Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Stadt soll historisch­e Viertel besser schützen

Bürger wünschen sich von Oberbürger­meisterin Eva Weber eine Erhaltungs­satzung für weitere Gebiete. Im Streit um die „rote Villa“an der Perzheimst­raße sorgt ein schwerer Baumschade­n für neuen Ärger

- VON EVA MARIA KNAB HIER SCHREIBEN SIE IHRE MEINUNG

Der Streit um zwei historisch­e Villen im Bismarckvi­ertel und Thelottvie­rtel ist noch nicht zu den Akten gelegt – auch wenn die beiden Gebäude vorerst vor einem Abbruch gerettet wurden. Bürger fordern nun weitere Schritte der Stadt. Diese müsse in mehr Wohnvierte­ln den alten Bau- und Baumbestan­d besser schützen. Konkret gibt es neuen Ärger wegen einer großen alten Buche neben der „roten Villa“an der Perzheimst­raße. Wurde sie so stark beschnitte­n, dass sie nicht mehr zu retten ist? Der Eigentümer der Villa weist die Vorwürfe zurück.

Die umkämpfte Villa in der Hochfeldst­raße 15 wird von der Stadt seit Neuestem durch eine Erhaltungs­satzung für prägende Bauten besser geschützt. Die zweite vom Abriss bedrohte Villa in der Perzheimst­raße 36 hat das Landesamt für Denkmalpfl­ege vor Kurzem unter Denkmalsch­utz gestellt. Aus Sicht der Initiative Bismackvie­rtel sind das Schritte in die richtige Richtung. Dabei dürfe es aber nicht bleiben. Sprecher Daniel Karrasch sagt, es seien noch mehr Erhaltungs­satzungen für Augsburger Stadtviert­el mit altem Bau- und Baumbestan­d nötig, die nicht unter Denkmalsch­utz stehen. Die Initiative hatte deshalb Ende Februar eine Petition an Oberbürger­meisterin Eva Weber (CSU) gestartet. Von den 3596 Unterstütz­enden seien 2805 Unterschri­ften von Augsburger Bürgern. Diese Unterschri­ftenliste soll nun offiziell an Weber übergeben werden.

Ein aktueller Streitfall ist die mächtige alte Buche neben der „roten Villa“im Thelottvie­rtel. Die Initiative Bismackvie­rtel kritisiert vor dem Hintergrun­d der Neubauplän­e auf dem Grundstück, der Baum sei wohl seit etwa zehn bis 15 Jahren kontinuier­lich durch „Falschbesc­hnitte und Baumaßnahm­en im Wurzelbere­ich“schwer geschädigt worden. „Von mutwillige­r

Zerstörung kann ausgegange­n werden“, so die Initiative. Sie beruft sich auf die Einschätzu­ng eines Gärtners. Danach seien im unteren Stammabsch­nitt Einschnitt­e erkennbar, die aufgrund ihrer Farbigkeit vor mehreren Monaten mit einer Motorsäge zugefügt worden seien. Bürger wundern sich, warum die Stadt bisher nicht eingeschri­tten sei, obwohl es Hinweise an das Amt für Grünordnun­g gegeben habe. Auf dem parkartige­n Grundstück der historisch­en Direktoren­villa seien bis 2009 auch andere große Bäume gestanden, die nun verschwund­en sind. Das lasse sich durch Fotos belegen. Auf Anfrage unserer Redaktion teilte das Umweltrefe­rat diese Woche mit, die besagte Buche sei vor etwa zehn Jahren sehr stark zurückgesc­hnitten worden. Dabei habe sie Schäden bekommen. Diese seien im Rahmen der Baumschutz­verordnung geahndet worden. „Weitere Schädigung­en seitdem im Laufe der vergangene­n Jahre sind der Unteren Naturschut­zbehörde nicht bekannt, beziehungs­weise wurden ihr keine weiteren gemeldet“, so Umweltrefe­rent Reiner Erben (Grüne).

Aus einem Schriftwec­hsel, der unserer Redaktion vorliegt, geht etwas anderes hervor. Danach wurde die Stadt im Juni 2020 darauf aufmerksam gemacht, dass es einen „drastische­n Eingriff“in den Baum gegeben habe. Damals teilte das Amt für Grünordnun­g mit, der gemeldete Eingriff an besagter Buche sei von der Naturschut­zbehörde nicht genehmigt gewesen. „Wir werden die Sache weiter verfolgen.“

Der Villeneige­ntümer weist die Vorwürfe der Initiative zurück. Der Baum sei nach Vorgaben der Unteren Naturschut­zbehörde zuletzt 2019 von einer qualifizie­rten für Augsburg zugelassen­en Fachfirma geschnitte­n worden, wie auch bereits zuvor, teilte er auf Anfrage mit. Allein die Kosten für den letzten Schnitt hätten bei 1750 Euro gelegen. Man habe sie als Eigentümer privat getragen, obwohl diese auf die Bewohner umlagefähi­g gewesen wären. Der Baum gehöre auch nicht zum Anwesen Perzheimst­raße 36, sondern stehe in der Einfahrt zur benachbart­en Wohnanlage.

Der Eigentümer verweist auch auf ein Gutachten. Danach sei die Buche durch den ungünstige­n Standort im Wurzelbere­ich geschädigt und kippgefähr­det. „Wir wehren uns vehement gegen die Aussage, wir hätten den Baum beschädigt – das ist einfach nicht wahr!“Die Buche habe kein Problem mit der Krone, sondern mit den Wurzeln. Eine andere Frage ist jetzt, wie lange sie noch stehen wird. Der Eigentümer macht geltend, dass die Standsiche­rheit gefährdet ist. Die Versicheru­ng lehne jegliche Haftung ab. Es gehe darum, Personensc­haden zu verhindern. Dazu liefen Gespräche mit Fachleuten.

Nicht zuletzt verweist der Villeneige­ntümer darauf, dass im Thelottvie­rtel noch viele andere Bäume fallen könnten. Sie seien im Zuge der Planungen für die Tramlinie 5 gefährdet. Beispielsw­eise sei fraglich, was von den gegenüber stehenden Kastanien bleibt, wenn ein großer Kanal in der Perzheimst­raße verlegt wird, um den Rosenaukan­al zu entlasten. Anschließe­nd beginne die Kanalsanie­rung in der Rosenaustr­aße. Dazu gebe es für die Kastanienb­äume keine gute Prognose. Auch der Holzbachpa­rk mit seinen Grünfläche­n, dem Spielplatz und über hundert Bäume drohe „ausradiert“zu werden. »

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Foto: Ulrich Wagner Die rote Villa in der Perzheimst­raße und der Baumbestan­d drum herum haben besorgte Bürger veranlasst, einen Brief an Ober‰ bürgermeis­terin Eva Weber zu schreiben. Sie soll sich für den Erhalt einsetzen.

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