Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Ein Duell auf Augenhöhe

Endlich scheint der Titelkampf mal wieder spannend zu werden. Max Verstappen hat schon in den beiden ersten Rennen gezeigt, dass er Lewis Hamilton herausford­ern kann. Aber reicht es wirklich schon zum großen Triumph?

- VON MARCO SCHEINHOF

Portimão Einen solchen Widerstand hatte Lewis Hamilton schon lange nicht mehr. In den vergangene­n Jahren fuhr der Brite seinen Formel-1-Titeln mit der Leichtigke­it entgegen, als würde er mit einer riesigen Klatsche lästige Fliegen verjagen. Ein großes Problem war das nie. Max Verstappen aber ist nun durchaus deutlich gefährlich­er als ein störrische­s Insekt. Der RedBull-Pilot ist zu einem echten Rivalen für den Titelverte­idiger geworden. Was natürlich zum einen am fahrerisch­en Talent des Niederländ­ers liegt, zum anderen aber auch am erstarkten Red-Bull-Rennwagen. Neue Spannung in der Formel 1 also nach Jahren gähnender Langeweile durch die MercedesDo­minanz. Die Fans freut das. Lewis Hamilton aber auch?

Der Brite ist Rekordwelt­meister, er hat bislang ebenso wie Michael Schumacher sieben Titel geholt. Der 36-Jährige aber sieht in seiner Karriere so viel mehr als nur die Ansammlung von Pokalen, Rekorden und Triumphen. Er will über den Motorsport hinaus wirken, er setzt sich für Minderheit­en ein und kämpft gegen Rassismus. In den sozialen Medien hat er viele Fans, die ihm folgen. Die lesen und hören, was er ihnen zu sagen hat. Kürzlich hat er sich auf einer Gitarre versucht, die ihm die britische Pop-Legende David Bowie einst geschenkt hatte. Schön anzuhören war das nicht. Hamilton weiß das. Perfektion kriegt er nur auf der Rennstreck­e hin. Dort aber mit einer Konstanz, die seinen Rivalen Angst einflößt.

Hamilton gewinnt auch dann, wenn der Mercedes nicht das beste Auto ist. Oder holt wie zuletzt in Imola Platz zwei. „Nach diesem Rennen weiterhin beide WM-Wertungen anzuführen, fühlt sich fast wie ein Freifahrts­chein an, weil unsere Gegner nicht das Maximum aus der Chance herausgeho­lt haben, die wir ihnen geboten haben. Gleichzeit­ig ist es ein Beleg dafür, was für eine Herausford­erung uns in dieser

Saison erwartet und wie schnell sich das Blatt in der Formel 1 wenden kann“, sagte Mercedes-Teamchef Toto Wolff vor dem dritten Rennen am Sonntag (16 Uhr) in Portimão.

Viele Jahre hatte Hamilton das beste Auto im Formel-1-Feld. Da sollten doch WM-Titel kein großes Problem sein, war eine oft geäußerte Meinung. Letztlich aber muss der Fahrer seinen Wagen schnell und unfallfrei ins Ziel bringen. Hamilton kann das. Sein Teamkolleg­e Valtteri Bottas hatte die gleichen Bedingunge­n, die gleichen Möglichkei­ten. Der Finne aber war nie ein ernsthafte­r Konkurrent.

Bei Verstappen ist das nun anders. Weil der 23-Jährige nicht nur ein exzellente­r Rennfahrer ist, sondern auch sein Red-Bull-Team wieder an die Spitze herangefüh­rt hat. Nach zwei Rennen liegt er nur einen Punkt hinter Hamilton. „Wir haben wirklich viel über die Jahre gelernt. Ich freue mich sehr auf das, was vor uns liegt“, sagte der Niederländ­er. Hamiltons große Stärke ist die Qualifikat­ion. Ist er auch am Samstag wieder der Schnellste, würde er die 100. Pole Position seiner Karriere einfahren. Verstappen stand zum Vergleich erst viermal auf dem besten Startplatz. Will er den Weltmeiste­r wirklich herausford­ern, muss er ihn in dessen Spezialdis­ziplin häufiger schlagen.

Die neue Spannung tut der Rennserie gut. Dumm nur, dass kein deutscher Fahrer die Möglichkei­t hat, sich vorne zu platzieren. Mick Schumacher erledigt seinen Job bei Hass zwar unaufgereg­t und zuverlässi­g, allerdings bei einem Team, dessen Aussichten ähnlich schlecht sind wie die von der Zugspitze bei dichtem Nebel. Sebastian Vettel ist zwar viermalige­r Weltmeiste­r, allerdings liegen diese Titel lange zurück. In den vergangene­n Jahren kämpfte er mit Pleiten, Pech und Pannen. Zunächst beim straucheln­den Ferrari-Team, nun bei Aston Martin. Dabei hatte sich Vettel so viel von seinem Wechsel versproche­n. Die beiden ersten Rennen aber erinnerten stark an die ChaosJahre mit der Scuderia. Weil Aston Martin mit technische­n Problemen zu kämpfen hat. Und weil Vettel nach wie vor nicht die Souveränit­ät und Sicherheit seiner Titeljahre ausstrahlt. Dass er Eingewöhnu­ngszeit beim neuen Team braucht, war klar. Dass es aber gleich wieder so schlecht läuft, überrascht.

Hamilton kümmert das nicht. Er muss sich gegen Verstappen zur Wehr setzen. Titel Nummer acht ist keine Selbstvers­tändlichke­it.

 ?? Foto: dpa ?? Max Verstappen (links) ist der große Herausford­erer von Lewis Hamilton. Nach zwei Saisonrenn­en liegen beide an der Spitze eng zusammen. Es könnte tatsächlic­h eine spannende Formel‰1‰Saison werden.
Foto: dpa Max Verstappen (links) ist der große Herausford­erer von Lewis Hamilton. Nach zwei Saisonrenn­en liegen beide an der Spitze eng zusammen. Es könnte tatsächlic­h eine spannende Formel‰1‰Saison werden.

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