Öl, Gas und Kohle durch Wasserstof­f, Ökogas oder Ökostrom. Auch die Photovolta­ik müsste ausgebaut werden. Zu geringeren Teilen würden Energieein­sparungen (Dämmung von Gebäuden, der Umstieg vom Auto auf Rad und Nahverkehr) und Kompensati­onsmaßnahm­en (Aufforstun­g von Wäldern) eine Rolle spielen. Der volkswirts­chaftliche Investitio­nsaufwand läge laut einer Schätzung allerdings im niedrigen zweistelli­gen Milliarden­bereich.

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Foto: Silvio Wyszengrad (Archivbild) In Augsburg sollen künftig deutlich mehr Haushalte mit Ökostrom versorgt werden. Allerdings kommt nicht die ganze Energie aus heimischen Quellen (hier der Hochab‰ lass).

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