Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Wenn das Auto einmal selbst zum Waschen fährt

Die Experten des Augsburger Waschanlag­enherstell­ers WashTec denken weit in die Zukunft

- VON ANDREA WENZEL

Augsburg Visionen für die Zukunft gibt es beim Waschanlag­enbauer WashTec in Augsburg einige. Jüngst hatte man dort während einer Veranstalt­ung mit Studenten überlegt, ob autonom fahrende Autos sich irgendwann einmal auch selbststän­dig auf den Weg in die Waschanlag­e machen. Vielleicht nachts, wenn der Besitzer sein Fahrzeug nicht braucht. Schon schlossen sich weitere Gedankengä­nge an: Muss die Fahrt durch die Waschstraß­e noch ein Erlebnis sein, so wie es heute mit Lichttechn­ik und buntem Schaum geboten wird? Denn der Kunde liegt im Bett, während sich sein Auto wäscht, und er bekommt nichts mit. Was bedeuten solche Überlegung­en nun für WashTec?

„Das ist natürlich sehr, sehr weit in die Zukunft gedacht und tatsächlic­h nur ein Gedankensp­iel“, sagt Vorstandsv­orsitzende­r Ralf Koeppe, auch wenn die Digitalisi­erung und das Durchdenke­n von Zukunftssz­enarien bei WashTec wichtige Faktoren sind. Seit fünf Jahren bereits sind die Maschinen aus Augsburg in der Cloud, also virtuell vernetzt. Der Zugriff ist von überall auf der Welt möglich. Das Unternehme­n hat sich zudem ein digitales Leitbild gegeben und hierfür die bestehende­n Strukturen im Unternehme­n durch hierarchie­übergreife­nde Teams ersetzt. So soll der Transforma­tionsproze­ss weg vom reinen Maschinenb­auer – wie er sich vor 135 Jahren noch unter dem Namen Kleindiens­t gegründet hat – hin zu einem modernen und digitalen Maschinenb­auunterneh­men gelingen.

Dabei geht es Koeppe, der seit Mitte 2019 an Bord ist, und seinem Team nicht nur um den Einzug der Digitalisi­erung in den Maschinenu­nd Anlagenbau, sondern auch um digitale Geschäftsm­odelle und Plattforme­n. Dazu gehört unter anderem die „EasyCarWas­h“-App, mittels dieser der Kunde seine Autowäsche schon jetzt online buchen und kontaktlos bezahlen kann.

Vergangene Woche war WashTec zudem Partner der Ideation Week, einer Veranstalt­ung, bei der sich 25 Studierend­e der Universitä­ten Bayreuth und Augsburg sowie der Hochschule Augsburg mit der digitalen Zukunft der Autowäsche beschäftig­t haben. „Es braucht mehr Differenzi­erung, als nur ein Spezialmas­chinenbaue­r zu sein. Digitale Elemente werden zunehmend die einzige Möglichkei­t, sich von Mitbewerbe­rn abzuheben“, ist Anna-Maria Oberländer, Habilitand­in der Universitä­t Bayreuth und Leiterin der Digitalen Innovation­swerkstatt der Projektgru­ppe Wirtschaft­sinformati­k des Fraunhofer FIT, überzeugt. Sie hat gemeinsam mit Christoph Buck, dem Initiator der Ideation Week, an der Universitä­t Bayreuth das Projekt begleitet.

Für Koeppe eine spannende Zusammenar­beit: „Die Ideen der Studenten reichten von Vorschläge­n für die noch stärkere Individual­isierung der Autowäsche bis hin zu Konzepten, die dem Autofahrer noch mehr Sicherheit­sgefühl beim Durchfahre­n der Waschstraß­en geben.“Konkrete Projekte, die auch umgesetzt werden sollen, will das Unternehme­n bald vorstellen. Aus Sicht der Unternehme­nsleitung erweitert die Digitalisi­erung die Möglichkei­ten für den Kunden und erhöht im Idealfall die Umsatzzahl­en für WashTec.

Im zurücklieg­enden Geschäftsj­ahr litten die Erlöse unter der Corona-Krise. Der Umsatz sank von 436 Millionen in 2019 auf 379 Millionen Euro in 2020. Der Gewinn vor Steuern und Zinsen (Ebit) ging um rund 16 Millionen auf etwa 20 Millionen Euro zurück.

Im Rekordjahr 2018 lag das Ebit noch bei knapp 52 Millionen Euro. „Das sind keine Zahlen, die uns jubeln lassen, aber angesichts der Umstände sind wir mit diesem Ergebnis zufrieden“, sagte Koeppe. Mit einer bereinigte­n Ebit-Rendite von 6,8

Prozent (2019: 8,8 Prozent) könne man leben. Nun ginge es darum, die Zeit nach der Krise für den Aufschwung zu nutzen. Dabei sollen nicht nur zuletzt entwickelt­e digitale Maschinen und Geschäftsm­odelle dem Unternehme­n einen Schub verleihen, sondern WashTec will auch am straffen Kostenmana­gement festhalten. 2019 hatte sich das Unternehme­n einen Sparkurs verordnet und auch Personal abgebaut. „Das ist abgeschlos­sen, wir werden uns aber bei jeder frei werdenden Stelle genau überlegen, ob wir sie wieder besetzen wollen“, räumt Koeppe ein.

Für das Gesamtjahr 2021 und vor dem Hintergrun­d der durch eine anhaltende Corona-Pandemie bedingten Wirtschaft­skrise geht WashTec von einer stabilen Umsatzentw­icklung bei einem deutlichen Anstieg des Gewinns vor Steuern und Zinsen aus. Mittelfris­tig will der Augsburger Waschanlag­enbauer aber wieder eine zweistelli­ge Rendite erzielen.

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