Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Der Mann mit der spektakulären Kamera
Mit technischen Verbesserungen gelangen Jost Vacano aufregende Bildfahrten. Vor allem „Das Boot“trägt seine Handschrift. Jetzt streitet er um ein höheres Honorar
Der Film „Das Boot“hatte Millionen eingespielt, doch der Kameramann sollte mit rund 100000 Euro abgespeist werden? Jost Vacano, schon lange ein Streiter für die angemessene Beteiligung der Urheber, zog vor Gericht und kämpfte über ein Jahrzehnt beharrlich für sein Recht. An diesem Donnerstag wird der Bundesgerichtshof in Karlsruhe, der bereits 2020 ein Grundsatzurteil zugunsten Vacanos gesprochen hat, entscheiden, wie viel ihm die Bavaria Film und der WDR nachzahlen müssen.
Mittlerweile 87 Jahre alt, hat Vacano als Kameramann innovative Maßstäbe gesetzt. „Von Anfang an zeichnete sich seine Kameraführung durch eine stark expressive, von einem immensen Bewegungsdrang geprägte Bildgestaltung aus“, schreibt der Filmautor Bernd Giesemann in seinem Standardwerk. In die erste Reihe der deutschen Kameramänner ist er spätestens durch „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“(1975) gekommen, für die er den Deutschen Filmpreis erhalten hat. Seine spektakulären Kamerafahrten in „Das Boot“(1981) sind 30 Jahre später als Historical Shot geehrt worden. Vacano hatte dafür seine Handkamera technisch aufgerüstet, um auf engstem Raum und in hohem Tempo verwacklungsfreie Bilder zu erhalten. Diese außergewöhnliche Bewegungsdramaturgie samt verblüffender Lichtführung brachte dem deutschen Kameramann eine Oscar-Nominierung ein.
Begonnen hatte seine Karriere in den 1950ern mit Werbe- und Dokumentarfilmen. Künstlerisch ambitioniert ging der Sohn einer Ballettmeisterin und eines Kapellmeisters nach dem Abitur 1954 in Dortmund dorthin, wo Filme gemacht werden, nämlich nach München. Jedoch sollte der Neuling die erhoffte Kameraassistenz nicht so schnell erhalten und so wich Vacano auf ein Studium der Elektrotechnik und eine Schauspielausbildung aus. Damals lernte er Peter Schamoni kennen, beide sollte eine lebenslange Freundschaft verbinden. 1957 begleitete ihn Vacano als Kameramann zu den Weltjugendfestspielen in Moskau. Nach einigen Fernsehfilmen, u. a. unter der Regie von Peter Zadek, drehte er 1966 den ersten Kinofilm „Schonzeit für Füchse“wieder mit Schamoni. Es folgte ein Jahrzehnt mit zahlreichen, teils herausragenden Filmproduktionen, darunter die „Tatort“-Folge „Kressin und der tote Mann im Fleet“und „Deutschstunde“mit Regisseur Peter Beauvais. Regisseur Roland Klick spornte ihn zu weiteren Bestleistungen an. Da in „Supermarkt“(1973) der Hauptdarsteller ständig auf der Flucht ist, baute Vacano seine dynamische „Joosticam“, wie sie in Hollywood genannt wurde, und fing damit den panischen Zustand bestens ein. Für die Bildgestaltung der Verfilmung des Simmel-Romans „Lieb Vaterland magst ruhig sein“erhielt Vacano 1976 das Filmband in Gold. In Amerika produzierte der Kameramann weitere Kinofilme unter Regie von Paul Verhoeven, so „RoboCop“(1987) und „Total Recall“(1990) mit Arnold Schwarzenegger. Alois Knoller