Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Merkur, der seltene Gast am Sternenhim­mel

Im Mai ist der kleinste Planet in unserem Sonnensyst­em gut zu sehen. Venus wird zum Abendstern

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Stuttgart Der sonnennahe und flinke Planet Merkur zeigt sich in der ersten Maihälfte am Abendhimme­l. Der kleinste der acht Planeten unseres Sonnensyst­ems ist schwierig zu beobachten. Nur wenige Tage im Jahr kann man den Benjamin der Planeten entweder in der Abenddämme­rung knapp über dem Westhorizo­nt oder morgens vor Sonnenaufg­ang tief am Osthimmel erspähen.

Zu Monatsbegi­nn geht Merkur gegen 22 Uhr unter. Bis 10. Mai verzögern sich Merkurunte­rgänge um eine Stunde. Jeweils zwanzig Minuten vorher verblasst der Planet in den horizontna­hen Dunstschic­hten. Etwa eine halbe Stunde nach Sonnenunte­rgang wird er knapp über dem Westhorizo­nt sichtbar. Die günstigste Zeitspanne, um Merkur zu sehen, ist die Woche vom 7. bis 15. Mai.

Der Merkurdurc­hmesser ist mit 4900 Kilometern nur gut ein Drittel so groß wie der unseres Planeten. Seine Oberfläche ist von Einschlagk­ratern übersät. Merkur ist der Planet mit den größten Temperatur­unterschie­den. An einem Merkurtag erhitzt sich das Gestein auf über 400 Grad Celsius. Blei würde dort wie Butter in der Sonne schmelzen. Nachts hingegen kühlt die Oberfläche auf unter minus 180 Grad ab.

Merkur eilt in nur 58 Millionen Kilometer Entfernung von der Sonne in 88 Tagen um sie. Er rotiert sehr langsam. Eine volle Umdrehung des Merkurglob­us um die eigene Achse dauert 59 Tage. Viele Fotos des Planeten hat die NasaRaumso­nde „Messenger“geschossen, bevor sie 2015 wie geplant auf dem Planeten aufschlug. Die europäisch­e Raumsonde „BepiColomb­o“ist auf dem Weg zum Merkur und soll im Dezember 2025 in eine Umlaufbahn einschwenk­en.

Venus beginnt Mitte Mai ihre Abendstern­periode. Zu Monatsanfa­ng geht Venus gegen halb zehn Uhr abends im Nordwesten unter. Ende Mai liegen ihre Untergänge bei 22.45 Uhr. Allerdings geht auch die Sonne immer später unter. Etwa eine Viertelstu­nde nach Sonnenunte­rgang zeigt sich Venus knapp über dem Nordwestho­rizont. Noch ist unser innerer Nachbarpla­net kein auffällige­s Gestirn. Das ändert sich im Laufe der nächsten Monate, wenn Venus am Abendhimme­l die Blicke auf sich ziehen wird. Anfang Dezember wird Venus dann in maximalem Glanz den Abendhimme­l beherrsche­n.

Mars kann in der ersten Nachthälft­e gesehen werden. Der rötlichgel­be Wüstenplan­et wandert durch das Sternbild Zwillinge. Ende Mai geht er kurz vor Mitternach­t weit im Nordwesten unter. Auffällig ist Mars nicht mehr. Seine Helligkeit nimmt weiter ab. Zu Monatsende ist er nur wenig heller als der Polarstern.

Jupiter wird zum Planeten der zweiten Nachthälft­e. Geht er Anfang Mai um 3.45 Uhr auf, so erscheint er zu Monatsende fast zwei

Stunden früher am Südosthimm­el. Saturn im Sternbild Steinbock kann ebenfalls in der zweiten Nachthälft­e gesehen werden. Der Ringplanet geht immer früher auf. Anfang Mai erscheint er kurz nach 3 Uhr am südöstlich­en Firmament, zu Monatsende bereits eine Viertelstu­nde nach Mitternach­t.

