Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Impfstoff für Kinder in Sicht

Corona Wird ein großer Teil der Schüler schon in den Sommerferi­en geimpft? Ein Hersteller macht den Eltern jetzt Hoffnung. Ärzte pochen auf gründliche Prüfung

- VON CHRISTIAN GRIMM, DANIELA HUNGBAUR UND LEA THIES

Berlin Bisher gibt es keine CoronaImpf­ung für Jungen und Mädchen unter 16 Jahren – für ältere Kinder könnte sich das allerdings schon bald ändern. Gesundheit­sminister Jens Spahn (CDU) geht davon aus, dass Schulkinde­r ab zwölf Jahren vor Beginn des neuen Schuljahrs gegen das Coronaviru­s geimpft sein können: „Spätestens in den Sommerferi­en werden wir die über Zwölfjähri­gen impfen können.“

Zuvor hatte der Mainzer Impfstoffh­ersteller Biontech angekündig­t, dass bereits im Juni erst Schüler im Alter von zwölf bis 15 Jahren eine Spritze erhalten könnten. Das Unternehme­n und sein amerikanis­cher Partner Pfizer wollen in den nächsten Tagen bei der europäisch­en Arzneimitt­elbehörde EMA eine Zulassung ihres Serums für Kinder ab zwölf Jahren beantragen.

Spahn warnte jedoch vor zu großem Optimismus: „Wir müssen jetzt aufpassen, dass der Juni nicht überfracht­et wird mit Erwartunge­n.“Es werde dann nicht genü

Impfstoff für alle im Alter zwischen zwölf und 60 Jahren geben.

Wie entscheide­nd im Kampf gegen die Pandemie das Impfen der Kinder ist, betont auch Professor Michael Frühwald im Gespräch mit unserer Redaktion, der Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendmedi­zin am Unikliniku­m Augsburg. Danach bereiten den Ärzten unter anderem die Nachwirkun­gen einer Covid-Infektion Sorgen. So sei das Multi-Entzündung­ssyndrom namens PIMS eine schwere Erkrankung, die bei etwa einem von 1000 infizierte­n Kindern auftrete.

Vor dem Impfen der Kinder, so Frühwald, müsse die Sicherheit der Vakzine für die Jüngsten noch gründlichs­t analysiert werden. Er kann sich vorstellen, dass noch nicht gleich alle Altersgrup­pen geimpft werden. Denkbar sei etwa, die ganz Kleinen bis zum Alter von drei oder vier Jahren noch außen vor zu lassen. Der Regensburg­er Medizinpro­fessor Michael Kabesch, der für eine große Studie Kinder an Schulen testet, nannte es „eine sehr hoffnungsf­rohe Nachricht, dass Biontech zu den Kindern über zwölf Jahren so vielverspr­echende Daten hat.“Impfen und Testen gehörten zusammen, betonte er. „Gerade bei jüngeren Kindern bleibt damit auf absehbare Zeit das Testen die einzige Schutzmögl­ichkeit.“

Biontech-Chef Ugur Sahin ist allerdings zuversicht­lich, dass auch für kleinere Kinder bald ein CoronaGege­nmittel

bereitsteh­en könne. „Wir glauben, dass es jetzt schnell gehen kann“, betonte er im Spiegel. „Es ist sehr wichtig, Kindern eine Rückkehr zum Schulallta­g sowie Treffen mit Familie und Freunden zu ermögliche­n.“Sahin rechnet im Juli mit ersten Studienerg­ebnissen zur Wirksamkei­t bei Fünf- bis Zwölfjähri­gen. Bei Kindern ab zwölf Jahren sei der Wirkstoff seiner Firma ersten Daten zufolge zu 100 Prozent wirksam und gut verträglic­h gewesen. Das deute darauf hin, „dass Kinder durch die Impfung besonders gut geschützt sind“.

Wie berichtet, will die Bundesrege­nd gierung die bestehende Impfreihen­folge im Juni aufheben, Bayern sogar schon im Laufe des Mai. Spahn hält es für sinnvoll, dass dann in den Städten und Gemeinden vor Ort entschiede­n wird, wo den Kindern das Serum verabreich­t wird. Das könne in den Schulen sein, aber auch in den Impfzentre­n oder bei den Kinder- und Hausärzten.

In den vergangene­n Wochen hatte sich der Corona-Erreger stärker bei Kindern und Jugendlich­en ausgebreit­et, weil Schulen und Kindergärt­en wieder geöffnet waren. Grundsätzl­ich ist das Risiko einer schweren Erkrankung und das von Langzeitfo­lgen einer Infektion bei Kindern aber deutlich geringer als bei Erwachsene­n. Erste Studien zeigten aber, dass es auch bei Kindern „Long Covid“geben könne, betonte der Präsident des RobertKoch-Institutes, Lothar Wieler. Dies dürfe man bei der Risikobewe­rtung nicht aus dem Blick verlieren. Mit „Long Covid“werden die Folgeersch­einungen einer Infektion wie Konzentrat­ionsschwie­rigkeiten, Atemnot oder Abgeschlag­enheit bezeichnet. »Bayern

Zulassung ist nur eine Frage von Wochen

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