Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Wofür werden Sie am meisten geschimpft, Herr Mehring?
Mit gerade mal 32 Jahren ist der Meitinger Fabian Mehring zum zweiten Mal Parlamentarischer Geschäftsführer der Freien Wähler. Im Interview spricht er über seine Ziele und die Fehler der Politik
Glückwunsch Herr Mehring, mit nur 32 Jahren sind Sie als Parlamentarischer Geschäftsführer der Freien Wähler bestätigt worden und sitzen damit weiter an den Schaltstellen der Landespolitik. Wo soll das noch hinführen?
Fabian Mehring: Vielen Dank. Dass meine Parlamentskollegen so sehr auf mich setzen, hat mich freilich sehr gefreut. Deshalb schon jetzt davon zu träumen, was vielleicht noch kommen könnte, ist aber nicht meine Art. Ich konzentriere mich lieber darauf, meine aktuelle Aufgabe so gut zu machen wie nur möglich. Wenn einem das gelingt, kommt alles Weitere von selbst.
Sie haben gesagt, es sei Ihr Traum gewesen, Politiker zu werden. Mit Blick auf Dinge wie die Masken-Affäre oder den verstolperten Impf-Start: Ist es zurzeit nicht eher ein Albtraum?
Mehring: Tatsächlich reizt mich an der Politik, die Chance zu gestalten und Dinge zu verändern. Genau das kommt derzeit leider ziemlich kurz. Stattdessen agieren wir in einer Art Corona-Tunnel und sind Getriebene des Krisenmanagements. Was im Zuge der Maskenaffäre an Vorwürfen im Raum steht, sprengt meine Vorstellungskraft als junger Parlamentarier. Sich an der größten Notlage der Nachkriegszeit persönlich zu bereichern, ist menschlich abstoßend und schlichtweg kriminell. Derlei Fehlverhalten Einzelner ist Gift für unsere ganze Demokratie, die selten stärker auf das Vertrauen der Menschen angewiesen war als in der Corona-Krise. Das Impfen halte ich für unser Tor zu Freiheit und Normalität und hoffe, dass Bund und Europa die Beschaffung der Vakzine endlich auf die Reihe kriegen.
Können Sie uns in drei kurzen Sätzen sagen, was aus Ihrer Sicht schiefläuft in unserem Land?
Mehring: Ich glaube, Politik muss wieder lernen, besser zuzuhören, und ihre Entscheidungen nicht nur treffen, sondern auch transparent erklären. Zudem müssen wir dringend raus aus dem Corona-Tunnel, um nicht die Zukunft zu verspielen. Probleme wie die Klimakrise, der demografische Wandel oder der Strukturwandel unserer Wirtschaft sind nicht weg, nur weil uns diese Pandemie heimgesucht hat.
Wenn Sie als Abgeordneter mit den Bürgern sprechen: Wofür werden Sie am meisten geschimpft?
Mehring: Derzeit dreht sich natürlich fast alles um Corona. Oft geht es dabei sehr emotional zu. Nicht selten höre ich dann am gleichen Tag sowohl Kritik an Schließungen als auch an Lockerungen. Umso mehr muss man einen kühlen Kopf bewahren, alle berechtigten Anliegen ernst nehmen und den Menschen gut erklären, warum wir wie entschieden haben. Diese persönliche Verantwortung für die Akzeptanz unserer Politik nehme ich sehr ernst.
Und wofür werden Sie gelobt? Mehring: Über das Lob für konkrete politische Erfolge hinaus freue ich mich besonders über Zuspruch für die Art, wie ich mein Mandat ausübe. Mir ist wichtig, kein unnahbarer Politfunktionär zu sein, den die Menschen nur aus dem Fernsehen und der Zeitung kennen. Stattdessen sehe mich als Angestellten der Bürger in unserer Heimat, deren Interessen ich vertreten darf. Deshalb nehme ich mir so viel Zeit wie möglich, um über soziale Medien und im persönlichen Gespräch über meine Arbeit zu informieren. Das ist ein neuer Stil, für den mein Team und ich viel positives Feedback kriegen.
„Wer sich mit der CSU ins Bett legt, kommt darin um.“Wissen Sie, wer das gesagt hat?
Mehring: Das dürfte unser Ehrenvorsitzender Armin Grein gewesen sein, den ich als einen meiner frühen Förderer sehr schätze.
Hat er recht?
Mehring: Das hängt davon ab, wie man sich im Bett verhält. Wenn man dort nur kuschelt, kann das passieren. Ich habe deshalb nicht umsonst den Ruf, einer zu sein, der der CSU öfter mal das Kopfkissen wegzieht. Je mehr die CSU wegen ihrer bundespolitischen Ambitionen auf die linke Seite der Matratze rutscht und sich mit einer grünen Decke zudeckt, desto mehr Platz wird in der Mitte für uns Freie Wähler frei.
Eine kleine Partei wie die Freien Wähler muss immer damit rechnen, es bei den nächsten Wahlen nicht mehr ins Parlament zu schaffen. Was würden Sie dann machen?
Mehring: Ich finde, dass man nur ein wirklich guter Politiker sein kann, wenn man nicht existenziell darauf angewiesen ist. Deshalb habe ich vor meinem Landtagseinzug eine Doktorarbeit geschrieben und bereits erfolgreich in Wissenschaft und Wirtschaft gearbeitet. Auch wenn man sich daher keine Sorgen um mich machen müsste, sind wir Freien Wähler derzeit aber dem Einzug in den Bundestag bedeutend näher als der Fünf-Prozent-Hürde in Bayern. Ich bin mir sicher, dass wir hierzulande auf Dauer mitregieren werden. Interview: Christoph Frey