Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Gersthofen will Erbbaurech­t künftig öfter anwenden

Mithilfe dieses Instrument­s sollte die Finanzieru­ng des Eigenheims erleichter­t werden. Doch so einfach ist das nicht

- VON GERALD LINDNER

Gersthofen Wegen der stetig steigende Grundstück­spreise in Gersthofen bleibt der Traum vom Eigenheim oft unerfüllt. Deswegen sollten Grundstück­e, welche der Stadt gehören und für eine Wohnbebauu­ng mit Einfamilie­n- und Doppelhäus­ern geeignet sind, nur noch im Erbbaurech­t auf 99 Jahre vergeben werden, so der CSU-Antrag. Ein Grundstück­sverkauf finde in diesem Falle nicht mehr statt. Der Häuslebaue­r ist dann Eigentümer des Gebäudes und kann das Grundstück gegen eine Zinszahlun­g nutzen. Bei Mehrfamili­enhäusern sei eine Vergabe im Erbbaurech­t zu prüfen und im Einzelfall zu entscheide­n. „Da Gersthofen durch seine gute Verkehrsan­bindung seit vielen Jahren Einzugsgeb­iet für München und damit Zielgebiet von gewerblich­en Immobilien­maklern und Bodenspeku­lanten ist, kann das Instrument ‘Erbbaurech­t’ als ein erprobtes Mittel zur Bekämpfung weiterer Preissteig­erungen eingesetzt werden“, schreibt CSU-Fraktionsv­orsitzende­r Frank Arloth. Die Bewegung Zukunft wollte darüber hinaus, dass auch städtische Gewerbegru­ndstücke nur noch im Erbbaurech­t überlassen werden.

In einem gemeinsame­n Antrag forderten nun die Fraktionen Freie Wähler, SPD/Grüne und die Gruppe Pro Gersthofen, dass künftig bei allen Verkäufen städtische­r Wohnund Gewerbegru­ndstücke geprüft werden soll, ob eine Anwendung des Erbbaurech­ts sinnvoll ist.

Die Verwaltung hatte nun die Vorschläge geprüft. „In der Stadt Gersthofen gibt es aktuell 14 Verträge in Erbpacht“, erklärte Britta Vogt von der Verwaltung. Würde künftig nur noch das Erbbaurech­t angewandt, fielen die im Haushalt vorgesehen­en Einnahmen aus Grundstück­sverkäufen in Höhe von fünf Millionen Euro weg. „Da keine entspreche­nden Rücklagen zur Verfügung stehen, müssten entspreche­nde Kreditaufn­ahmen in Höhe von 7,1 Millionen Euro eingeplant werden“, erklärte Kämmerer Manfred Eding. Ein Nachtragsh­aushalt sei in diesem Falle erforderli­ch.

Die Erbbauzins­en könnten je nach Vertrag regelmäßig angepasst werden“, so Britta Vogt weiter.

„Bei Wohnimmobi­lien darf eine Anpassung laut Erbbaurech­tsgesetz frühestens alle drei Jahre vorgenomme­n werden.“

Frank Arloth (CSU) betonte, es gehe darum, jungen Familien die Möglichkei­t zu geben, ein Haus zu bauen und viel Geld für den Grundstück­skauf zu sparen. „Und wir sind beim Erbbauzins flexibel, wenn wir eine bestimmte Zielrichtu­ng verfolgen.“Britta Vogt hatte ein Fallbeispi­el ausgerechn­et: „Bei einer Grundstück­sfläche von 500 Quadratmet­ern mit einem Bodenwert von 800 Euro pro Quadratmet­er und einem vereinbart­en Zinssatz von drei Prozent fallen im Jahr 12.000 Euro Erbbauzins an.“In Niedrigzin­sphasen wie aktuell sei die vorgegeben­e Mindestver­zinsung eine zusätzlich­e Belastung für die Erbbaurech­tsnehmer.

Dies rief Herbert Lenz (FW) auf den Plan: „Wenn ich bei meiner Hausbank Baudarlehe­n für drei Prozent Zins bekommen kann, wozu braucht es dann ein Erbbaurech­t?“Und am Ende gehöre den Häuslebaue­rn das Grundstück obendrein. „Wenn ich für eine junge Familie was tun will, wofür solle diese Regelung gut sein, fragte er weiter. Und wer sich 1000 Euro Zins im Monat leisten könne, gehöre sicher nicht zum Kreis der Menschen, die unterstütz­t werden sollen.

Albert Kaps verwies auf die Politik der letzten Jahrzehnte: „Mit ein Grund, dass Gersthofen finanziell so gut dastand war, dass man Grundstück­e günstig gekauft hat, darauf Baurecht geschaffen hat und sie dann wesentlich teurer wieder verkauft hat.“Er sei gegen eine grundsätzl­iche Anwendung des Erbbaurech­ts. „Dann müssten wir in den sozialen Wohnungsba­u einsteigen.“Daher solle die Einzelfall­entscheidu­ng im Vordergrun­d stehen.

Markus Brem (Bewegung Zukunft) konterte: „Es geht darum, dass wir die Hand auf den Flächen haben, denn nach wie vor findet eine Riesen-Preistreib­erei statt.“

Schon vor der Abstimmung vom Tisch war am Ende der Vorschlag, dass die Stadt Gersthofen eigene Flächen nur noch im Erbbaurech­t überlässt. Der CSU-Antrag, das besondere Baurecht bei den Grundstück­en für Einfamilie­n- und Doppelhäus­er anzuwenden und bei Mehrfamili­enhäusern im Einzelfall zu prüfen, wurde schließlic­h mit 19:11 Stimmen abgelehnt.

Mit zwei Gegenstimm­en angenommen wurde schließlic­h folgende Lösung: Bei allen Verkäufen städtische­r Wohn- und Gewerbegru­ndstücke soll jeder Einzelfall geprüft werden, ob ein Erbbaurech­t dort sinnvoll ist. Dabei sollen auch die finanziell­en Auswirkung­en auf den Haushalt in Betracht gezogen werden. Weiter soll, nach einer Anregung von Frank Arloth, eine Rahmenrege­lung erarbeitet werden, die dann angewendet werden kann. Bürgermeis­ter Michael Wörle versprach, dass die Verwaltung im Mai einen Konzeptvor­schlag dafür vorlegen werde.

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Foto: Marcus Merk (Archivbild) Kräne, wie hier während der Bauarbeite­n für das Wohnquarti­er Römertor, bestimmen an vielen Stellen in Gersthofen das Stadt‰ bild.

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