Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Tanzend zum Menschen werden
Tanja Hahn zeigt in Stadtbergen das kürzeste Aufwärmprogramm, das es gibt
Stadtbergen Die Passanten im Gersthofer Stadtpark blickten schon etwas verwundert, als sich Tanja Hahn wie ein Baby im Mutterleib am Boden räkelte und später wie eine Echse durchs Gras kroch, um sich schließlich wie ein Affe in die aufrechte Haltung zu erheben. Tanja Hahn zeigt sich davon unbeeindruckt. „Das ist das kürzeste Aufwärmprogramm, das es gibt“, lacht die 45-Jährige. Seit elf Jahren vermittelt sie als Körpertherapeutin und Coach für Leben und Beruf in ihrem Studio senceyourbody getanzte Lebensfreude. Unter anderem mit dem Bewegungskonzept NIA, einer Mischung aus Tanz, Körpertherapie und asiatischer Kampfkunst. Die Corona-Pandemie hat auch sie ausgebremst. „Ich habe das große Glück, dass ich nicht davon leben muss“, sagt die gebürtige Augsburgerin, die hauptberuflich einen finanztechnischen Acht-Stunden-Computer-Job bei einem großen Unternehmen ausübt.
„Seit wir in der Pandemie stecken, dürfen wir uns ja jetzt schon lange Zeit nicht bewegen, wie man mag“, empfiehlt Tanja Hahn jedermann, dieses Aufwärmprogramm schon am Morgen nach dem Aufstehen oder gegen das Nachmittagstief
Büro. Das halte fit und bringe die linke und die rechte Hirnhälfte zusammen. Zum NIA-Konzept gehört es auch, gewohnte Tätigkeiten im Alltag auf ungewöhnliche Weise anzugehen. „Nehmen Sie den Schlüssel zum Aufsperren der Türe oder die Zahnbürste beim Zähneputzen einmal in die andere Hand. Vertauschen Sie beim Essen Messer und Gabel. Das Gehirn liebt Herausforderungen, um Synapsen zu bilden“, fordert Tanja Hahn dazu auf, in allen Lebenslagen locker und flexibel zu agieren. „Legen Sie einfach einmal ihre Lieblingsmusik ein und tanzen Sie durch die Küche“, rät sie.
Ganz wichtig ist für die ehemalige Leistungssportlerin, dass es keinen Leistungsdruck gibt. NIA besteht aus 52 Bewegungen, die leicht und einfach erlernbar sind und immer in einem anderen Rahmen kombiniert werden. „Ich stelle die Musik immer so zusammen, dass es eine gewisse Magie gibt. Man tanzt nicht nach Takt, sondern nach Gefühl.“Online ist in ihrem Studio in Stadtbergen nicht gefragt. „Die Leute wollen das Gruppenerlebnis spüren.“Das würde sich auch zu Hause einstellen, sind Hahns Erfahrungen: „Wenn die Mutter anfängt und am Boden herumrollt, macht schnell die ganze Familie mit. Auch der Hund“, lacht sie.
Das schnellste Aufwärm- und Fitnessprogramm, das es gibt, besteht aus fünf Bewegungen. „Dazu legt man am besten seinen Lieblingssong ein“, sagt Tanja Hahn und legt sich wie ein Baby auf den Boim den. Mit rollenden Bewegungen beginnt sie, die Umgebung zu erkunden. Abwechselnd wird ein Bein über den Rücken hinweg diagonal zur Hand hinbewegt. „Jeder macht das, so gut er kann. Das hält geschmeidig und entspannt.“
Eine Seite lang, eine Seite kurz – so geht Bewegung Nummer zwei, bei der man abwechselnd Arme und Beine seitlich bewegt und sich dabei wie eine Echse fortbewegt. Zwischendurch kann man sich mit den Armen aufstützen und den Kopf nach links und rechts bewegen, wie ein Reptil, das nach Beute späht.
In Stufe drei geht man in den Vierfüßlerstand wie ein Bär. Man setzt den Oberkörper zurück auf die Fersen. „Schaut einfach mal, was eure Knie zulassen.“Mit seitlichen
Bewegungen kann man Nacken und Schultern entspannen. „Dazu entspannt man die Muskeln zwischen den Schulterblättern und zeigt den Bauch, indem er nach unten hängt.“Dann läuft man auf Händen und Knien vorwärts und rückwärts und seitwärts.
Bei Bewegung Nummer vier rollt man die Fußsohlen ein, schiebt sich langsam mit den Armen zurück, geht in die Hocke und richtet die Wirbelsäule auf. Die Arme gehen nach oben und wieder zurück auf den Boden. Man bewegt sich wie ein Affe, dreht sich nach links und rechts, streckt die Arme in die Luft. Man bewegt den Körper nach links und nach rechts, sitzt ohne Unterstützung der Arme in der Hocke, wie die Kattas im Zoo. „Schau, was bei dir möglich ist“, erklärt Tanja Hahn, dass die Übungen auch für die ältere Generation machbar sind. Wem das Sitzen in der Hocke zu anstrengend ist, der geht in den Vierfüßlerstand, schiebt sich nach hinten und lässt sich auf den Rücken fallen. Wer sich jetzt wieder nach vorne aufrichtet, wird langsam merken, dass die spielerische Leichtigkeit mit der Zeit doch anstrengend ist.
„Langsam sind wir bereit, mit etwas Schwung in den Oberschenkeln nach oben in den Stand zu gehen und beschwingt durch den Alltag zu marschieren.“Das Laufen ist die Bewegung Nummer fünf. Die Evolution ist abgeschlossen. Man ist fit für den Tag.