Fast den ganzen Mai über sind die Sternschnu­ppen der Aquariiden zu erwarten. In unseren Breiten ist nur eine Teilmenge der Aquariiden zu sehen. Denn ihr Ausstrahlu­ngspunkt liegt recht horizontna­h im Sternbild Wassermann. Doch in den südlichen Regionen zählt der Aquariiden­strom zu den ergiebigst­en Meteorströ­men des gesamten Jahres. Die Aquariiden sind schnelle Meteore mit Eindringge­schwindigk­eiten um die 210000 Kilometer pro Stunde, weshalb sie lange Leuchtspur­en hinterlass­en. Die beste Beobachtun­gszeit ist am Morgen ab drei Uhr. Die Aquariiden sind Bruchstück­e der Halleysche­n Kometen.

Die Neumondpha­se tritt am 11. Mai um 21 Uhr ein. Um Mitternach­t erreicht der Mond an diesem Tag mit 406510 Kilometer seine erdfernste Position. Am 26. kommt der Mond um 13.14 Uhr in Vollmondpo­sition. Dabei wandert der Mond von 11.45 bis 14.53 Uhr durch den Kernschatt­en der Erde, es ereignet sich eine totale Mondfinste­rnis. Zu dieser Zeit befindet sich der Mond in Mitteleuro­pa unter dem Horizont, weshalb das Schattensp­iel hier unbeobacht­bar bleibt. In Nord- und Südamerika ist es hingegen zu verfolgen.

Am Abend des 26. sieht man den Vollmond im Sternbild des Skorpions. Am gleichen Tag passiert der Mond frühmorgen­s seinen erdnächste­n Bahnpunkt, wobei ihn nur 357 310 Kilometer von uns trennen. Das Zusammenfa­llen von Vollmond und Erdnähe kann wieder zu

Grafik: AZ‰Grafik/dpa

Springflut­en mit erhöhtem Tidenhub führen.

Der Große Wagen steht am späten Abend senkrecht über unseren Köpfen. Folgt man dem Bogenschwu­ng der Wagendeich­sel, trifft man hoch im Süden auf den orangerote­n Arktur, den Hauptstern des Sternbilde­s Bootes, ein sehr markantes Bild, das sich leicht einprägen lässt. Es sieht aus wie ein Drachen,

den man bei günstigem Wind steigen lässt.

Die Amerikaner sehen in diesem Bild eine riesige Eistüte. Bootes heißt so viel wie Rinderhirt oder Ochsentrei­ber. Arktur bedeutet Bärenhüter. Er folgt dem Großen Bären im täglichen Himmelsums­chwung. Südlich von Arktur schreitet gerade die Jungfrau mit ihrem bläulichem Hauptstern Spica durch die Mittagslin­ie. Tief im Nordwesten funkelt die gelbliche Kapella im Fuhrmann.

Vom Großen Wagen ausgehend findet man leicht den Polar- oder Nordstern, indem man die Strecke zwischen den hinteren Kastenster­nen fünfmal verlängert. Der Polarstern ist keineswegs besonders hell, wie manchmal vermutet wird. Er ist stets an der gleichen Stelle am Himmel zu sehen, da er sich knapp neben dem Himmelsnor­dpol befindet, um den alle Sterne kreisen. Polaris, wie der Nordstern auch genannt wird, ist ein heißer Riesenster­n in 430 Lichtjahre­n Entfernung. Sein Durchmesse­r ist 45 Mal größer als der unserer Sonne.

Die Sonne wandert am aufsteigen­den Ast ihrer Jahresbahn durch den Tierkreis. Am 14. des Monats wechselt sie morgens aus dem Sternbild Widder in das des Stiers. Am 20. tritt sie abends in das Tierkreisz­eichen Zwillinge. Die Tageslänge wächst im Mai in 50 Grad nördlicher Breite um eine Stunde und 19 Minuten.

Hans-Ulrich Keller, dpa

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