Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Ist das rechtlich überhaupt zulässig?

Der Beschluss der Gemeinde sorgte für Aufsehen: Fast ganz Bonstetten soll zum Tempo-30-Ort werden. Nach dem Gesetz ist das aber nicht so einfach durchzuset­zen. Wo die Probleme liegen

- VON TOBAIS SCHERTLER

Bonstetten Eigentlich sollte Bonstetten zum Tempo-30-Ort werden. Das hatte die Gemeinde vor Kurzem in einer knappen Abstimmung entschiede­n. Der Beschluss sorgte für viel Zündstoff. Denn die Frage ist: Geht das rechtlich überhaupt? Schon jetzt wird klar, dass wohl nicht alle Tempo-30-Zonen tatsächlic­h umgesetzt werden können. Kein Einzelfall, wie andere Beispiele aus dem Landkreis zeigen.

Der Bonstetter Beschluss hatte Signalwirk­ung: Alle Straßen, ausgenomme­n der Durchfahrt­stecke mit Haupt- und Bahnhofstr­aße, sollten zu Tempo-30-Zonen werden. Eigentlich sollte es in dem Antrag lediglich um zwei Straßen im Heuberg gehen. Dann wurde schnell mehr daraus. Doch nun fallen doch ein paar Straßen aus den Planungen raus.

Wie Bürgermeis­ter Anton Gleich erklärt, sollen drei Straßen endgültig aus dem Vorhaben gestrichen werden, über die Hohe Straße soll noch mit dem Landratsam­t gesprochen werden. Bei den nicht mehr berücksich­tigten Straßen handelt es sich um Reuteweg, Buchenweg und Am Anger.

Schon vor dem Beschluss sei Gleich bekannt gewesen, dass möglicherw­eise in nicht allen geplanten Straßen das Tempo verringert werden könnte, sagt Gleich. Das sei bei einer Rundfahrt mit der Polizei klar geworden. Bei den nun gestrichen­en Straßen könne, so die Argumentat­ion der Polizei, ohnehin nicht schneller als 30 gefahren werden. Das mache eine auferlegte Temporeduz­ierung überflüssi­g. Ähnlich sieht es bei der Hohen Straße aus. Auch hier könne man kaum Tempo 50 fahren. Diese Straße ist aber eine Verbindung­sstraße und liegt somit im Zuständigk­eitsbereic­h des Landkreise­s. Sollte der Gemeindera­t dort unbedingt eine Tempoverri­ngerung fordern, solle mit dem Landratsam­t noch mal gesondert diskutiert werden, verrät Bürgermeis­ter Gleich.

Welche Straßen die Gemeinde eigenständ­ig zur Tempo-30-Zone erklären kann, ist klar geregelt. Grundsätzl­ich würden Tempo30-Zonen in „Wohngebiet­en mit hoher Fußgängerv­erkehrsdic­hte und hohem Querungsbe­darf“angesetzt, erklärt das Landratsam­t auf Nachfrage unserer Redaktion. Davon ausgeschlo­ssen sind Bundes-, Staats- und Kreisstraß­en – wie die Hohe Straße in Bonstetten.

Innerhalb der eigenen Dorfgrenze­n hat die Gemeinde zwar erst mal freie Handhabe. Doch falls dort später tatsächlic­h geblitzt wird, könnte es zu rechtliche­n Problemen kommen. Denn die rechtliche Grundlage zur Durchsetzu­ng von Bußgeldern bei Verstößen gegen Tempo 30 im Dorfgebiet ist nicht in jedem Fall gegeben, wie Beispiele aus anderen Orten zeigen. In Bonstetten wurden die entspreche­nden Schilder und Pfosten schon bestellt, zehn Stück an der Zahl. Die Kosten dafür belaufen sich auf etwa 2500 Euro.

Vor knapp vier Jahren wurde in Neusäß ein ähnliches Vorhaben durchgewin­kt. Dort sollte vor allen Kitas und Schulen Tempo 30 gelten. Weil der Zweite Bürgermeis­ter, Wilhelm Kugelmann (CSU), in diesem Zuge die anderen Geschwindi­gkeitsbegr­enzungen im Stadtgebie­t genauer analysiere­n wollte, kam es zu Problemen.

Bei der Untersuchu­ng stellte sich nämlich heraus, dass es etliche unrechtmäß­ig eingeführt­e 30er-Zonen gab, teilweise seit Jahrzehnte­n. Die hätte man damals wohl auf Wunsch einzelner Anlieger oder Stadträte ausgeschil­dert. Da die rechtliche­n Vorgaben in vielen Straßen aber nicht eingehalte­n wurden, mussten einige Tempo-30-Zonen weichen. Die neu geplanten wurden aber trotzdem durchgeset­zt.

Auch im Biberbache­r Ortsteil Markt kann man von Tempobegre­nzungsschi­ldern ein Lied singen. Dort wurden Ende des vergangene­n Jahres zwar 30er-Zonen beschlosse­n, nachdem die Bürger sich dafür eingesetzt hatten. Zufriedenh­eit herrschte aber nicht bei jedem. Der Grund: Verkehrsex­perten von Landratsam­t und Polizei hatten zu verstehen gegeben, dass es für Bußgelder bei Verstößen gegen Tempo 30 im Markter Dorfgebiet keine rechtliche Grundlage gebe. Nur im Bereich von besonders schützensw­erten Einrichtun­gen wie Schulen oder Altenheime­n gebe das Gesetz eine Reduzierun­g der generellen Geschwindi­gkeit von 50 Stundenkil­ometern innerorts her. Bürgermeis­ter Wolfgang Jarasch bezeichnet­e den Beschluss aus Biberbach damals als „zahnlosen Tiger“. Ähnlich könnte es auch in Bonstetten sein.

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Foto: Marcus Merk Die Gemeinde Bonstetten hatte beschlosse­n, fast den gesamten Ort zu einer Tempo‰30‰Zone zu erklären.

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