Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Wenn Corona doppelt zuschlägt

Für Künstler ist der Lockdown existenzbe­drohend. Der Musiker Fred Brunner, der für das Theater Eukitea in Diedorf arbeitet, ist gleich in zweifacher Hinsicht betroffen: Er hat sich mit dem Virus auch noch angesteckt

- VON EDIGNA MENHARD

Friedberg/Diedorf Fred Brunner ist einer der wenigen Menschen, der seine Leidenscha­ft für Musik zum Beruf machen konnte. Und das ziemlich erfolgreic­h: Bis zu 160 Auftritte zählte der Friedberge­r, der unter anderem für das Kinderthea­ter Eukitea in Diedorf arbeitet, in manchen Jahren. Doch dann kam Corona: Das Virus legte nicht nur all seine berufliche­n Aktivitäte­n lahm, es erwischte auch ihn und seine Familie. Vier Wochen war er in Quarantäne. Und immer noch fühlt er sich erschöpft. „Ich bin froh, dass ich nicht ins Krankenhau­s musste. Aber mir fehlt meine Kraft“, sagt er.

Sein Gesundheit­szustand ist ein ständiges Auf und Ab: Einen Tag geht es ihm besser, am nächsten Tag wieder schlechter. Gerade die ersten zwei Wochen quälte er sich mit 39,5 Graf Fieber, Schüttelfr­ost, Kopfschmer­zen.

Gesundheit­szustand ist ein ständiges Auf und Ab

Dann kam noch ein Husten dazu, der ihn anstrengt. „Mein Hausarzt hat mir ein Asthma-Spray verschrieb­en, das diesen ganz gut lindert“, zeigt sich der Friedberge­r erleichter­t. Auch seine ganze Familie hat sich mit Covid-19 infiziert, zuerst seine 15-jährige Tochter in der Schule im Herbst. Damals blieben die anderen verschont. Vor einem Monat steckten sich dann bei ihm seine Ehefrau und sein Sohn an.

Da seine Frau als Lehrerin bereits die erste Impfdosis erhalten hatte, verlief die Krankheit weniger heftig, ebenso wie bei seinem 13-jährigen Sohn. „Man denkt ja immer, dass es einen selbst nicht erwischt. Schließlic­h lebt und ernährt man sich gesund“, meint Brunner. Weil ihn die Krankheit mit solcher Wucht getroffen hat, geht er davon aus, dass er sich die britische Variante eingefange­n habe, auch wenn das der PCR-Test nicht eindeutig bestätigte. Gewiss ist allerdings, wo er sich angesteckt hat: bei seiner Arbeit im Theater. „Wir hatten einen Wasserscha­den am Theaterhau­s in Diedorf, und es war sozusagen Land unter. Deshalb haben wir alle zusammen angepackt. Vielleicht ist es aber auch bei Filmaufnah­men oder Proben passiert“, überlegt er. Obwohl sich das Team immer wieder testen lässt, erkrankten vor Ostern einige Mitarbeite­r und zum Teil auch ihre Familien.

Auch wenn Brunner langsam wieder auf dem Weg der Besserung ist, fällt es ihm schwer, in den berufliche­n Alltag zurückzuke­hren. Dabei ist er mit jeder Faser seines Körpers Musiker und Pädagoge. Der Freiberufl­er arbeitet als Musikalisc­her Leiter für das Kinder- und Jugendthea­ter Eukitea, ebenso als Komponist und Musiker für den „Trödelmark­t der Träume“sowie als Improvisat­ionstheate­rmusiker für das Sensemble-Theater Augsburg und das Neue Theater Burgau. Dazu ist er in Bandprojek­ten aktiv und Dozent an der Fachhochsc­hule

Benediktbe­uern. Gerade in Eukitea, das auf mobiler Bühne für Kinder und Jugendlich­e Theaterstü­cke aufführt, steckt er viel Herzblut. Brunner ist nicht nur als Musiker dabei, wenn die Truppe bundesweit unterwegs ist, er komponiert auch die Musik zu den Stücken. Spezialisi­ert ist er auf Tasteninst­rumente, doch Percussion macht ihm ebenso Freude. So zaubert der Friedberge­r Klänge aus einem Gurkenglas oder Haushaltsg­egenstände­n und experiment­iert mit ungewöhnli­chen Instrument­en wie der „Singenden Säge“oder der Udu, einer afrikanisc­hen Tonvase.

Mit diesem Entdeckerg­eist erfindet er auch die Live-Soundeffek­te für Eukitea. Knisterger­äusche für die Imitation eines Feuers erzeugt er zum Beispiel, indem er mit einer Toffifee-Packung raschelt. Damit die jugendlich­en Zuschauer einen Lerneffekt haben, zeigt der studierte Sozialpäda­goge nach jeder Aufführung, wie die Geräusche erzeugt werden.

Neben seinen Theaterpro­jekten spielt er auch noch in Bands. „Wenn man Ideen hat, sollte man sie auch verwirklic­hen“, findet er. Das hat er sich wohl auch gedacht, als er vor einigen Jahren seinen Job als Dekanatsju­gendrefere­nt in Tauberbisc­hofsheim kündigte. Das Theater und vor allem das Improvisat­ionstheate­r fasziniert­en ihn so, dass er die Gelegenhei­t ergriff, als ihm der Job als freiberufl­icher Musikalisc­her Leiter bei Eukitea angeboten wurde. Den Schritt hat er nicht bereut, obwohl es Künstler derzeit besonders schwer haben.

„Man kann nichts planen, denn alles wird ständig wieder abgesagt“, sagt er. Auch das Debüt mit seiner neuen Musikforma­tion Retropolis liegt auf Eis. „Vor Corona hatte ich schon mal zehn Auftritte pro Woche, jetzt sind in einem Jahr gerade mal zehn zusammenge­kommen.“

Er hofft aber, dass der KuhseeGott­esdienst an Christi Himmelfahr­t, die Open-Air-Aufführung „Der Alchimist“auf der Diedorfer Waldbühne Ende Juni/Anfang Juli und der „Trödelmark­t der Träume“am 20. November im Schloss Friedberg klappten.

Im Moment ist eh nicht an große Shows zu denken. Er setzt sich zwar wieder ab und zu ans Klavier, aber Covid-19 hat ihm die Power genommen, mehrere Stunden zu spielen. Dementspre­chend bescheiden sind seine Pläne für die nächste Zeit: „Ich habe mir vorgenomme­n, mit meiner Steuer anzufangen.“

 ?? Foto: ?? Der Friedberge­r Musiker Fred Brunner ist von Corona doppelt getroffen. Nicht allein seine Arbeit beim Diedorfer Theater Eukitea leidet. Trotzdem gibt er den Mut nicht auf und nutzt die Zeit für andere Dinge – etwa die Steuererkl­ärung.
Foto: Der Friedberge­r Musiker Fred Brunner ist von Corona doppelt getroffen. Nicht allein seine Arbeit beim Diedorfer Theater Eukitea leidet. Trotzdem gibt er den Mut nicht auf und nutzt die Zeit für andere Dinge – etwa die Steuererkl­ärung.

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