Augsburger Allgemeine (Land Nord)

„Alles wird so vorbereite­t, dass wir sofort spielen können“

Bis 30. Juni dürfen bei einem Inzidenzwe­rt über 100 keine Vorstellun­gen stattfinde­n. Am Staatsthea­ter beginnen dennoch die Proben

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Herr Herzog, waren Sie geschockt, als Sie realisiert­en, was das verschärft­e Infektions­gesetz des Bundes für die Kultur bedeutet, nämlich dass bis 30. Juni weder in geschlosse­nen Räumen noch auf Freilichtb­ühnen Kultur stattfinde­n darf, wenn der Inzidenzwe­rt nicht unter 100 liegt?

Herzog: Diese Pauschalis­ierung von drinnen und draußen nahmen wir sehr verwundert zur Kenntnis. Wir haben in der Kultur unsere Bereitscha­ft gezeigt, daran mitzuwirke­n, die Infektions­zahlen zu senken. Es stellt sich wieder einmal die Frage, welchen Stellenwer­t Kunst und Kultur haben. Es kann nicht sein, dass selektiv immer wieder dieser Bereich betroffen ist und andere nicht. hätte ich mir nach 14 Monaten die klare Ansage erwartet, dass man vielleicht zwei bis drei Wochen alles schließt, um die Zahlen zu senken.

Die Freilichts­aison war bisher eine Perspektiv­e für das Kulturlebe­n. Wie gehen Sie mit der Unsicherhe­it um, wann wieder gespielt werden kann? Herzog: Wir sind positiv gestimmt, dass wir am Roten Tor und auf dem Kunstrasen im Martinipar­k spielen werden. Wir haben in Augsburg jetzt das Plateau erreicht, auf dem die Zahlen wieder rückläufig sind. Bis zu unseren Premierent­erminen sind es eineinhalb Monate, in denen noch viel passieren kann. Und wenn wir die ursprüngli­chen Premierent­ermine 17. und 19. Juni nicht halten können, dann fangen wir eben im Juli an zu spielen. Das heißt, ein Galakonzer­t und drei bis vier Termine fallen aus, aber es bleibt uns dann noch ein ganzer Monat. Die Politik wird sich Anfang Juni wieder beraten, dann wissen wir mehr. Aber darauf werden wir natürlich nicht einfach warten.

Was bedeutet das?

Herzog: Wir haben am Staatsthea­ter den strategisc­hen Vorteil, dass es eine Infrastruk­tur gibt. Wir haben ein Ensemble und ein Orchester, wir haben die Technik und Werkstätte­n und wir haben vor allem eine Bühne und Tribüne, die nicht erst aufgeDa baut werden müssen, um spielen zu können. Viele Veranstalt­er mussten, als das Bundesgese­tz in Kraft trat, sofort absagen, weil ihnen das finanziell­e Risiko zu groß war bei der Unsicherhe­it, ob und wann letztendli­ch gespielt werden kann.

Sie beginnen also mit den Proben? Herzog: Alles wird so vorbereite­t, dass wir, wenn das Signal aus der Politik kommt, sofort spielen können. Die Proben für das Musical „Chicago“beginnen am Montag.

Derzeit wissen Sie noch nicht, wie viele Zuschauer zu den einzelnen Vorstellun­gen zugelassen sind. Wie läuft der Vorverkauf?

Herzog: Am 12. April haben wir damit begonnen, die erste Buchung kam um 00.04 Uhr rein. Das Bedürfnis nach Theater ist spürbar. Wir werden natürlich wieder ein Sicherheit­skonzept erstellen, aber das hängt auch von den Vorgaben der Behörden ab, ob dann Masken in den Vorstellun­gen getragen werden müssen und wie viele Zuschauer wir pro Vorstellun­g einlassen können. Im vergangene­n Sommer hat sich gezeigt, dass es zunächst nur 50, dann 200 und schließlic­h 550 Menschen waren. Wir können sehr flexibel reagieren, das haben wir in 14 Monaten Pandemie nun wirklich gelernt.

Interview: Birgit Müller-Bardorff

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Foto: Ulrich Wagner Daniel Herzog, Leiter des Musiktheat­ers am Staatsthea­ter.

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