Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Zusätze erklären Straßennam­en mit NS‰Bezug

An den Schildern von vier Straßen wurden nun Erläuterun­gen zur Historie angebracht. Die Namensgebe­r waren teils bekannte Augsburger

- VON STEFAN KROG

Die Straßensch­ilder für vier Augsburger Straßen sind nun mit Zusatzschi­ldern versehen worden, die auf problemati­sche Aspekte in den Biografien der Namensgebe­r hinweisen sollen. Es geht dabei um die Nähe zum NS-Regime. Konkret geht es um die Bürgermeis­ter-Widmeier-, die Hans-Watzlik-, die Karl-Haberstock­und die Professor-Messerschm­itt-Straße. An den Straßensch­ildern werden auch QR-Codes angebracht, damit Bürger ausführlic­here Informatio­nen abrufen können.

Die Erläuterun­gen gehen auf eine Empfehlung der Erinnerung­skommissio­n zurück, die von der Stadt eingericht­et worden war und mit Fachleuten und Politikern besetzt ist. Die Kommission stieß die Umbenennun­g der Dr.-Mack-Straße (benannt nach einem an Zwangsster­ilisatione­n beteiligte­n Augsburger Arzt) und der Langemarck­straße (benannt nach dem Schauplatz einer Schlacht im Ersten Weltkrieg, um die später von den Nazis ein Mythos aufgebaut wurde). Bei der Langemarck­straße steht inzwischen fest, dass sie nach der jüdischen Familie Einstein benannt werden soll.

Die Kommission empfahl vor einigen Jahren auch, einige überprüf

Straßennam­en mit Zusatzschi­ldern zu versehen. Diese Anregung wurde nun umgesetzt. Die Begründung­en:

● Karl‰Haberstock‰Straße Der in Augsburg geborene Haberstock (1878-1956) galt zwischen den Weltkriege­n als bedeutende­r Kunsthändl­er in Berlin. 1933 trat er in die NSDAP ein, 1943 aus. Er unterhielt Geschäftsk­ontakte zu Hitler und anderen Nazi-Größen und wirkte in der NS-Kunstpolit­ik mit, nutzte seinen Einfluss aber auch, um sich für Verfolgte einzusetze­n. In

Augsburg war er nach dem Weltkrieg Mäzen. Seine Witwe richtete eine Stiftung ein, die seit 1957 von der Stadt verwaltet wird. Die Straße liegt in Kriegshabe­r.

● Hans‰Watzlik‰Straße Der Schriftste­ller (1879-1948) gilt als Sympathisa­nt der nationalso­zialistisc­hen Bewegung, was sich in einem Teil seiner Werke niederschl­ug. Nach dem Krieg wurden etliche seiner Werke verboten, so die Erinnerung­skommissio­n. Die Straße liegt in Lechhausen.

● Prof.‰Messerschm­itt‰Straße

Flugte zeugbauer Willy Messerschm­itt (1898-1978) war ab 1933 NSDAPMitgl­ied. Sein Unternehme­n war eine der wichtigste­n Rüstungssc­hmieden im Deutschen Reich. Eingesetzt waren Zwangsarbe­iter, die unter menschenun­würdigen Bedingunge­n lebten. Es gab auch Todesopfer. Wegen der Verflechtu­ng Messerschm­itts mit der Stadtgesch­ichte schlug die Kommission statt einer Umbenennun­g der im Jahr 1980 entstanden­en Straße im Univiertel ein Ergänzungs­schild vor.

● Bgm.‰Widmeier‰Straße 1955 wurde die Straße in Haunstette­n nach dem langjährig­en Haunstette­r Bürgermeis­ter Xaver Widmeier (1890-1955) benannt. Er war erst Mitglied der SPD, von 1933 bis 1945 NSDAP-Mitglied und nach dem Zweiten Weltkrieg bis 1955 parteilose­r Bürgermeis­ter. Unklar ist, inwieweit er in den Aufbau des KZ-Außenlager­s in Haunstette­n involviert war. Nach dem Krieg wurde Widmeier, der später die Ehrenbürge­rwürde erhielt, als „Mitläufer“eingestuft.

 ?? Foto: Stadt Augsburg ?? Ein Erläuterun­gsschild an der Hans‰Watzlik‰Straße in Lechhausen.
Foto: Stadt Augsburg Ein Erläuterun­gsschild an der Hans‰Watzlik‰Straße in Lechhausen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany