Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Maaßen bringt die CDUOberen ins Schwitzen
Der Ex-Verfassungsschützer strebt just in einem Thüringer Skandalwahlkreis ein Mandat an. Hält er sich an Absprachen?
Berlin Es ist ein Skandalwahlkreis, den Hans-Georg Maaßen mitten im Thüringer Wald erobern will. Sollte ihm das gelingen, könnten weitere Skandale folgen. Der ehemalige Chef des Verfassungsschutzes gilt wegen seiner Flirts mit der AfD als Enfant terrible und Störenfried in der CDU. Seine Kandidatur ist für viele in der Partei das Letzte, was der angeschlagene Kanzlerkandidat und Weiterso-Mann Armin Laschet gebrauchen kann. Denn Maaßen ist die personalisierte Gretchenfrage, wie es die Konservativen mit den Rechten halten. Die SPD trampelt schon genüsslich auf Laschet herum. Am Freitag will sich Maaßen die Nominierung der CDU-Kreisverbände sichern. Er hat zwei Gegenkandidaten, die aber als chancenlos gelten. Aber eins nach dem anderen.
Der 58-Jährige kann überhaupt nur deshalb antreten, weil der bisherige CDU-Abgeordnete Mark Hauptmann für die Vermittlung eines Geschäfts mit Corona-Masken die Aufwandsentschädigung von einer Million Euro kassiert haben soll und abtreten musste. Plötzlich ergab sich eine Gelegenheit für den Rheinländer auf den grünen Höhen in Thüringen, die vom Rheinland kulturell so weit weg sind wie Maaßen von der Linkspartei. Nun ist es nichts Ungewöhnliches, dass Politiker fernab ihrer Heimat um Stimmen
der Wähler werben. Kanzlerin Angela Merkels (CDU) Wahlkreis liegt an der Ostseeküste.
Dass Maaßen der Liebling der CDU in Thüringen ist, liegt nicht nur an seiner medialen Präsenz, sondern auch an bejubelten Auftritten im Wahlkampf vor der Landtagswahl 2019. Er teilte ordentlich aus und keilte gegen die rot-rot-grüne Landesregierung als „Neuauflage des Sozialismus“. Der Jurist mit Doktortitel feierte auch die Wahl des späteren 27-Tage-Ministerpräsidenten Thomas Kemmerich (FDP) mit den Stimmen der AfD. „Hauptsache, die Sozialisten sind weg“, waren seine Worte. Die damalige CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer stolperte über die „Schande von Erfurt“und mit Maaßens Rückkehr auf die Bühne wird das Trauerspiel noch einmal intensiv ausgeleuchtet werden.
Das grelle Licht lässt die CDU nicht gut aussehen. Die Thüringer Landesspitze versuchte zuletzt hilflos, Maaßen zu verhindern. Letztlich konnte sie ihm nur abringen, das Flirten mit der AfD sein zu lassen. Bislang hält sich Maaßen daran. Die einst Angeflirteten reagierten auf den prominenten Kandidaten und wechselten das Personal. Sie setzen ihm jetzt einen rüstigen Rentner entgegen, der Maaßen als Wessi ohne Wurzeln im Thüringer Wald angreifen soll.
Noch aussichtsreicher ist der Kandidat, den die SPD ins Rennen schickt. Den in Thüringen unter Schwindsucht leidenden Genossen ist ein kleiner Coup gelungen. Für sie geht der Biathlon-Olympiasieger und neunfache Weltmeister Frank Ullrich in das Rennen. In dem biathlon-verrückten Landstrich ist Ullrich Volksheld. Ganz praktisch kommt er auch noch von dort.
Der Ausgang der Wahl in dieser Gegend in der Mitte Deutschlands ist offen. Sie ist konservativ-ländlich geprägt, aber die alten Kategorien gelten im Osten nicht mehr viel. In Thüringen ist alles möglich.