Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Was ein Trainerwechsel jetzt bewirken kann
Neun neue Trainer innerhalb dieser Saison. Ein Sportpsychologe erklärt die Vor- und Nachteile
Augsburg Drei Spieltage vor Schluss hat sich der FC Augsburg dazu entschlossen, sich von seinem Trainer Heiko Herrlich zu trennen. Nachfolger Markus Weinzierl bleiben nur wenige Begegnungen, um den Abwärtstrend zu stoppen und die Saison für den Fußball-Bundesligisten zu einem guten Ende zu bringen. FCASport-Geschäftsführer Stefan Reuter begründete die Verpflichtung Weinzierls unter anderem damit, dass der 46-Jährige der „richtige Trainer in der jetzigen Situation“sei. Doch welchen Effekt haben Trainerwechsel in der Bundesliga? Erst recht so kurz vor Ende der Spielzeit?
Sportpsychologe René Paasch betont, welch wichtige Position die des Trainers sei. Ob es Sinn mache, so kurzfristig einen Wechsel vorzunehmen, will er nicht final beurteilen. Zwei Aspekte müssten berücksichtigt werden, meint Paasch: der kurzfristige und der langfristige Effekt. „Spieler, die unter dem alten Trainer keine Rolle gespielt haben, wollen zeigen, zu welchen Leistungen sie fähig sind.“Nicht unterschätzen dürfe man auch das Mentale. In dieser Phase der Saison stünde im Vordergrund, die Mannschaft zu motivieren und Siegermentalität mitzugeben. Das sei aber für den neuen Trainer eine Herausforderung. „Wenn vorher die Leistung nicht stimmte, kann ich nicht plötzlich alles um 180 Grad drehen.“Durch Untersuchungen ließe sich belegen, dass ein Trainerwechsel sich langfristig nicht bezahlt mache, betont Paasch. Durchschnittlich beträgt die Amtszeit eines Trainers derzeit knapp eineinhalb Jahre.
Herrlichs Entlassung war die neunte in der laufenden Bundesligasaison. Mancher Verein hatte damit Erfolg, andere weniger. Schalke 04 tauschte gleich dreimal seinen Trainer, bewirkt haben die Wechsel nichts. Erst befehligte David Wagner die Mannschaft, er drang aber ebenso wenig in die Köpfe der Spieler ein wie später Manuel Baum, Christian Gross und Dimitrios Grammozis. Auch bei Hertha BSC stellte sich mit der Entlassung Bruno Labbadias und der Verpflichtung von Pal Dardai keine Verbesserung ein. Die Berliner müssen fürchten, nach Schalke 04 als zweites Team direkt abzusteigen.
Es gibt allerdings auch Beispiele, bei denen neue Trainer den Mannschaften im Abstiegskampf Leben einhauchten. Bestes Beispiel: Mainz 05. Zwar verpuffte der Effekt nach dem Übergang von Achim Beierlorzer zu Jan-Moritz Lichte, doch mit dem Umbau der kompletten sportlichen Leitung zogen die Mainzer Klubbosse wohl die richtigen
Schlüsse. Unter Sportvorstand Christian Heidel, Sportdirektor Martin Schmidt und Trainer Bo Svensson hat Mainz eine beeindruckende Rückrunde mit bislang 27 Punkten gespielt.
Borussia Dortmund hätte sich wohl mehr erwartet, nachdem der Klub Mitte Dezember Lucien Favre durch Edin Terzic ersetzte. Letztlich unterscheidet sich der Punkteschnitt kaum zwischen dem Schweizer
(1,7) und dessen Nachfolger (1,8). Bessere Erfahrungen machten nach ihren Trainerwechseln hingegen Bayer Leverkusen (Hannes Wolf für Peter Bosz), Arminia Bielefeld (Frank Kramer für Uwe Neuhaus) und der 1. FC Köln (Friedhelm Funkel für Markus Gisdol).
Sportpsychologe Paasch erklärt, worauf es in den nächsten Tagen und Wochen für die Trainer im Abstiegskampf ankomme. Die Spieler müssten motiviert werden und bereit sein, einen gemeinsamen Weg zu gehen. Das Menschliche trete in den Mittelpunkt, Gespräche zwischen Spieler und Trainer. Plakativ sagt Paasch: „Für jeden Spieler muss es eine Freude sein, einen Ball zurückzuholen, den ein Mitspieler verliert.“Es gehe bereits in den Trainingseinheiten darum, sich Ziele zu setzen. Über kleinere Erfolge in den Übungseinheiten könne sich eine Mannschaft Selbstvertrauen holen, meint Paasch.
Markus Weinzierl hat immerhin mehr Zeit als üblich in dieser Phase der Saison. Erst in eineinhalb Wochen tritt er mit dem FCA beim VfB Stuttgart an (Freitag, 20.30 Uhr).