Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Ist das rechtlich überhaupt zulässig?
Der Beschluss der Gemeinde sorgte für Aufsehen: Fast ganz Bonstetten soll zum Tempo-30-Ort werden. Nach dem Gesetz ist das aber nicht so einfach durchzusetzen. Wo die Probleme liegen
Bonstetten Eigentlich sollte Bonstetten zum Tempo-30-Ort werden. Das hatte die Gemeinde vor Kurzem in einer knappen Abstimmung entschieden. Der Beschluss sorgte für viel Zündstoff. Denn die Frage ist: Geht das rechtlich überhaupt? Schon jetzt wird klar, dass wohl nicht alle Tempo-30-Zonen tatsächlich umgesetzt werden können. Kein Einzelfall, wie andere Beispiele aus dem Landkreis zeigen.
Der Bonstetter Beschluss hatte Signalwirkung: Alle Straßen, ausgenommen der Durchfahrtstecke mit Haupt- und Bahnhofstraße, sollten zu Tempo-30-Zonen werden. Eigentlich sollte es in dem Antrag lediglich um zwei Straßen im Heuberg gehen. Dann wurde schnell mehr daraus. Doch nun fallen doch ein paar Straßen aus den Planungen raus.
Wie Bürgermeister Anton Gleich erklärt, sollen drei Straßen endgültig aus dem Vorhaben gestrichen werden, über die Hohe Straße soll noch mit dem Landratsamt gesprochen werden. Bei den nicht mehr berücksichtigten Straßen handelt es sich um Reuteweg, Buchenweg und Am Anger.
Schon vor dem Beschluss sei Gleich bekannt gewesen, dass möglicherweise in nicht allen geplanten Straßen das Tempo verringert werden könnte, sagt Gleich. Das sei bei einer Rundfahrt mit der Polizei klar geworden. Bei den nun gestrichenen Straßen könne, so die Argumentation der Polizei, ohnehin nicht schneller als 30 gefahren werden. Das mache eine auferlegte Temporeduzierung überflüssig. Ähnlich sieht es bei der Hohen Straße aus. Auch hier könne man kaum Tempo 50 fahren. Diese Straße ist aber eine Verbindungsstraße und liegt somit im Zuständigkeitsbereich des Landkreises. Sollte der Gemeinderat dort unbedingt eine Tempoverringerung fordern, solle mit dem Landratsamt noch mal gesondert diskutiert werden, verrät Bürgermeister Gleich.
Welche Straßen die Gemeinde eigenständig zur Tempo-30-Zone erklären kann, ist klar geregelt. Grundsätzlich würden Tempo30-Zonen in „Wohngebieten mit hoher Fußgängerverkehrsdichte und hohem Querungsbedarf“angesetzt, erklärt das Landratsamt auf Nachfrage unserer Redaktion. Davon ausgeschlossen sind Bundes-, Staats- und Kreisstraßen – wie die Hohe Straße in Bonstetten.
Innerhalb der eigenen Dorfgrenzen hat die Gemeinde zwar erst mal freie Handhabe. Doch falls dort später tatsächlich geblitzt wird, könnte es zu rechtlichen Problemen kommen. Denn die rechtliche Grundlage zur Durchsetzung von Bußgeldern bei Verstößen gegen Tempo 30 im Dorfgebiet ist nicht in jedem Fall gegeben, wie Beispiele aus anderen Orten zeigen. In Bonstetten wurden die entsprechenden Schilder und Pfosten schon bestellt, zehn Stück an der Zahl. Die Kosten dafür belaufen sich auf etwa 2500 Euro.
Vor knapp vier Jahren wurde in Neusäß ein ähnliches Vorhaben durchgewinkt. Dort sollte vor allen Kitas und Schulen Tempo 30 gelten. Weil der Zweite Bürgermeister, Wilhelm Kugelmann (CSU), in diesem Zuge die anderen Geschwindigkeitsbegrenzungen im Stadtgebiet genauer analysieren wollte, kam es zu Problemen.
Bei der Untersuchung stellte sich nämlich heraus, dass es etliche unrechtmäßig eingeführte 30er-Zonen gab, teilweise seit Jahrzehnten. Die hätte man damals wohl auf Wunsch einzelner Anlieger oder Stadträte ausgeschildert. Da die rechtlichen Vorgaben in vielen Straßen aber nicht eingehalten wurden, mussten einige Tempo-30-Zonen weichen. Die neu geplanten wurden aber trotzdem durchgesetzt.
Auch im Biberbacher Ortsteil Markt kann man von Tempobegrenzungsschildern ein Lied singen. Dort wurden Ende des vergangenen Jahres zwar 30er-Zonen beschlossen, nachdem die Bürger sich dafür eingesetzt hatten. Zufriedenheit herrschte aber nicht bei jedem. Der Grund: Verkehrsexperten von Landratsamt und Polizei hatten zu verstehen gegeben, dass es für Bußgelder bei Verstößen gegen Tempo 30 im Markter Dorfgebiet keine rechtliche Grundlage gebe. Nur im Bereich von besonders schützenswerten Einrichtungen wie Schulen oder Altenheimen gebe das Gesetz eine Reduzierung der generellen Geschwindigkeit von 50 Stundenkilometern innerorts her. Bürgermeister Wolfgang Jarasch bezeichnete den Beschluss aus Biberbach damals als „zahnlosen Tiger“. Ähnlich könnte es auch in Bonstetten sein.