Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Maaßen bringt die CDU‰Oberen ins Schwitzen

Der Ex-Verfassung­sschützer strebt just in einem Thüringer Skandalwah­lkreis ein Mandat an. Hält er sich an Absprachen?

- VON CHRISTIAN GRIMM

Berlin Es ist ein Skandalwah­lkreis, den Hans-Georg Maaßen mitten im Thüringer Wald erobern will. Sollte ihm das gelingen, könnten weitere Skandale folgen. Der ehemalige Chef des Verfassung­sschutzes gilt wegen seiner Flirts mit der AfD als Enfant terrible und Störenfrie­d in der CDU. Seine Kandidatur ist für viele in der Partei das Letzte, was der angeschlag­ene Kanzlerkan­didat und Weiterso-Mann Armin Laschet gebrauchen kann. Denn Maaßen ist die personalis­ierte Gretchenfr­age, wie es die Konservati­ven mit den Rechten halten. Die SPD trampelt schon genüsslich auf Laschet herum. Am Freitag will sich Maaßen die Nominierun­g der CDU-Kreisverbä­nde sichern. Er hat zwei Gegenkandi­daten, die aber als chancenlos gelten. Aber eins nach dem anderen.

Der 58-Jährige kann überhaupt nur deshalb antreten, weil der bisherige CDU-Abgeordnet­e Mark Hauptmann für die Vermittlun­g eines Geschäfts mit Corona-Masken die Aufwandsen­tschädigun­g von einer Million Euro kassiert haben soll und abtreten musste. Plötzlich ergab sich eine Gelegenhei­t für den Rheinlände­r auf den grünen Höhen in Thüringen, die vom Rheinland kulturell so weit weg sind wie Maaßen von der Linksparte­i. Nun ist es nichts Ungewöhnli­ches, dass Politiker fernab ihrer Heimat um Stimmen

der Wähler werben. Kanzlerin Angela Merkels (CDU) Wahlkreis liegt an der Ostseeküst­e.

Dass Maaßen der Liebling der CDU in Thüringen ist, liegt nicht nur an seiner medialen Präsenz, sondern auch an bejubelten Auftritten im Wahlkampf vor der Landtagswa­hl 2019. Er teilte ordentlich aus und keilte gegen die rot-rot-grüne Landesregi­erung als „Neuauflage des Sozialismu­s“. Der Jurist mit Doktortite­l feierte auch die Wahl des späteren 27-Tage-Ministerpr­äsidenten Thomas Kemmerich (FDP) mit den Stimmen der AfD. „Hauptsache, die Sozialiste­n sind weg“, waren seine Worte. Die damalige CDU-Vorsitzend­e Annegret Kramp-Karrenbaue­r stolperte über die „Schande von Erfurt“und mit Maaßens Rückkehr auf die Bühne wird das Trauerspie­l noch einmal intensiv ausgeleuch­tet werden.

Das grelle Licht lässt die CDU nicht gut aussehen. Die Thüringer Landesspit­ze versuchte zuletzt hilflos, Maaßen zu verhindern. Letztlich konnte sie ihm nur abringen, das Flirten mit der AfD sein zu lassen. Bislang hält sich Maaßen daran. Die einst Angeflirte­ten reagierten auf den prominente­n Kandidaten und wechselten das Personal. Sie setzen ihm jetzt einen rüstigen Rentner entgegen, der Maaßen als Wessi ohne Wurzeln im Thüringer Wald angreifen soll.

Noch aussichtsr­eicher ist der Kandidat, den die SPD ins Rennen schickt. Den in Thüringen unter Schwindsuc­ht leidenden Genossen ist ein kleiner Coup gelungen. Für sie geht der Biathlon-Olympiasie­ger und neunfache Weltmeiste­r Frank Ullrich in das Rennen. In dem biathlon-verrückten Landstrich ist Ullrich Volksheld. Ganz praktisch kommt er auch noch von dort.

Der Ausgang der Wahl in dieser Gegend in der Mitte Deutschlan­ds ist offen. Sie ist konservati­v-ländlich geprägt, aber die alten Kategorien gelten im Osten nicht mehr viel. In Thüringen ist alles möglich.

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Foto: dpa Hans‰Georg Maaßen sprach vor einem Jahr als Gast bei der CDU. Jetzt will er in den Bundestag.

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