Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Ach, du dickes Ei!
Schöne Überraschungen bei Rehm
Zwar bietet seine Auktion wieder über tausend Aufrufe, doch bringen Georg Rehm die coronabedingten Erschwernisse in Rage. So humorvoll er (nicht umsonst Ehrenpräsident der Hollaria) auch am Auktionspult agieren kann, so erbost zeigt er sich momentan über den Umgang der Politik mit der Pandemie. Sie sei gegenüber einigen Branchen unverantwortlich. Sein Unternehmen, das er seit 42 Jahren leite, habe noch nie eine so schwierige Zeit erlebt. Sollten Fürbitten helfen, könnte Rehm in seinen Auktionsräumen so viele Heilige anrufen wie wohl nie zuvor. Ob Georg, Michael, Ulrich, Kilian, Sebastian, Franz Xaver, ob Josef, Maria und das Jesuskind – sie alle begegnen hier in sakraler Würde als Holzskulpturen. Viele gehören zu einem Allgäuer Nachlass; so auch die meisten Barockmöbel, darunter ein Ulmer Aufsatzschrank (Taxe 1600 ¤) und ein Augsburger Kabinettschrank
(1200 ¤). Das größte Volumen hat (mit 3200 ¤ auch preislich) ein süddeutscher Fassadenschrank. Auffällig sind ferner eine große venezianische Kinderwiege (17. Jh.; 700 ¤), eine Sitzgarnitur mit Reliefschnitzereien aus Indien (um 1900; 800 ¤), ein italienischer Marmortisch (19. Jh.; 450 ¤), dessen Platte von drei Putti gestützt wird. Auf dieser Platte stehen zwei Kostbarkeiten der Auktion: eine verschwenderisch mit Schnitzereien bedeckte Elfenbeinvase (deutsch, 19. Jh.; 4000 ¤) und eine mit Watteau-Szenen bemalte Prunkschatulle der Berliner Porzellan-Manufaktur KPM (um 1880; 3500 ¤).
Die 171 Gemäldelose werden bei den Taxen angeführt von einer vielfigurigen Arbeit, die Jan van Gool (1685–1763) zugeschrieben wird (2500 ¤), einer Chiemsee-Ansicht (2000 ¤) des Joseph Wopfner (1843– 1927) und einem Paar Ölbilder von Joseph Weidner (1801–1870), das einen Herrn und eine Dame im vornehmen Wiener Biedermeier zeigt (1800 ¤). Bei den Uhren tickt Frankreich dank zweier Pendulen am besten – einer um 1900 gefertigten mit Konsole (25000 ¤) und einem etwa hundert Jahre früheren Exemplar (900 ¤).
Wie Rares im 17. Jahrhundert geschätzt und veredelt wurde, zeigt am schönsten ein dickes Straußenei: Silberschmiede in Schwäbisch Hall wandelten es zu einem prächtigen Pokal mit reichem Figurenschmuck (Taxe 4000 ¤). Übrigens: Sollte das erhoffte Ende der Pandemie auch mit Böllerschüssen gefeiert werden, Rehm hält vier gewichtige Schaftböller bereit (250 und 350 ¤).
OAuktion (Provinostr. 50 1/2) wieder ohne Saalpublikum, also telefonisch und online (www.lottissimo.com): Don nerstag ab 16, Freitag ab 14.30 Uhr.
gegen Voranmeldung und unter CoronaBedingungen noch am heutigen Mittwoch (1018 Uhr).