Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Eine Tour von A bis Z muss detailliert geplant sein
Wie zwei ehemaligen Arbeitskollegen ihren Ruhestand zwischen Altenmünster und Ziemetshausen im Fahrradsattel genießen
Altenmünster/Ziemetshausen Seit ihrer Pensionierung sind die beiden ehemaligen Arbeitskollegen Josef Thiergärtner und Georg Keiß regelmäßig mit ihren E-Bikes unterwegs und haben zusammen schon viele interessante Touren unternommen. Für die Runde von ihrem Wohnort Altenmünster nach Ziemetshausen zur Wallfahrtskirche Maria Vesperbild haben die beiden sogar eine Generalprobe absolviert. Dabei hat sich gezeigt, dass die Premiere dann oft anders aussieht. So ist zum Beispiel innerhalb von drei Tagen einer der beiden Liegestühle auf dem Sonnendeck am Altwasser der Schmutter bei Dietkirch verschwunden. Doch dazu später mehr.
Thiergärtner und Keiß sind am Parkplatz am Bräustüble in der Ortsmitte von Altenmünster losgefahren. „Noch besteht die Möglichkeit, hier zu parken. Sollte mit den geplanten Bauarbeiten für die neue Ortsmitte begonnen werden, muss man sich nach Alternativen umsehen“, weiß Thiergärtner, der als langjähriger freier
Mitarbeiter unserer Zeitung über das Geschehen bestens informiert ist. Während das Duo auf dem Zusam-Radweg Richtung Zusmarshausen fährt, lädt unser Reporter gerade sein Stahlross vor der Redaktion in Gersthofen in den VW-Bus. Nachdem die beiden 66-Jährigen auf einen Abstecher zur Wallfahrtskirche Violau verzichten, rollen sie weiter über Wörleschwang nach Wollbach. „Unter der Umgehungsstraße hindurch gelangt man auf einen unbefestigten Verbindungsweg, der für normal bereifte Radler Vorsicht erfordert“, werden sie später berichten. Ebenso wie von einem verführerischen süßen Duft aus der ehemaligen Wollbacher Brotfabrik, der sich in ihren Nasen einschmeichelte, und einem irritierenden Verkehrszeichen am Ortseingang von Unterschöneberg. Der relativ breite Radweg ist plötzlich nur noch als Fußgängerweg beschildert. Regelkonform müssten die Radler jetzt die Staatsstraße überqueren, dort 100 Meter entlang fahren, um dann wieder auf dem links der Straße weiterführenden Radweg zu gelangen. „Diesen Unsinn haben wir ignoriert und die Gefahr gemieden.“
Vorbei am beeindruckenden Wollbacher Gewerbegebiet geht es über die A8 hinweg über den Kreisverkehr in Friedensdorf auf den Radweg nach Zusmarshausen und dann die „Kartoffel-Tour“in Richtung Dinkelscherben-Gabelbach. „Das ist eine Empfehlung für alle, die ungern auf Verbindungsstraßen fahren“, erklärt Josef Thiergärtner die Abweichung vom Zusam-Radweg, der durch Zusmarshausen und dann entlang der Staatsstraße führt. Auf der wenig befahrenen Straße geht es am Weiler Kleinried vorbei zur Verbindungsstraße nach Gabelbach. Der markante Kirchturm ist schon vorher ein Blickfang, die Kirche selbst beheimatet eine bekannte Orgel. Von dort geht es weiter Richtung Fleinhausen. „Wer zu rasant unterwegs ist, muss jetzt abbremsen, denn hier gilt Tempo 30“, lacht Georg Keiß. Rechts neben dieser Verbindungsstraße taucht die Bahnlinie München – Stuttgart auf. Mit einer Links-Rechts-Kombination überquert man die Elmischwanger Straße. „An der Abzweigung nach Anried haben wir bei der Generalprobe den Rentner Matthias Litzel aus Dinkelscherben getroffen, der für seine Garten-Düngung Brennnesseln geerntet hat“, erzählen Thiergärtner und Keiß, dass sie einem kleinen Plausch nie abgeneigt sind. Fast an derselben Stelle treffen sie nun auf den radelnden Reporter, der sein Gefährt inzwischen ausgeladen hat und in die Tour einsteigt. Die beiden erfahrenen E-Biker nehmen den Neuling in die Mitte.
In Anried passiert das RadlerTrio eine kleine Brücke über den Reichenbach. „Da haben die Leute aber viel Holz vor der Hütte“, denkt man sich angesichts der Mengen vor „Omas Stall“. Ob in Ettelried eine Stadterhebung ansteht? „Wir wollen Dorf bleiben“, steht auf einem der vielen Protestplakat gegen die geplante Windkraftanlage.
Nach einem kleinen Anstieg durch ein Waldstück kommt die Abzweigung nach Uttenhofen im Landkreis Günzburg. Doch noch
dem Ort geht es scharf rechts. Kurz darauf erwartet uns ein unbefestigter Schotterweg, der wohl erst vor kurzer Zeit bearbeitet wurde und etwas Konzentration erfordert. Am ehemaligen Bahnhof von Ziemetshausen geht es rechts-links in die Marktgemeinde hinein, bis am Ortsausgang ein leichter Anstieg durch eine prächtige Baumallee zur Wallfahrtskirche Maria Vesperbild wartet. Die Kirche ist derzeit eingerüstet, einen Besuch wert ist aber die nahe gelegene Mariengrotte oder ein Abstecher zum Garten des Schlosses Seyfriedsberg.
Das Trio fährt weiter Richtung Fischach–Wollmetshofen. Nach Vorderschellenbach erreicht man
Hinterschellenbach. Dort steht auf einem kleinen Hügel die Kapelle St. Jakobus. Man befindet sich nämlich auf dem Jakobsweg. In einem Vorgarten weht eine Fahne des FC Bayern München. Unmittelbar vorher geht es scharf nach links. Für Autofahrer endet hier die Weiterfahrt, für Radler beginnt die steinige Bergfahrt. Da schalten auch Thiergärtner und Keiß in die nächste Stufe ihrer E-Bikes. „Treten ist eigentlich unser Anspruch“, verrät Georg Keiß, der auf seinem im Juni 2020 gekauften E-Bike seitdem 8000 Kilometer abgespult hat.
Nach einem kurzen Anstieg verlässt man den Pilgerweg, indem man links abbiegt. Fast zweieinhalb Kivor lometer geht es nun stets bergab durch den Wald. Da kann man Strom sparen und den Motor ausschalten – es läuft von selbst.
In Wollmetshofen geht es an der Kirche links ab. Nach dem Ortsende fährt man rechts zum Schloss Elmischwang, in dem sich ein Altenheim befindet. Durch das Tal der Neufnach, die sich romantisch durch zahlreiche Biotope schlängelt, erreicht man auf dem flachen Teerweg die Marktgemeinde Fischach.
An der Staudenlandhalle, am Naturfreibad und an der Kirche vorbei bis zur Hauptstraße muss man über den Marktplatz und die Augsburger Straße durch den Ort, ehe man wieder auf den Radweg trifft, der entlang der Staatsstraße 2026 nach Margertshausen führt. Rechts und links entlang der Staudenbahnlinie erreicht man Dietkirch. Weil der Streckenabschnitt von Fischach bis Gessertshausen Teil des „Witaquelle-Radweges“ist, finden sich an einzelnen Stationen Hinweise auf die Besonderheiten dieser Landschaft. Eine Attraktion ist die Rastmöglichkeit am Altwasser der Schmutter – leider ist nur noch ein Liegestuhl vorhanden.
Während die Frösche quaken, erzählen Thiergärtner und Keiß, die zusammen 95 Jahre für die Raiffeisenbank Augsburger Land West gearbeitet haben, von ihren Touren, die bis ins letzte Detail geplant werden. „Nachdem wir in der Umgebung von jedem Feldweg den Vornamen kennen, sind wir auch schon mal ein Stück mit dem Auto gefahren, um dann in Richtung Lechtal, Aichach oder Neuburg neue Strecken kennenzulernen“, sagt Keiß.
Nachdem das in der Kühltasche mitgebrachte Bier durch die Kehle gezischt war, kann es frisch gestärkt weitergehen. Mit äußerster Vorsicht wird die viel befahrene B300 überquert. Bei der Durchfahrt des Betriebsgeländes der Brunnenmühle deutet das viele Stammholz darauf hin, dass die Säge noch in Betrieb ist. Die bunte Vielfalt an Dekoartikeln vor Haus und Hof deutet auf eine Sammelleidenschaft der Hausherrin hin. Am Weiler Katzenlohe vorbei erreicht man Kutzenhausen.
Dort muss man am Ortseingang aufpassen, dass man den rechts abzweigenden Radweg nicht verpasst. Wem es im Sommer zu heiß ist, könnte hier noch das Freibad besuchen. Auf dem Freiherr-von-ZechRadweg führt die Tour über Buch nach Agawang. Dort folgt man bei der Raiffeisenbank, der ehemaligen Wirkungsstätte von Josef Thiergärtner, dem Radwegschild in Richtung Horgau. Man überquert die B10 und befindet sich dann ab dem ehemaligen Bahnhof auf dem vielbefahrenen Landrat-Dr.-FreyRadweg, der früheren WeldenbahnTrasse. „Normalerweise könnte man hier Tempo bolzen, doch bei den vielen Fußgängern, Joggern oder Skatern ist das kaum möglich“, sagt Keiß. Eine Verschnaufpause könnte man bei den Biotopen in Adelsried einlegen. In Ehgatten biegt man links auf den erneuerten Radweg ein.
In Welden zeigt das Radwegzeichen nach rechts. „Doch ist es einfacher, geradeaus bis zum Brunnenberg zu fahren und erst dann auf die Bahnhofstraße links einzubiegen“, so Keiß, dessen Geburtsort Reutern die nächste Station ist. Dort folgt man der Kreisstraße nach links und dann rechts dem Hinweis Richtung Altenmünster-Zusamzell. Auf der Verbindungsstraße biegt man dann nochmals links ab und fährt den leicht abschüssigen Waldweg in Richtung Eppishofen. Dort wird die Kreisstraße überquert. An der Johannes-Kapelle vorbei durch den Ort und über den Zusamsteg in Altenmünster geht es zurück zum Startpunkt am Bräustüble.
Letzter Unterschied zwischen Generalprobe und Premiere: Aus Sympathie (oder war es Mitleid?) und angesichts angeregter Gespräche haben die beiden „Tourguides“(so steht es auf den T-Shirts, die künftig jeder überreicht bekommt, der uns eine Tour verrät) den radelnden Reporter über Schempach und Häder zurück nach Dinkelscherben begleitet.
● Fazit Eine mittelschwere E-BikeTour, für die schon eine gewisse Grundkondition erforderlich ist. Bis auf wenige Ausnahmen fährt man auf gut befestigten Wegen. Ein Tipp für Hungrige: Nachdem alle Gasthöfe geschlossen sind, sollte man sich eine Brotzeit mitnehmen.