Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Seit 50 Jahren gibt’s hier frische Waren

Frisches Gemüse, Fleisch und die eine oder andere Ware: Das wird auf dem Gersthofer Stadtmarkt angeboten. Warum Kunden auf eine Feier zum Jubiläum warten müssen

- VON GERALD LINDNER

Gersthofen Lebensmitt­el einkaufen und dabei mit den Direktanbi­etern ins Gespräch kommen – dies können die Gersthofer­innen und Gersthofer jeden Samstag von 7 bis 12.30 Uhr auf dem Rathauspla­tz. An dieser zentralen Stelle findet seit dem 24. April 1971 – also seit 50 Jahren – regelmäßig jede Woche am Samstag der Wochenmark­t statt. Dieser Markt dient auch vielen Gersthofer­n als Treffpunkt zum Ratschen – außerhalb der Corona-Zeiten. Wegen der Pandemie muss auch am Samstag, dem Jubiläumst­ag, auf eine Feier verzichtet werden. Aber es gibt bei der Stadt schon Pläne für den Sommer.

Die Idee, einen Wochenmark­t auf dem Rathauspla­tz abzuhalten, kam 1971 vom damaligen Bürgermeis­ter Karl J. Weiß. Neben einem „Frische-Waren-Angebot“für die Hausfrauen sollte für die Bürger insgesamt ein Marktplatz entstehen, auf dem man sich trifft und sich neben dem Einkaufen unterhält. Die Stadt bat vor der Eröffnung des Markts zunächst um Bewerbunge­n. Verkauft werden sollten rohe Naturerzeu­gnisse, allerdings ohne größeres Vieh, sowie bewurzelte Bäume und Sträucher und frische Lebensmitt­el aller Art. Erwünscht waren ebenso Neuheiten und Spezialitä­ten, die zum täglichen Gebrauch im Haushalt gehören. Das zulässige Angebot an Waren wurde dann im April 1971 in einer „Wochenmark­tverordnun­g“konkretisi­ert. Diese galt unveränder­t die ganzen 50 Jahre lang und wurde erst im März durch eine zeitgemäße Satzung ersetzt.

Einige Wochen nach dem ersten Marktsamst­ag zog die Stadtverwa­ltung

ein erstes Resümee und stellte fest: Der Wochenmark­t hat von Anfang an bestens funktionie­rt und kam bei den Hausfrauen gut an. Waren es im Jahr 1978 gute 20 regelmäßig­e Anbieter, sorgen heute im Durchschni­tt 14 regelmäßig­e Anbieter für frisches Gemüse und Obst, Käse und Gebäck und mehr, weiß Kerstin Gaipl-Härle, die bei der Gersthofer Stadtverwa­ltung seit mehr als 20 Jahren für den Markt zuständig ist.

Dafür seien die Stände heute wesentlich größer als vor 40 oder 50 Jahren. „Hinzu kommen Stände, die Produkte der Saison verkaufen, beispielsw­eise Spargel und Erdbeeren.“Dieses Angebot sei im Großen und Ganzen all die Jahre gleich geblieben. „Lediglich Backwaren sowie eingelegte Produkte wie Oliven oder Käse seien hinzugekom­men. Wie zu den Anfangszei­ten verlangt die Stadt keine Standgebüh­ren.

Zu den Kunden gehören nicht mehr nur Hausfrauen wie zur Anfangszei­t des Wochenmark­tes, betont Gaipl-Härle. „Es kaufen hier inzwischen Menschen aus allen Schichten, vor allem aber auch viele junge Familien ein.“In den fünf Jahrzehnte­n musste der Markt zeitweilig vom Rathauspla­tz weichen. Mehr als zwei Jahre mussten sich die Marktbesch­icker ab Herbst 1990 wegen der Bauarbeite­n im Zentrum im alten Stadtbauho­f auf der Nordseite der Bahnhofstr­aße niederlass­en, wo sich heute die Stadtresid­enz und das Stadthotel befinden.

Mit den beiden Elefantend­amen Mary und Betty vom Zirkus Hellas wurde dann am 17. April 1993 bei einem bunten Treiben mit Musik, Freibier und Würsteln die Rückkehr auf dem Platz zwischen neuem Rathaus und City-Center groß gefeiert. Standbetre­iber Anton Krieger ist heute auch der Ansprechpa­rtner der Marktleute gegenüber der Stadtverwa­ltung. Während Krieger selbst über 30 Jahre Woche für Woche mit seinem Verkaufsst­and dabei ist, sind bereits von Anfang an drei Beschicker regelmäßig zur Stelle: die Firma Gartenbau Wollmann aus Gablingen, der Eierund Geflügel-Stand Schwab-Zettl aus Aichach und die Gemüsebauf­irma Baumgartne­r, früher Zeitlmeir, aus Gebenhofen. Es gab auch Zwischenfä­lle,

so Kerstin Gaipl-Härle: „Im Jahr 1977 hat jemand Textilien verkauft, was nicht erlaubt war.“Als Quittung gab’s dafür eine Anzeige. Und nach dem Reaktorung­lück in Tschernoby­l im Jahr 1986 wurde der Verkauf von Freilandge­müse auf dem Rathauspla­tz verboten. „Es durfte ein Strahlenwe­rt von höchstens 250 Becquerel pro Kilogramm nicht überschrit­ten werden“, so Gaipl-Härle.

Zur Aufbaugene­ration des Wochenmark­ts gehört auch Josef Päckert vom Amt für Öffentlich­e Ordnung, der sich bei seinem Ausscheide­n im Jahr 1995 erinnerte: „Besonders viel Einsatz verlangte die Organisati­on des Stadtmarkt­s. Da stand ich regelmäßig um vier Uhr morgens auf dem Marktplatz.“20 Jahre lang kümmerte sich in gleicher Weise dann Josef Heckel bis ins Jahr 2015 als von der Stadt bestellter Marktleite­r. Der „Heckel-Sepp“sah nicht nur immer nach dem Rechten, er verstand es auch, die oft unterschie­dlichen Meinungen von Standleute­n und Marktbesuc­hern unter einen Hut zu bringen. khw)

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Fotos: Stadtarchi­v Gersthofen/Diana Zapf‰Deniz Im April 1993 öffnete der Gersthofer Wochenmark­t nach drei Jahren zum ersten Mal wieder auf dem umgebauten Rathauspla­tz. Anton Krieger (rechts) ist seit über 30 Jahren mit am Start.
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