Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Wie viel Strom verbrauchen die Gersthofer?
Wie viel Energie wird in Gersthofen erzeugt und wie viel verbraucht? Das können Bürger jetzt kinderleicht erfahren. Ein neues Online-Angebot macht’s möglich
Gersthofen Welche Mengen an Strom werden in Gersthofen erzeugt oder benötigt? Die Stadt und ihre Bürgerinnen und Bürger können dies jetzt immer im Blick haben. Als erste Kommune im LEW-Netzgebiet bietet die Stadt mit einem Energiemonitor die Übersicht. Dieser wurde in Zusammenarbeit mit dem Stromversorger LEW erarbeitet. Projektleiter Michael Smischek stellte das neue Online-Angebot im Stadtrat vor. Bildschirme im Bürgerservicezentrum des Rathauses informieren auf einen Blick über die aktuelle Energiesituation der Kommune.
Die digitale Übersicht stellt die aktuellen Energieflüsse im lokalen Stromnetz dar. Gezeigt wird Michael Smischek zufolge zum Beispiel, wie viel Strom aus regenerativer Erzeugung, also Wasserkraft, Photovoltaik oder Biomasse, in das Gersthofer Netz gespeist wird und wie hoch der aktuelle Stromverbrauch von Haushalten, Unternehmen und kommunalen Einrichtungen ist. Diese Energieflüsse erfasst LEW direkt am lokalen Stromverteilnetz und ordnet sie den verschiedenen Kategorien von Erzeugern beziehungsweise Verbrauchern zu. Die Daten werden alle fünfzehn Minuten aktualisiert. Die Daten sind für alle online unter www.energiemonitor.lew.de/gersthofen verfügbar.
Außerdem gibt der Energiemonitor den Grad der Eigenversorgung für die Kommune an. Diese lag zum Beispiel am Sonntag, 2. Mai, bei 85 Prozent. Das ergibt sich, weil am Sonntag viele Unternehmen nicht arbeiten und daher keinen Strom verbrauchen. Am Dienstagmittag um 12 Uhr stammten 55 Prozent des verbrauchten Stroms aus regenerativer Energie, die vor Ort erzeugt wurde. Insgesamt betrug der Verbrauch zu diesem Zeitpunkt knapp 5000 Kilowattstunden (kWh), da
bezogen die 2166 Anlagen von Industrie und Gewerbe mit knapp 4000 kWh den Löwenanteil. „Nur“knapp 900 kWh wurden in den Privathaushalten verbraucht.
Außer einer Übersicht lassen sich am Energiemonitor zusätzliche Auswertungen abrufen. Beispielsweise wird die Auslastung der verschiedenen Stromerzeuger per Mausklick sichtbar. So produzierten die 534 Photovoltaikanlagen am Dienstagmittag 1200 kWh und waren somit zu 38 Prozent ausgelastet. Die drei Wasserkraftanlagen waren mit knapp 1500 kWh Erzeugung zu 52
Prozent ausgelastet. Auslastung und Erzeugung ändern sich je nach Tagesoder Jahreszeit: Photovoltaik liefert nur tagsüber Strom. Weil sich der Himmel eintrübte, sank die Auslastung bis 12.30 Uhr auf acht Prozent.
Auch sinkt der Verbrauch bei Industrie und Gewerbe nach Feierabend, dafür steigt hier der Strombedarf der privaten Haushalte, wenn beispielsweise das Licht eingeschaltet, das Abendessen gekocht wird und der Fernseher läuft.
Weitere Grafiken des Energiemonitors zeigen die Entwicklung des Anteils regenerativer Erzeugung an der Stromversorgung oder des Grades der Eigenversorgung innerhalb einer Woche (Stand Dienstag 47 Prozent), eines Monats (49 Prozent) und künftig auch eines Jahres. Also stammte im Schnitt rund die Hälfte des in den letzten Wochen in Gersthofen verbrauchten Stroms aus regenerativen Energien und Erzeugung vor Ort.
„Der Energiemonitor soll ein Baustein sein, um gemeinsam innerhalb der Verwaltung und in den politischen Gremien besser zu planen und entscheiden, wie die Stadt noch energieeffizienter wirtschaften kann“, sagte Bürgermeister Wörle bei der Freischaltung des Angebots. „Klimaschutz sowie die nachhaltige Erzeugung und der effiziente Einvon satz von Energie sind Aufgaben, die Wirtschaft, Kommunen, Bürgerinnen und Bürger gemeinsam angehen und umsetzen“, betonte LEW-Vorstandsmitglied Dr. Markus Litpher. „Der Energiemonitor liefert alle wichtigen Informationen zur örtlichen Energiesituation, fördert das Bewusstsein und zeigt Pfade auf dem weiteren Weg in die Energiezukunft auf.“
Regenerative Energieerzeugung hat in Gersthofen seit jeher einen hohen Stellenwert: Das dortige LEW-Wasserkraftwerk ging im Oktober 1901 als erstes in der Region in Betrieb. Es war Ausgangspunkt der Elektrifizierung in Bayerisch-Schwaben. Heute liefern vor allem zusätzlich viele Photovoltaikanlagen im Stadtgebiet umweltfreundlichen Strom. Gleichzeitig hat Gersthofen bis heute eine starke industrielle Basis. Die Betriebe waren mit ihrem Strombedarf der ausschlaggebende Grund für den Bau des Wasserkraftwerks Gersthofen.
Doch das neue Angebot soll nicht nur die Gegenwart abbilden, sondern in Zukunft noch mehr bieten. „Der LEW-Energiemonitor ist so ausgelegt, dass er zu einem späteren Zeitpunkt um einen interaktiven Marktplatz für den lokalen Energiehandel erweitert werden kann“, erklärte Projektleiter Michael Smischek im Stadtrat.